(griech.),
eigentlich ein umgrenzter Tanzplatz, dann der Rund- und Reigentanz selbst,
insbesondere aber der mit
Gesang verbundene, bei festlichen Gelegenheiten zu
Ehren einer
Gottheit aufgeführte
Tanz (Chorreigen)
und das ihn aufführende
Personal. Dergleichen Choraufführungen, anfangs rein lyrisch, aber von sehr
verschiedenem
Charakter, bald ernst und feierlich, bald lustig und ausgelassen, bildeten bei den
DionysischenFesten den ursprünglichen
und hauptsächlichen
Bestandteil der Festfeier (s.
Dithyrambos), und aus ihnen ging das griechische
Drama hervor, indem sich
nach und nach derDialog entwickelte und die dramatische
Handlung zur Hauptsache ward, während der Chor selbst
mehr und mehr zurücktrat und die
Rolle eines teilnehmenden
Zeugen der
Handlung, gleichsam des »idealisierten Zuschauers«, übernahm.
Die einzelnen
Momente dieses Entwickelungsganges vermögen wir nicht mehr zu verfolgen; wir können aus
Äschylos nur abnehmen,
welche
Beschaffenheit und Bedeutung der Chor in der attischen
Tragödie bereits gewonnen hatte. Er erscheint
hier als eine Anzahl von 12 oder 15
Personen, die meist im
Charakter von erfahrenen und verständigen Männern oder
Frauen auftreten
und, zu den
Personen des
Dramas in irgend einer Beziehung stehend, die
Handlung teilnehmend begleiten, ausnahmsweise auch thätig
in dieselbe eingreifen (z. B. in der Schlußszene von
Äschylos'
»Agamemnon« und in der
Szene zwischen Kilissa und dem Chor im
»Totenopfer«).
In denPausen der
Handlung, gleichsam in den
Zwischenakten, überläßt er sich seinen Betrachtungen in lyrischen Ergüssen,
welche auf die
Handlung Bezug haben und auf dieselbe einwirken sollen. Die zu einem Chor erforderlichen
Personen (Choreuten) zusammenzubringen, zu besolden, von einem
Gesang- und Tanzlehrer (Chorodidaskalos) einüben zu lassen,
während der Zeit zu beköstigen und schließlich zur Aufführung mit der nötigen, oft prachtvollen
Ausrüstung zu versehen,
war eine der sogen. Staatsleistungen und kam einem vermögenden
Bürger, dem
Choregen, zu, den erforderlichen
Falls der Archon bestimmte, und dem seine Obliegenheit somit nicht bloß Mühe und
Beschwerde, sondern auch bedeutende
Kosten
verursachte (s.
Choregie).
Bei der Aufführung des
Stücks zogen die Choreuten feierlich unter Vortritt der Flötenspieler, gewöhnlich nachdem das
Spiel
schon begonnen, in das
Theater
[* 2] und nahmen ihren
Platz in der Orchestra ein. Nur in den »Schutzflehenden«
und den »Persern« des
Äschylos beginnt der Chor selbst das
Stück; sonst geht dem ersten
Gesang des Chors ein
Monolog oder
Dialog
vorher. Meist rechts vom Zuschauer die Orchestra betretend, stellte er sich zu 3
Personen neben- und 5 hintereinander oder
umgekehrt auf, in der Mitte der
Reihe der Chorführer. Je nach
Beschaffenheit des
Dramas und der
Gesänge
veränderte der Chor wohl auch im
Lauf desStücks Platz und
Stellung.
