Chronolŏgie
(grch.) oder Zeitkunde, die Wissenschaft, die Zeit zu messen und einzuteilen.
In diesem allgemeinern
Sinne wird die Chronologie
auch als mathematische oder astronomische Chronologie bezeichnet und umfaßt
dann die Kenntnis aller derjenigen Erscheinungen, die zur Bestimmung und
Einteilung der Zeit dienen, also
namentlich der täglichen und jährlichen
Bewegung der Erde und des Mondlaufs. Die Chronologie
im engern
Sinne, auch als historische
oder technische Chronologie
bezeichnet, hat die mathematische zur Grundlage und lehrt, wie bei den verschiedenen Völkern
die Zeit für das bürgerliche Leben eingeteilt wird, und wie die bei diesen Völkern vorgekommenen wichtigen
Ereignisse der Zeit nach in ein richtiges Verhältnis zu bringen sind. Die Erforschung der verschiedenen
Cyklen (s. d.),
Perioden
(s. d.),
Ären (s.
Ära), der Jahreseinteilung und des Kalenderwesens bei den verschiedenen Völkern (s.
Kalender), der Festrechnung
(s. Festtage) und des Datierungswesens (s.
Datum) gehören in ihr Gebiet.
Für die Berechnung des Zeitpunktes eines Ereignisses in der Chronologie
nehmen wir heutzutage an, daß der erst 45
v. Chr. ins Leben
getretene Julianische
Kalender, der bei den Katholiken 1582, bei den
Protestanten 1700 dem Gregorianischen
Kalender (s.
Kalender)
weichen mußte, schon von jeher in Kraft
[* 2] gewesen sei, wodurch man den
Vorteil einer sich stets gleich
bleibenden Zeitrechnung gewinnt.
Um die Chronologie
machten sich im 16., 17. und 18. Jahrh. besonders verdient: Scaliger
(s. d.),
Calvisius (s. d.),
Petavius (s. d.), Bunting (Chronologia
catholica, Magdeb.
1608), Dodwell u. a. Von den neuern Chronologen sind zu nennen:
Ideler (Handbuch der Chronologie
, 2 Bde., Berl.
1825-26, und Lehrbuch der Chronologie
, ebd. 1831), Matzka (Die Chronologie in ihrem ganzen
Umfange,
Wien
[* 3] 1844). Für die historische Chronologie
insbesondere
hat Brinckmeier ein gutes Handbuch (2. Aufl., Berl. 1882) und Lersch
eine instruktive Einleitung in die Chronologie
(Aachen
[* 4] 1889) veröffentlicht. - Zum Verständnis der schwierigen Chronologie
des Mittelalters
dienen: Haltaus
(Calendarium medii aevi, Lpz. 1729; deutsch, mit Berichtigungen,
Erlangen
[* 5] 1797), Pilgram
(Calendarium chronologicum,
Wien 1781), Helwig (Zeitrechnung zur Erörterung der
Daten in
Urkunden, ebd. 1787), Weidenbach
(Calendarium
historico-christianum, Regensb. 1855),
A. von
Eck (Universalkalender, Berl. 1865), Grotefend (Handbuch der historischen Chronologie
des
deutschen Mittelalters, Hannov. 1872, neu bearbeitet u. d. T.
Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Bd. 1 und
Bd. 2, Abteil. 1, ebd.
1891-92).
Das umfassendste Werk zur Bestimmung der Zeit einer der
Periode nach Christo angehörenden
Thatsache ist: «L’art de vérifier
les dates etc.», im vorigen Jahrhundert begonnen von den
Benediktinern d’Antine, Clemencet und Durand, fortgesetzt von
Element und zuletzt hg. von
Saint-Allais (18 Bde., Par. 1818-19).
Eine zweite 1819 erschienene
Abteilung von 5
Bänden behandelt die Zeit vor
Christus. Unter den vielen neuern
Werken über die
Chronologie
der alten
Völker sind neben denen von Seyffarth, Gumprecht, Gutschmid u. a. zu erwähnen in
Bezug auf die griechische Chronologie:
Fischer
und
Soetbeer, Griech. Zeittafeln (1. Lfg., bis 560 v.Chr.,
Altona
[* 6] 1840);
Clinton, Fasti Hellenici (3 Bde., Oxford [* 7] 1834-51);
Redlich, Der Astronom Meton und sein Cyklus (Hamb. 1854);
Boeckh, Zur Geschichte der Mondcyklen der Hellenen (Lpz. 1855) und dessen Epigraphisch-chronol.
Studien (ebd. 1857);
A. Mommsen, Untersuchungen über das Kalenderwesen der Griechen (ebd. 1883);
A. Schmidt, Handbuch der griechischen Chronologie
(Jena
[* 8] 1888);
in
Bezug auf die Chronologie
der
Römer:
[* 9]
Th. Mommsen, Die
römische Chronologie
bis auf
Cäsar (2. Aufl., Lpz. 1859);
Clinton, Fasti Romani (2 Bde., Oxford 1841-50);
Fischer, Röm. Zeittafeln (Altona 1846);
Huschke, Das alte röm. Jahr und seine Tage (Bresl. 1869);
Unger, Die röm. Stadtära (Münch. 1879);
ders., Der Gang [* 10] des altröm.
Kalenders (ebd. 1888);
Hartmann, Der röm. Kalender (Lpz. 1882);
Matzat, Römische [* 11] Chronologie (2 Bde., Berl. 1883-84);
ders., Röm. Zeitrechnung für die Jahre 219 bis 1 v. Chr. (ebd. 1889);
Seeck, Die Kalendertafel der Pontifices (ebd. 1885);
Holzapfel, Römische Chronologie (Lpz. 1885);
Soltau, Römische Chronologie (Freiburg [* 12] i. Br. 1889).
Beide Gebiete behandelt Unger, Zeitrechnung der Griechen und Römer (in I. ^[Iwan] Müllers «Handbuch der klassischen Altertumswissenschaft», Nördl. 1886); für das Gesamtgebiet ist Boeckhs Werk Über die vierjährigen Sonnenkreise der Alten (Berl. 1863) wichtig, über die Chronologie der Ägypter s. Ägypten [* 13] (Bd. 1, S. 236 b und S. 252 a). Wüstenfeld hat Vergleichungstabellen der mohammed. und christl. Zeitrechnung zusammengestellt (Lpz. 1854; Fortsetzung von Mahler, 1887).