Titel
Chronoskop
[* 1] (auch
Chronograph, griech.), ein
Instrument zum
Messen sehr kleiner Zeitteile, welches im engern
Sinn Chronoskop
heißt,
wenn die Zeit unmittelbar durch den
Apparat angegeben wird, z. B. durch eine
Uhr,
[* 2] einen
Stift etc., und
Chronograph, wenn die
Dauer der zu untersuchenden
Erscheinung aus der bekannten Dauer einer andern, welche gleichzeitig mit
jener auftritt, berechnet wird. Das erste Chronoskop
ließ die preußische
Artillerieprüfungskommission im J. 1838 anfertigen. Der
bald darauf (1840) von
Wheatstone angegebene
Apparat beruht darauf, daß ein Uhrwerk genau beim Beginn der zu messenden kurzen
Zeit in
Bewegung gesetzt und mit
dem
Ablauf
[* 3] der Zeit wieder arretiert wird. Dies erreicht man auf folgende
Weise. Mit dem einen
Pol einer elektrischen
Batterie A
[* 1]
(Fig. 1) ist ein
Elektromagnet B verbunden, dessen
Anker
[* 4] b, solange er
angezogen wird, ein Uhrwerk C hemmt.
Erlischt die Kraft [* 5] des Magnets, so zieht eine Feder den Anker ab, und das Uhrwerk kommt in Gang, [* 6] bis der Magnet von neuem wirkt. Nun läuft ein Draht [* 7] c von der Batterie dicht vor der Mündung des Geschützes vorbei zum Elektromagnet und schließt mithin den Strom. Feuert man das Geschütz ab, so zerreißt der Draht, das Uhrwerk kommt in Gang. In dem Moment aber, wo die Kugel das Ziel berührt, stellt ein Metallstückchen E die Verbindung zwischen zwei Drähten c' und a her, von denen der eine zur Batterie, der andre zum Elektromagnet führt. Dadurch wird der Strom von neuem geschlossen und das Uhrwerk arretiert. Man kann dann unmittelbar die Zeit ablesen, welche die Kugel zum Durchlaufen der Strecke brauchte. Dieser Apparat enthält einige Fehlerquellen, welche in der von Hipp angegebenen Konstruktion vermieden sind. Hipps Apparat [* 1] (Fig. 2) besteht aus einem Uhrwerk C mit zwei Zifferblättern, welche Hundertstel und Tausendstel einer Sekunde angeben und durch einen Elektromagnet außer Verbindung mit dem immerfort gehenden Uhrwerk gesetzt werden, sobald der Strom geschlossen wird.
Wird aber dieser Strom geöffnet, so kommen die Zeiger auch wieder in Verbindung mit dem Uhrwerk und bewegen sich weiter. Um z. B. die Fallzeit zu messen, geht der Draht von der Kette zuerst um das Hufeisen [* 8] der Uhr, dann zu einem Galgen F an zwei Federn e und i, zwischen denen die metallene Fallkugel k sitzt, und dann zur Kette zurück. Von den beiden letzten Drahtteilen gehen indes auch Zweige zu zwei Teilen eines Brettes B unter dem Galgen, die zwei sich nahezu berührende Metallstreifen m und n tragen.
Der
Strom ist in diesem
Fall
oben an der
Kugel geschlossen, an dem Doppelbrett nicht; sobald aber die
Kugel
durch einen
Druck auf f fällt, wird der
Strom geöffnet und erst wieder geschlossen, wenn die
Kugel auf das
Brett schlägt und
dadurch die Metallstreifen in Berührung bringt. Die auf den Zifferblättern abgelesene Zeit ist die Fallzeit. Nach
dem Vorgang von
Siemens hat
Martin de
Brettes ein Chronoskop
angegeben, welches wesentlich aus einem mit chemisch präpariertem
Papier
umspannten Metallcylinder besteht, um welchen ein Platinstift rotiert, der den Anfang und das Ende der zu beobachtenden
Erscheinung
dadurch markiert, daß in diesen
Augenblicken die
Kette für eine Induktionsspirale geöffnet wird, wodurch
zwischen Cylin-
[* 1]
^[Abb.: Fig. 1.
Wheatstones Chronoskop.
Fig. 2. Hipps Chronoskop.]