Nur während des
Dialogs auf der
Bühne verhielt er sich still, und wo er in diesen eingriff, sprach der Chorführer in seinem
Namen. Häufig teilte er sich in zwei Halbchöre, und zuweilen führte er auch künstliche
Bewegungen und
wirkliche
Tänze unter Flötenbegleitung aus. Was die chorische
Poesie, die hier zum
Vortrag kam, betrifft, so hieß der erste
gemeinschaftliche
Gesang beim Erscheinen des Chors auf der
Bühne Parodos, jeder folgende
Stasimon; beide waren antistrophisch,
d. h. es folgte auf den ersten
Gesang, die
Strophe, ein zweiter von gleich viel
Versen in demselben Versmaß,
die
Antistrophe, oder, wenn der
Chorgesang länger war, auf jede von
¶
mehr
der vorigen im Versmaß verschiedene Strophe eine mit ihr übereinstimmende Gegenstrophe. Den Strophen und Gegenstrophen folgt
bisweilen noch eine besondere Strophe als Ab- oder Schlußgesang (Epodos), dem aber keine Gegenstrophe entspricht. Diese Gesänge
wurden entweder alle von dem ganzen Chor gesungen, oder Strophe und Gegenstrophe von den Halbchören und der
Schlußgesang (Epodos) vom ganzen Chor oder umgekehrt, und zwar mit abwechselnden Stellungen. Die tragischen Dichter verwandten
auf die symmetrische Gestaltung dieser Gesänge eine solche Sorgfalt, daß bisweilen sogar in Stellung und Gleichklang der
Worte sowie im Eintritt des Personenwechsels eine Übereinstimmung zwischen Strophe und Gegenstrophe bemerkbar ist.
Die Versmaße der Chorlieder sind dabei höchst verschieden, von der gänzlichen Ungebundenheit der Prosa
durch den schon bühnenfähigen iambischen Trimeter (und trochäischen Tetrameter) hindurch bis zur gesteigertsten Mannigfaltigkeit
der Pindarischen Rhythmen. Dem Inhalt nach sind die Gesänge des tragischen Chors auf Erweckung der höchsten Ideen und Gefühle
gerichtet; sie schließen sich, wie schon erwähnt, stets an die Handlung an (wenigstens bei Äschylos
und Sophokles, dem Meister in der Gestaltung des Chors; zuerst Euripides erlaubt sich, den Chor Lieder anstimmen zu lassen, die
ganz außer Beziehung zur Fabel des Stücks stehen) und äußern, was sich aus dem Vorgang derselben aufdrängt: Klage oder
Jubel, Warnung oder Trost, Belehrung über die Leidenschaften und die stets waltende Gerechtigkeit der
Götter, Hymnen, Gebete etc. So trat der Chor als Sprecher der Menschheit mahnend und vermittelnd
zwischen die Menschen und das Schicksal, und indem er die handelnden Personen durch alle im Verlauf der Tragödie ihnen zustoßenden
Schicksale begleitete, half er dem Helden des Stücks in Handeln und Leiden
[* 4] sich läutern, ja verklären,
während er zugleich den Zuschauer in die Region der Betrachtung emporführte und ihn das Ganze seiner sittlichen Tiefe nach
zu erfassen lehrte.
Die tragischen Chöre sind neben den Siegeshymnen des Pindar, mit denen namentlich die Chorlieder des
Äschylos große Ähnlichkeit
[* 5] haben, die schönsten und erhabensten Reste der griechischen Lyrik. Weit weniger wissen wir über
den Chor in den Satyrspielen. Nach Tzetzes war die Anzahl der Personen der des tragischen gleich. In dem einzig erhaltenen Stück,
dem »Kyklops« des Euripides, bestand der aus Satyrn
[* 6] unter Anführung des Silenus; die Szene war stets in
Hainen und Wäldern, ihrem gewöhnlichen Aufenthalt.
Auch die Komödie, die ebenfalls aus dionysischen Festgesängen, besonders bei der volkstümlichen Feier der Weinlese, hervorgegangen
war, hatte in der ältern Zeit ihren Chor, und zwar bestand derselbe aus 24 Personen. Da aber die Auffassung des Lächerlichen
irgend ein Steigen in die Tiefe nicht erforderte, so hatte der komische Chor nach der einen Seite
(den richtigen Zuschauer zu machen) nicht viel zu thun; auch paßte dies als viel zu ernst für die komische Handlung nicht.
Gerade das aber war Anlaß, daß der Chor hier der Handlung wie anderseits dem Zuschauer noch näher trat.
Wir sehen ihn daher selbsthandelnd in die Thorheiten der Helden verwickelt; ja, wo das nicht der Fall, da ist seine Erscheinung
selbst die Personifizierung des schlechten Zeitgeistes oder Zeitgeschmacks, den der Dichter geißeln will, z. B. in den »Wolken«
(Nebelei der Sophisten),
den »Vögeln« (politische Luftschlösser) etc. Anderseits schuf
sich die Komödie einen sich an die Zuschauer wendenden Teil, die Parabase, welche in halb launiger,
halb würdevoller Sprache,
[* 7] aber mit ernster Tendenz und in einer Weise abgefaßt war, welche die Komödie noch in einen neuen Gegensatz zu der Tragödie
stellte, insofern hier die Person des Dichters gelegentlich stark hervortrat. Die Parabase zählte, wenn
vollständig, sieben Schwenkungen und ebenso viele Teile des Gesangs, obgleich nicht in jeder Komödie alle sieben vollständig
vorkommen mußten.
