Titel
Chrië
(grch. chreia; d. h. Gebrauch, Anwendung) heißt die Behandlung eines philos. oder schriftstellerischen Ausspruchs oder einer Thatsache nach gegebenen Gesichtspunkten. Die Zahl der letztern stellte der Rhetor Aphthonius (s. d.) fest auf 8: 1) dictum vel factum cum laude auctoris (Thema mit rühmender Erwähnung dessen, dessen Ausspruch oder Handlung vorliegt), 2) paraphrasis (Erklärung), 3) aetiologia (Begründung), 4) contrarium (Gegensatz), 5) simile (Vergleich), 6) exemplum (Beispiel), 7) testimonium (Beleg), 8) conclusio (Schluß).
Von dieser aphthonianischen Chrië
unterscheidet man die freiere, ciceronische mit weniger
Gesichtspunkten in
beliebiger Ordnung. Auch der bekannte Schulhexameter «quis, quid, ubi, quibus
auxiliis, cur, quomodo, quando» («wer, was, wo, mit welchen Hilfsmitteln,
warum, wie, wann») ist als Anleitung zu chrie
nmäßiger Behandlung eines
Themas gedacht. Die Form der Chrië
, insbesondere der
aphthonianischen, hat lange die Schulübungen beherrscht und bildete schon im
Altertum einen wesentlichen
Teil der Vorübungen (Progymnasmata) für die Einführung in die
Redekunst.