¶
mehr
der und Markierstift jedesmal ein Induktionsfunke überspringt, der das Papier durchbohrt und so die zu untersuchenden Phasen der Erscheinung durch kleine Punkte markiert. Durch eine sehr sinnreiche Vorrichtung wird ermöglicht, mittels dieses Apparats die Geschwindigkeit des Geschosses an verschiedenen Stellen seiner Bahn zu untersuchen. Die Kugel berührt nämlich während ihres Laufs mehrere Ziele, welche bei der Berührung die Kette für die Induktionsspirale öffnen; aber gleichzeitig wirken diese Ziele noch auf eine andre Kette, welche den mit Papier umspannten Metallcylinder parallel zu seiner Achse verschiebt, so daß die durch den Stift hervorgebrachten Marken nicht in Einer Linie erscheinen.
Zu der zweiten Klasse der Chronoskope
gehört der von Pouillet 1844 angegebene Apparat; er beruht darauf,
daß die Größe des Ausschlags einer Multiplikatornadel, welchen ein an der Nadel vorübergehender Strom bewirkt, abhängig
ist von der Stärke
[* 10] dieses Stroms, aber auch von der Zeit, während welcher er auf die Nadel wirkt, wenn dieselbe überhaupt
nur klein ist. Aus dem unter verschiedenen Umständen erfolgenden Ausschlag kann man also auf die Zeit schließen, wenn immer
ein gleichstarker Strom angewandt wird und das Verhältnis zwischen Zeit und Ausschlag bekannt ist.
Bei Anwendung dieses Verfahrens auf ballistische Versuche hat man daher die Anordnung getroffen, daß ein galvanischer Strom, in welchen ein Multiplikator eingeschaltet ist, durch die den Lauf des Geschützes verlassende Kugel geschlossen und erst in dem Moment wieder geöffnet wird, in welchem die Kugel ihr Ziel erreicht. Diese Methode ist in der von Helmholtz ihr gegebenen Vervollkommnung die exakteste von allen; sie erfordert aber sehr gute Apparate, eine isolierte oder feste Aufstellung derselben und geübte Beobachter.
Für die Praxis eignet sich daher besser das von Navez angegebene Verfahren, welches darauf beruht, die Wirkung der Schwerkraft
auf einen frei (oder über eine schiefe Ebene) fallenden
Körper oder auf ein Vertikalpendel genau auf die Zeit zu beschränken,
während welcher das Geschoß
[* 11] einen bestimmten Teil seiner Bahn durchfliegt. Der Navezsche Apparat, als
elektroballistisches Pendel bekannt, besteht aus einem Pendel,
[* 12] mit welchem mittelbar ein auf einer Kreisteilung laufender Zeiger
verbunden ist.
Das Pendel wird bis auf den Anfangspunkt seiner Bewegung erhoben und in dieser Stellung, bei welcher der Zeiger auf Null zeigt, durch einen Elektromagnet festgehalten. Wird nun, etwa durch die den Lauf verlassende Kugel, der den Elektromagnet umkreisende Strom geöffnet, so fällt das Pendel und durchläuft seinen Schwingungsbogen, und mit ihm bewegt sich der Zeiger. Sobald aber die Kugel das Ziel berührt, schließt sie einen Strom und erregt dadurch einen Elektromagnet, dessen Anker als Hemmapparat wirkt und den Zeiger sofort arretiert.
Dieser ergibt dann genau den von dem Pendel durchlaufenen Weg, aus welchem sich auf die Zeit schließen läßt. Dieser sehr
praktische Apparat, welcher freilich manche Fehlerquellen und Unsicherheiten einschließt, ist durch den belgischen Obersten
Leurs vereinfacht worden. Ein neues, von Le
[* 13] Boulengé (»Mémoire sur un chronographe électro-ballistique«,
1864, und »Description et l'emploi du chronographe Le Boulengé«, 1869;
vgl. Kuhn, Über den elektroballistischen Chronographen von Le Boulengé, in Dinglers »Polytechnischem Journal«, Bd. 179) angegebenes
Chronoskop
steht dem Apparat von Navez sehr nahe und kann als elektromagnetischer Fallapparat für ballistische Zwecke
bezeichnet werden.
Man berechnet das zu bestimmende Zeitintervall nach den bekannten Gesetzen aus der während desselben zurückgelegten Fallhöhe.
Der Apparat enthält einen durch einen Elektromagnet gehaltenen Metallstab mit Papierhülse, welcher in einem gegebenen Moment
frei herabfällt, außerdem einen zweiten gleichfalls von einem Elektromagnet gehaltenen Fallkörper, welcher im Fall eine
Feder auslöst und dadurch einen scharfen Stahlmeißel gegen die Papierhülse des fallenden
Stabes drückt,
so daß auf der Hülse
[* 14] ein Strich gemacht wird.