Der erste Teil ist das Kommation, ein Liedchen, welches der Chor noch in der alten Stellung sang und das Wünsche für Schauspieler
enthielt. Hierauf begann die eigentliche Parabase in der Umschwenkung zu den Zuschauern, um zu diesen
in Anapästen über den Dichter oder eine sonstige Angelegenheit zu sprechen. Sie schloß mit einem kurzen, dem Inhalt nach
mit ihr zusammenhängenden und in demselben Versmaß, aber kürzern Versen abgefaßten Lied, Makron oder Pnigos genannt.
Hierauf erfolgte eine neue Schwenkung, wobei ein Lied an einen Gott (Strophe, auch Ode genannt) vorgetragen
wurde, dem metrisch und dem Inhalt nach eine Antistrophe oder Antode entsprach. Zwischen beide aber ward das Epirrhema, eine
im trochäischen Versmaß an die Zuschauer gerichtete Anrede patriotischen oder litterarischen Inhalts, eingeschoben, welchem
nach der Antistrophe ein Antepirrhema folgte. In den letzten Stücken des Aristophanes, von denen wir nur
noch den »Plutos« besitzen, fehlt die Parabase schon, während der Chor, wiewohl ganz bedeutungslos, noch besteht.
Mit dem Untergang derFreiheitGriechenlands verschwand endlich aus politischen wie ökonomischen Gründen auch der Chor selbst;
die jüngere attische Komödie hat ihn bereits nicht mehr. Übrigens war die Ausstattung des komischen
Chors weniger kostspielig als die des tragischen. Der Chorführer, welcher bei den dramatischen Wettkämpfen den Sieg davontrug,
erhielt als Preis einen Kranz und einen kunstvoll gearbeiteten Dreifuß, den er als Denkmal seines Siegs, mit einer Inschrift
versehen, einer Gottheit weihte oder auf einem eigens dazu errichteten tempelartigen Bau öffentlich aufstellte.
Viele dergleichen Denkmäler enthielt die danach benannte Dreifuß- oder Tripodenstraße zu Athen
[* 8] (s. Choregische Monumente).
Bei dem Charakter dieses antiken Chors, der ganz im öffentlichen Leben des griechischen Volkes wurzelte, ist nicht zu verwundern,
daß Nachbildungen, wie sie z. B. Schiller in der »Braut von Messina«
[* 9] versuchte, keinen allgemeinen Anklang
fanden. MehrGlück machten in Platens (freilich nur gelesenen) aristophanischen Stücken die Parabasen, obwohl auch sie als vorwiegend
litterarischen Inhalts nur in den entsprechenden Kreisen.
in der Musik zunächst eine Vereinigung mehrerer Personen zum gemeinschaftlichen Vortrag eines Gesangstücks (Sängerchor).
Je nach den Stimmbestandteilen, aus denen ein solcher zusammengesetzt ist, kann er sein: Männerchor, der aus lauter männlichen
Stimmen (Tenoren und Bässen), Frauenchor, der aus lauter weiblichen Stimmen (Sopranen und Alten) besteht, und gemischter, auch
vollständiger Chor, bei dem alle vier menschlichen Stimmgattungen (Sopran, Alt, Tenor und Baß) beteiligt sind.
Jede einzelne diese Stimmgattungen kann wieder in Unterabteilungen (erster und zweiter Sopran etc.) zerfallen, je nachdem
dieses zur Ausführung eines mehrstimmigen Chorgesangs erforderlich ist. Metonymisch bedeutet Chor auch das Musikstück selbst,
welches bestimmt ist, von einem Verein von Sängern vorgetragen zu werden, und welches daher in der Regel für mehrere
harmonisch sich vereinigende
¶
mehr
Stimmen (Tonreihen) komponiert ist. Nach der Anzahl dieser Stimmen sind die Chöre weniger- oder mehrstimmig; dieselben können
vom einstimmigen bis zum achtstimmigen, ja zuweilen noch weiter fortschreiten. Sind die vielstimmigen Chöre so eingerichtet,
daß dieselben in selbständigen Gruppen sich darstellen, so entstehen die Doppelchöre, die dreifachen, vierfachen etc. Chöre.