Unterbricht man die zu den beiden Elektromagneten laufenden Ströme durch einen Ausschalter
[* 15] gleichzeitig, so fallen
beide Fallkörper
in demselben Zeitpunkt herab, und der Apparat ist so eingerichtet, daß dann von dem zweiten Körper die
Feder in dem Moment ausgelöst wird, in welchem der untere Teil des fallenden
Stabes bei dem Meißel
[* 16] vorbeigeht. Beim Gebrauch
des Apparats durchschlägt die Kugel zuerst den zum Elektromagnet des Stabes führenden Draht und, nachdem sie eine weitere Strecke
ihres Wegs zurückgelegt hat, den Draht, welcher zum Elektromagnet des zweiten Fallkörpers führt.
Der Metallstab wird also zuerst fallen
, und der Meißel, welcher durch den fallenden
zweiten Körper in Bewegung gesetzt wird,
trifft den Stab
[* 17] in seinem obern Teil. Es ist dann leicht aus dem Abstand der Striche, d. h. aus dem Unterschied der Fallhöhen,
die Zeit zu berechnen, in welcher das Geschoß die Strecke zwischen beiden Drähten durchlief. Vergleichende
Versuche haben ergeben, daß die Resultate bei diesem Apparat viel besser untereinander übereinstimmen als bei dem von Navez;
indes birgt er immer noch manche Fehlerquellen, und der Umfang, innerhalb dessen von dem Apparat die Zeitangabe gemacht
wird, beträgt höchstens 0,5 Sekunden.
Diesen Übelstand suchte Le Boulengé dadurch zu vermeiden, daß er das auf elektromagnetischem Wege geregelte Ausfließen
einer Flüssigkeit als Chronoskop
benutzte, indem er die Zeit aus dem Gewicht der Ausflußmenge bestimmte, welche er während der zu
messenden Intervalle erhalten hatte (elektrischer Klepsyder). Mittels des Chronographen von Bashforth, bei
welchem, ähnlich dem Apparat von Martin de Brettes, ein sich drehender Cylinder und ein Markierstift die Hauptrolle spielen,
kann die Geschwindigkeit des Geschosses an vielen Stellen seiner Bahn bestimmt werden.
Der Chronograph von Noble mißt die Geschoßgeschwindigkeit innerhalb des Rohrs; in die Wandung des Geschützrohrs werden nämlich eine Reihe von Cylindern senkrecht zur Geschützachse so eingeschraubt, daß sie bis in die Seele hineinragen und hier mit Scharnierklappen versehen werden können. Das Geschoß drückt auf seinem Lauf eine Klappe nach der andern nieder, zerschneidet auf diese Weise in jedem Cylinder einen Draht und unterbricht dadurch ebenso viele galvanische Ströme, welche zu zeichengebenden Apparaten in Beziehung stehen.
Außer zu ballistischen Zwecken dienen die Chronographen in passender Abänderung auch zu astronomischen Zwecken und besonders zu Längenbestimmungen. Man hat mit denselben die Messung ungemein kurzer Zeiten möglich gemacht; Glöseners Apparat gestattet z. B. die Messung von 1/10000 und die Schätzung von 1/100000 Sekunde; mit dem Apparat von Schulz und Lissajous soll sogar 1/400000 Sekunde gemessen werden können.
Vgl. die Werke über angewandte Elektrizitätslehre von Kuhn, Du Moncel und Glösener sowie Upmann, Das Schießpulver [* 18] etc. (in Bolleys »Handbuch der chemischen Technologie«, Bd. 6, Braunschw. 1874) ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Chronoskōp
und Chronogrāph (grch.), Instrumente zur Bestimmung der Dauer einer Erscheinung oder zur Bestimmung der Zeit des Eintritts einer Erscheinung. Die Instrumente enthalten als Zeitmeßapparat immer ein Uhrwerk, während die übrige Einrichtung sehr verschieden ist. So befindet sich bei dem von Winnerl 1831 ausgeführten Apparat über dem eigentlichen Sekundenzeiger der Uhr ein zweiter, der für gewöhnlich auf Null stillsteht, durch einen Druck auf einen Knopf aber eingerückt wird und nun mitgeht, bis er durch einen zweiten Druck auf den Knopf gehemmt wird.
Der nunmehrige Stand giebt die Dauer der Beobachtung an. Für eine neue Beobachtung wird der Zeiger durch Auslösung einer vorher gehemmten Feder durch einen abermaligen Druck auf den Knopf in die Anfangslage zurückgebracht. Bei dem Instrument von Foucher trägt der Sekundenzeiger an der Spitze ein kleines Farbgefäß mit kapillarer Öffnung, durch die bei einem Druck auf einen Knopf der feine Punktierstift eines zweiten Zeigers, der über dem ersten sitzt und mit ihm umläuft, hindurchdringt und dadurch auf dem Zifferblatt einen Punkt erzeugt, dessen Lage auf der Einteilung die Zeit ablesen läßt.
Bei beiden Apparaten wird die betreffende Zeit auf einem Zifferblatt abgelesen; man nennt sie Chronoskope
im
engern Sinne, im Gegensatz zu den speciell als Chronographen oder Registrierapparate
[* 19] bezeichneten Apparaten, bei denen die betreffenden
Zeitpunkte dauernd markiert werden, und zwar gewöhnlich durch einen Punktierstift, ähnlich wie bei dem Foucherschen Instrument,
das deshalb auch als Chronograph angesehen werden kann. Bei den meisten neuern Chronographen bewegt sich die Schreibfläche
vor dem Punktierstift vorbei.
Die übrige Einrichtung ist verschieden und richtet sich auch nach der Art der zu beobachtenden Erscheinung. Wesentlich hierbei ist, ob letztere sich so langsam abspielt, daß der Beobachter die zu markierenden Zeitpunkte mit dem Auge [* 20] verfolgen und durch einen Druck auf einen Knopf selbst markieren kann, oder ob die Erscheinung eine solche Geschwindigkeit besitzt, daß sie sich der Beobachtung entzieht; in diesem Falle muß der Apparat selbstthätig, ohne Hilfe des Beobachters, die Zeitpunkte markieren.
Als Typus der ersten Art können die zu astron. Zwecken dienenden Chronographen gelten. Der denselben zu Grunde liegende Gedanke
beruht auf der Verbindung einer Uhr mit einem Morseschen Telegraphen.
[* 21] Eine Uhr (s. vorstehende
[* 22]
Fig. 1), die
Registrieruhr, ist in den Stromkreis eines Elektromagneten E so eingeschaltet, daß durch sie jede Sekunde für einen Moment
der Strom geschlossen wird. Durch den Stromschluß wird der Anker A, der für gewöhnlich durch die Spiralfeder F
von E entfernt gehalten wird, von E für einen Moment angezogen. Das Ende von A ist mit einer feinen Stahlspitze versehen
und markiert beim Herabfallen
auf den schmalen Papierstreifen S S einen Punkt. Da S S durch ein Uhrwerk gleichmäßig vorwärts
bewegt wird, werden auf ihm hierdurch eine fortlaufende Reihe von Punkten, die Sekundenpunkte, aufgezeichnet,
die gleichweit voneinander abstehen. Dicht neben
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
mehr
dieser Punktreihe können aber auf dem Streifen noch weitere Punkte hervorgerufen werden dadurch, daß der Beobachter in dem Moment, dessen Zeit bestimmt werden soll, durch den Druck auf einen Knopf den Stromkreis eines zweiten Elektromagneten E′ (mit Feder F′) schließt, wodurch dessen Anker A′ einen Eindruck auf den Streifen macht. Durch Ausmessen der linearen Entfernung dieses Punktes vom nächsten Sekundenpunkte ist dann der Zeitmoment des Stromschlusses leicht zu ermitteln. B B sind die galvanischen Elemente. In neuerer Zeit hat man die Punktreihe vermittelst Ersetzung der Stahlspitzen durch Farbschreiber und Seitlichstellen der Elektromagneten in eine fortlaufende Linie mit zackenförmigen Ausbiegungen an Stelle der Sekundenpunkte umgewandelt. Am weitesten verbreitet sind die Chronographen von Hipp in Neuchâtel.
Durch Einführung der Chronographen in die messende Astronomie [* 24] haben namentlich die Beobachtungen der Durchgänge der Gestirne durch den Meridian eine durchgreifende Änderung erfahren. Während früher der Astronom bei solchen Beobachtungen die Sekundschläge seiner Uhr zählen und die Zehntelsekunde, zu welcher der Stern die einzelnen Fäden des Fadennetzes im Fernrohr [* 25] passierte, schätzen mußte (Beobachtung nach Auge und Ohr), [* 26] hat er nach dem neuern Beobachtungsverfahren (Registriermethode oder Beobachtung nach Auge und Hand) [* 27] nur nötig, im Moment des Durchganges des Sterns durch den Faden [* 28] auf einen Knopf zu drücken, wodurch dieser Zeitpunkt auf dem Streifen des Apparates registriert wird. Hierdurch wird einerseits eine größere Beständigkeit in der «persönlichen Gleichung» des Beobachters gewährleistet, andererseits können die Beobachtungen in rascherer Folge ausgeführt werden, und es kann so mit dem nämlichen Zeitaufwand ein größeres Beobachtungsmaterial gesammelt werden.