Am gewöhnlichsten sind die vierstimmigen Chöre, weil der vierstimmige Satz den vier Gattungen der menschlichen
Stimme am natürlichsten entspricht, und weil er für die Vollständigkeit der Harmonie der geeignetste ist. Zu den Chören kann
Instrumentalbegleitung hinzutreten, welche entweder eine bloß die einzelnen Stimmen verstärkende oder eine selbständige
ist; doch muß auch im letztern Fall die Begleitung als dem Gesang untergeordnet betrachtet werden. Beethoven
führt in seiner 9. Symphonie (Op. 125) den Chor (mit Soli) als Steigerung der Orchesterwirkung ein. Da ein Chor immer in Massen,
im Gegensatz zu der im Sologesang mehr hervortretenden Individualität, wirkt, so verlangt er darum auch weniger
fein detaillierte Züge und möglichst wenig Schwierigkeiten für die Ausführung, weshalb feinere Züge da, wo sie in einen
Chor eingewebt werden sollen, am füglichsten durch Zwischensätze von Solostimmen ausgesprochen werden. - Von dem kirchlichen
Sängerchor ging der Name Chor auch auf den Platz vor derOrgel über, wo derselbe aufgestellt wurde.
Ebenso heißt eine Vereinigung von Instrumentenspielern ein Chor, wie man z. B. ein
kleines Orchester ein Musikchor (oder Musikkorps) nennt. Innerhalb des Orchesters werden wieder die Hauptabteilungen der Instrumente
nach ihren Gattungsbegriffen Chöre genannt, und man spricht z. B. vom Chor der Streich- und dem der Blasinstrumente, welch letztere
wieder in den Chor der Holz- und den derBlechinstrumente zerfallen. Bei Militärmusikchören (-korps) spricht
man von Hoboistenchören, wenn die Zusammensetzung zumeist aus Holzblasinstrumenten besteht, und von Trompeter- und Hornistenchören,
wenn ausschließlich Blechinstrumente zusammengestellt sind.
Ferner heißt Chor bei Klavierinstrumenten der Inbegriff gleichgestimmter Saiten, welche durch eine einzige Taste angeschlagen
werden. Man nennt solche Instrumente zwei-, drei- oder mehrchörig, je nachdem zwei, drei oder mehr Saiten
zur Hervorbringung eines und desselben Tons bestimmt sind und mit einem Hammer
[* 11] angeschlagen werden. In demselben Sinne nennt
man auch im allgemeinen sämtliche zu einer und derselben Taste gehörende Pfeifen der Orgelregister ein Chor (Pfeifenchor);
insbesondere werden die zu einer Taste gehörenden Pfeifen der Orgelmixturen Chöre genannt.
(das oder der), in der kirchlichen Baukunst
[* 12] derjenige Teil eines Kirchengebäudes, wo der Hauptaltar steht, und
der für die Priester bestimmt ist, im Gegensatz zum Schiff,
[* 13] das der Gemeinde zur Versammlung dient und von jenem durch den sogen.
Triumphbogen und eine aufsteigende Stufenreihe (daher auch hohes Chor genannt), bisweilen auch durch Schranken (Kanzellen) abgesondert
ist (s. Chorschranken). Ein bedeutend erhöhtes Chor läßt stets auf das Vorhandensein einer darunter befindlichen Krypte (s. d.)
schließen.
Mit der Anlage des Chors begannen in der Regel die mittelalterlichen Kirchenbauten. In Dom- und Stiftskirchen
sind an den Seiten des Chors die meist aus Holz
[* 14] geschnitzten Sitze für die vornehme Geistlichkeit (s. Chorstühle) angebracht.
An allen Kirchenbauten aus dem Mittelalter erscheint das Chor als ein besonderer, an der
östlichen Seite des Hauptbaues angebrachter,
bei romanischen Kirchen gewöhnlich halbrunder, bei gotischen Kirchen fünf-, sieben- oder mehreckiger,
bisweilen noch mit einem Chorumgang oder Kapellenkranz umgebener Anbau, der sich meist schon äußerlich durch reichere Formen
auszeichnet. Den Namen Chor führt außerdem in katholischen wie in protestantischen Kirchen auch der für Sänger und Musiker
bestimmte Raumvor derOrgel, welcher gewöhnlich dem Altar
[* 15] gegenüberliegt.
(grch. chorós), bei den alten Griechen eine Vereinigung von Männern oder Frauen, Jünglingen
oder Mädchen, die unter Musikbegleitung mit tanzartigen Bewegungen ein Lied, meist zu Ehren einer Gottheit, vortrugen oder
einen Reigentanz ohne Gesang aufführten; auch wurden gemeinschaftlich wirkende Musiker mit diesem Namen bezeichnet. Der Chorgesang,
die chorische Poesie, zuerst von den Doriern ausgebildet, entwickelte sich dann besonders im Kultus des Dionysos,
[* 16] dem zu Ehren die sog. cyklischen (d. h. im Kreisrund stehenden)
Chor Dithyramben (s. d.) sangen. Neben dem Dithyrambus entwickelte sich
die Tragödie (s. Thespis), die bald, wenigstens in Athen, zu einem Hauptteil
¶
mehr
der großen Dionysosfeste wurde und schon wegen ihres religiösen Hintergrundes den Chor neben dem eigentlichen Drama nicht
aufgeben konnte. In der Tragödie und im Satyrdrama bestand der Chor in der ältern Zeit aus 12, seit Sophokles regelmäßig aus 15 Personen.
Dies waren in AthenBürger, die unter Leitung eines Chorführers (Koryphaios) meist von dem Dichter des
Stücks, in dem sie auftreten sollten, eingeübt und während dieser Zeit von einem Bürger, dem Choregen, verköstigt, dann
mit den für ihre Rolle nötigen Kleidern und Masken
[* 18] versehen wurden. Diese Unterhaltung und Ausrüstung des Chor (Choregie)
war eine sehr kostspielige Ehrenpflicht vermögender athen. Bürger. Das Lokal, in dem die Einübung stattfand,
hieß Choregeion oder Chorageion (latinisiert Choragium). - In die Handlung des Stücks griff der Chor in der Blütezeit der
griech. Tragödie gewöhnlich nicht unmittelbar ein, wie denn auch seine Stelle nicht bei den Schauspielern auf der Bühne,
sondern unterhalb dieser, in der sog. Orchestra, war; aber er begleitete
die Handlung mit lebendiger Teilnahme, knüpfte daran Betrachtungen allgemeinern, besonders religiösen Inhalts und vertrat
in der Hauptsache die öffentliche Meinung, die Volksstimme gegenüber den Handlungen und den Schicksalen der Träger
[* 19] der dramat.
Handlung.
Auch die Komödie hatte in der ältern Zeit ihren aus 24 Mitgliedern bestehenden Chor, dessen
Lieder aber meist in loserm Zusammenhange mit der Handlung des Stücks standen als bei der Tragödie. Die jüngere attische
Komödie hat den Chor ganz aufgegeben, worin ihr die römische gefolgt ist, während ihn die Tragödie, wenn auch zuletzt als
bloße Äußerlichkeit, festgehalten hat. Die antiken Chorlieder zeigen eine große Mannigfaltigkeit
der rhythmischen Form, mit der die musikalische Begleitung in engem Zusammenhange stand.