Die selbstthätig registrierenden Apparate verdanken ihre Entwicklung namentlich den Bemühungen, die Geschwindigkeit von Geschossen zu bestimmen. Den ersten Versuch hierzu, und zwar unter Anwendung elektromagnetischer Wirkung, unternahm 1838 die königliche preuß. Artillerie-Prüfungskommission. Das erste brauchbare Instrument jedoch ist 1840 von Wheatstone erfunden und später von Hipp verbessert: ein Uhrwerk, das Tausendstel einer Sekunde angiebt, indem der eine Zeiger vor einem hundertteiligen Zifferblatte in einer Sekunde zehnmal umläuft.
Dieser Zeiger wird nun zu Anfang der zu messenden Zeit in das Gangwerk eingeschaltet und zu Ende der Zeit wieder ausgeschaltet,
sodaß man nachträglich die Zahl der durchlaufenen Teile ablesen kann (daher ist dieser Apparat auch als Chronoskop
aufzufassen). Die Einschaltung des Zeigers wird dadurch bewirkt, daß beim Austritt der Kugel aus dem Laufe die Leitung eines
galvanischen Stroms, der einen Elektromagnet erzeugt, durch Zerreißen eines Drahtes unterbrochen wird.
Hierdurch verliert der Elektromagnet die
Kraft, einen Anker anzuziehen. Sobald dies der Fall ist, kann auch der Anker jenen
Zeiger nicht mehr hemmen, wodurch dieser in Umlauf gerät. Sobald jedoch, bei der Ankunft der Kugel an der Scheibe, durch den
auf die Scheibe ausgeübten Druck eine neue metallische Verbindung hergestellt und dadurch der Strom wieder geschlossen wird,
entsteht wieder jener Elektromagnet, der den Zeiger durch Anziehung des Ankers hemmt und somit ausschaltet.
Die spätern dauernd registrierenden Apparate haben gewöhnlich einen mit Papier überzogenen sich drehenden Cylinder (resp.
Scheibe), auf dem die Markierung durch einen elektromagnetisch bewegten Punktierstift erfolgt. - Bei dem 1844 von Werner
Siemens (damals Artillerie-Offizier) konstruierten Funkeninduktor (vgl. Poggendorfs Annalen, Bd. 66, 1845, S. 435) ist der
sich drehende Cylinder berußt, und die Markierung der Zeitpunkte erfolgt durch elektrische Funken, die aus ihn überschlagen
und an den betreffenden Stellen den Ruß entfernen; aus dem Abstande der Marken wird dann die Zeit bestimmt. Hierzu muß man
die gleichförmige Geschwindigkeit des durch ein Uhrwerk bewegten Cylinders kennen; andernfalls läßt
man auch eine schwingende Stimmgabel während der ganzen zu messenden Zeit eine wellenförmige Spur auf der Platte oder dem
Cylinder beschreiben, sodaß man nur die Anzahl der zwischen den Marken befindlichen Wellen
[* 29] abzulesen braucht. - Die zeitmessende
Strecke kann auch zwischen elektromagnetisch gegebenen Marken an einem fallenden
Pendel (Navez 1852; vgl.
seine Schrift, Sur l’appareil électro-ballistique, Par. 1859) oder an einem fallenden
Stabe (Leboulengé 1864) liegen.
Der Chronograph (Flugzeitmesser) von Leboulengé (belg. Kapitän) wird jetzt zur Messung von Geschoßgeschwindigkeiten allgemein gebraucht und hat folgende Einrichtung. Von einer galvanischen Batterie führen zwei elektrische Stromzweige durch den Chronographen nach zwei vor dem Geschütz in einem bestimmten Abstand (z. B. 50 m) voneinander aufgestellten Rahmen, durch die das Geschoß hindurchfliegt, indem es dabei durch Zerreißen eines Drahtes die Leitung unterbricht. Diese beiden kurz nacheinander erfolgenden Stromunterbrechungen, aus deren Zeitunterschied sich die Geschwindigkeit leicht ergiebt, kommen im Meßapparat (s. vorstehende [* 23] Fig. 2) in folgender Weise zur Wirkung.