Sie wurden im wesentlichen gesungen, sei es vom gesamten Chor, sei es von einzelnen Abteilungen (Halbchören u. s. w.); einige
Teile jedoch, namentlich die im anapästischen Versmaße, scheinen vom Chorführer in ähnlicher Weise wie das moderne Recitativ
vorgetragen zu sein. Wenn der am Dialog sich beteiligte, so sprach der Chorführer in dessen Namen. Schillers Versuch, den antiken
Chor, den er als notwendig für den ideellen Charakter der Tragödie und als den rein poet. Ausdruck ihres reflektierenden Elements
betrachtet, wieder ins Leben zu rufen («Braut von Messina»),
in der Kirchenbaukunst eigentlich der für den Sänger bestimmte Raum nahe dem Altare, in übertragener Bedeutung
der Altarraum selbst. In altchristl. Zeit wird der (oder das) Chor, ohne besondere architektonische Behandlung, nur
von Schranken innerhalb des Kirchenraums umfriedigt. Später trat er als selbständiger Bauteil über die
Kirche hinaus und wurde auch häufig (namentlich im roman. Stile) über einer Krypta erhöht; daher auch der Name hoher Chor. Die
reichste Ausbildung, durch Umgang und Kapellenkranz, hat er in franz. Kathedralen und verwandten Kirchen erhalten. Zeitweilig
war im Mittelalter in Deutschland
[* 20] eine Verdoppelung des Chor, die Anbringung eines Ost- und eines Westchors
(doppelchörige Anlage) üblich. Der ursprünglichen Bedeutung entsprechend nennt man in prot. Kirchen Chor (Orgelchor, Sängerchor)
die in das Langhaus hineingebauten Emporen zur Aufnahme der Orgel und der Sänger. - Über die alten Choranlagen vgl. Otte,
Handbuch
der kirchlichen Kunstarchäologie (5. Aufl., Lpz. 1883-84),
über die in prot. Kirchen: Lechler, Das Gotteshaus im Lichte der deutschen Reformation (Heilbronn
[* 21] 1883).
heißt in der modernen Musik zunächst eine Vereinigung von Sängern oder auch Musikern zum gemeinschaftlichen
Vortrage irgend eines Musikstücks, daher die Ausdrücke Sängerchor, Musikchor. Der Sängerchor ist ein gemischter oder vollständiger,
wenn die vier menschlichen Hauptstimmen (Sopran, Alt, Tenor, Baß) vertreten sind (dagegen Frauenchöre und
Männerchöre). Musikchor(-korps) nennt man vorzugsweise eine Vereinigung von Blasinstrumenten, z. B. Militärmusikchöre(-korps),
die je nach ihrer Besetzung in Hoboisten-, Trompeter- oder Hornistenchöre zerfallen. Das Wort Chor bedeutet, daß jede Stimme
von Sängern oder Spielern mehrfach besetzt ist, während einfache BesetzungTerzett, Quartett, Quintett u. s. w.
heißt. - Besonders aber bedeutet der Name Chor das durch einen solchen Verein von Stimmen vorgetragene Gesangstück.
Die vorhandenen Kompositionen dieser Art sind außerordentlich mannigfaltig; von den einfach harmonischen vierstimmigen Stücken
bis zu den kunstvollsten Stimmengeweben enthalten sie das Großartigste und Machtvollste, was die Musik geschaffen hat. Der
Chor ist seinem Sinne nach der Vertreter der Gesamtheit, was durch die vorhandenen Kompositionen in allen
Graden und Schattierungen ausgedrückt ist: Halb-, Doppel-,
[* 22] drei- oder vierfache Chöre u. s. w. Der Chor gedieh bereits im 15. und 16. Jahrh.
zu einer hohen Vollendung, besonders als unbegleiteter Gesang in der Kirche (a capella-Chor), und erreichte
in Händels Oratorien seinen Höhepunkt. - Bei gemischten Orgelstimmen (Mixtur, Kornett) heißen Chor die zu einer Taste gehörenden
Pfeifen; denn jeder Ton eines solchen Registers wird nie durch einen einfachen, sondern je nach der getroffenen Bestimmung durch
eine Anzahl von drei, vier oder mehr Intervallen intoniert.
Auch die zwei, drei oder vier Saiten, die auf dem Pianoforte für einen Ton aufgezogen und gleichmäßig
gestimmt werden, heißen Chor; man spricht deshalb von einem zwei-, drei- oder mehrchörigen Bezuge des Pianoforte. Endlich nannte
man auch Instrumente derselben Familie, die in Tonlage verschieden waren, einen Chor. So sprach man zu der Zeit, wo
es Diskant-, Alt-, Tenor-, Baßflöten gab, von einem Flötenchor. Ähnlich verhielt es sich mit den andern Blasinstrumenten.
Heute spricht man noch von einem Posaunenchor.
eigentlich Korps, heißt in der Weberei
[* 23] jede der Abteilungen im Webgeschirr (Harnisch) des Webstuhls für Bildgewebe,
in die man zur Erzielung größerer Übersicht beim Einziehen der Kette dieses Webgeschirr zerlegt (s.
Weberei).