Der den ersten Rahmen durchlaufende Stromzweig umfließt einen Elektromagneten a, der durch magnetische Anziehung den Fallstab
c so lange trägt, als der Strom geschlossen ist, ihn jedoch fallen
läßt, sobald beim Durchschlag des Geschosses durch den
ersten Rahmen infolge der Stromunterbrechung der Elektromagnet a unmagnetisch wird. Der zweite Stromzweig
umfließt den Elektromagneten e, der in analoger Weise das kleine Fallgewicht f trägt. Dieses hängt über einer Platte g der
in umstehender
[* 23]
Fig. 3 in vergrößertem, Maßstab
[* 30]
^[Abb.]Fig. 2.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
mehr
dargestellten Auslösvorrichtung, bei der im unberührten Zustande durch die Nase
[* 32] i des Hebels h die Feder k mit dem Messer
[* 33] l festgehalten wird. Wird nun ein Schuß abgegeben, so beginnt beim Durchschlagen des ersten Rahmens der Stab c zu fallen.
Beim Durchschlagen des zweiten Rahmens fällt das Gewicht f und schlägt auf die Platte g auf, wodurch
die Nase i die Feder k losläßt, sodaß das Messer l auf dem fallenden, mit einer Zinkhülse überzogenen ^[Abb: Fig. 3.]
Stabe c eine Marke einschlägt, deren Lage auf dem Stabe die Zeit, in welcher die 50 m vom Geschoß durchflogen wurden, berechnen
läßt.
Dabei muß berücksichtigt werden, daß eine gewisse Zeit verfließt, bis erstens das Gewicht f bis zu der Platte g herabgefallen ist und zweitens, bis von da an die Auslösungsvorrichtung das Einschlagen der Marke bewirkt hat. Diese beiden Zeitabschnitte zusammen werden durch besondere Versuche bestimmt, indem man mittels eines Stromunterbrechers beide Stromzweige zugleich unterbricht, wodurch c und f zugleich zu fallen beginnen und auf c eine entsprechend tiefer liegende Marke entsteht. Vorher hat man noch eine Nullmarke durch Abschnellen des Messers l gegen den noch am Magneten hängenden Stab erzeugt. Der Abstand beider Marken bestimmt die bei der Berechnung der Geschoßgeschwindigkeit aus der ganzen Fallstrecke in Abrechnung zu bringende Zeit.
In neuester Zeit haben die elektroballistischen Apparate zum Zweck der innern Ballistik oder der Ermittelung der Geschoßbewegung im Rohr und der Bewegung des Rohrs selber eine bedeutende Fortbildung erfahren. Besonders ist hier das auf den Schwingungen der elektrischen Stimmgabel beruhende Velocimeter des franz. Oberstlieutenants Sébert zu erwähnen, der die Resultate graphisch giebt. (S. Phonautograph.) Der Velocimeter dient zum Studium der Bewegungsverhältnisse der Geschosse inner- und außerhalb des Rohrs, der Rücklaufsverhältnisse, der Gasspannungen, der Explosionserscheinungen von Explosiv- und Sprengstoffen und der Explosionsgeschwindigkeiten.
Ferner gehören hierher das Fallchronometer von Bianchi, die Verbesserung des Leboulengéschen Chronographen vom Kapitän Bréger, der Pendelchronograph des dän. Hauptmanns Caspersen, der mit Benutzung des Phonischen Rades (s. d.) konstruiert ist, endlich auch der elektroballistische Chronograph von H. Mathieu. Es ist zu erwähnen, daß alle die zuletzt angeführten Chronographen nicht nur zur Bestimmung von Geschoßgeschwindigkeiten, sondern auch zu andern Zwecken, z. B. zum Messen von Fallzeiten, benutzt werden können. ‒
Vgl. Mitteilungen über Gegenstände des Artillerie- und Geniewesens (Wien [* 34] 1885 u. 1886);
Revue d'artillerie (Par. 1880);
Kuhn, Handbuch der angewandten
Elektricitätslehre (Artikel Chronoskope
und Chronographen), als Bd. 20 von Karstens «Allgemeiner Encyklopädie der Physik» (Lpz.
1866).
Über nicht elektrische Chronographen: Saunier, ^[] Lehrbuch der Uhrmacherei, deutsch von Großmann, Bd. 3 (Glashütte 1879), S. 272.