Erwerbung höherer Schulbildung gewährte. Später vollendete er seine Ausbildung im Klavierspiel und in der Komposition unter
Elsner, dem Direktor des WarschauerKonservatoriums, sowie auf wiederholten Reisen nach Deutschland,
[* 4] um die in Berlin,
[* 5] Dresden,
[* 6] Leipzig
[* 7] und Prag
[* 8] lebenden großen Klavierspieler zu hören. 1829 trat er in Wien
[* 9] zuerst öffentlich auf und erregte
durch seinen ausdrucksvollen Vortrag alsbald die Aufmerksamkeit der Kenner. Die durch die polnische Revolution 1830 in seinem
Vaterland eingetretenen Verhältnisse veranlaßten ihn, auswärts seine Existenz zu suchen und sich 1831 in Paris
[* 10] niederzulassen,
wo er, mit Ausnahme eines 1838-39 in Gesellschaft der Schriftstellerin GeorgeSand in Mallorca verbrachten Winters,
fortan blieb und als Lehrer und Konzertspieler wirkte. Er starb bereits In Chopins künstlerischer Persönlichkeit
findet sich das Hauptmerkmal der musikalischen RomantikFrankreichs, die Vereinigung des Kunstgeistes verschiedener Nationalitäten,
besonders deutlich ausgeprägt; denn bei seiner französisch-polnischen Abstammung und in innigem Geistesverkehr mit den
deutschen Meistern der Instrumentalmusik vermochte er auf Grund der in ihm verschmolzenen Empfindungsweise
dreier Nationen sich ein eignes Tonreich aufzubauen, in welchem er als unumschränkter Herrscher waltete.
Der ritterliche Sinn und der geschichtliche Schmerz des Polen, die leichte Anmut und Grazie des Franzosen, der romantische Tiefsinn
des Deutschen, die schon Heine an Chopin hervorhob, vereinigen sich bei ihm zu einem Ganzen von solcher Originalität,
daß seine Musik, obwohl lediglich für das Klavier erdacht, doch auch über das Gebiet dieses Instruments hinaus befruchtend
wirken konnte. Die charakteristischen Eigenschaften derselben, eine künstlerisch-edle, fast aristokratische Gefühlsweise,
schwärmerische Innigkeit neben heroischem Aufschwung, poetisches Sichversenken in die geheimnisvollsten Tiefen
des Empfindungslebens, finden sich in allen seinen Kompositionen, gelangen jedoch besonders entschieden da zum Ausdruck, wo
der Künstler die Fesseln der Sonatenform abwirft und seiner Phantasie volle Freiheit läßt, wie z. B. in seinen Etüden, Notturnos,
Präludien, Impromptus, Tänzen (Walzer, Polonäsen, Mazurkas) und namentlich in seiner herrlichen »Fantaisie« Op. 49. Doch
muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß diese Arbeiten bei aller Freiheit der Tongestaltung doch
die höchste formale Vollendung zeigen, und daß Chopin, wenn er, wie in seinen berühmten Konzerten in E moll und F moll sowie
in seinem Trio Op. 8, die klassischen Formen reproduziert, auch diese mit völliger Meisterschaft beherrscht.
Ein thematisches Verzeichnis seiner in mehreren Gesamtausgaben erschienenen Kompositionen, von denen außer den oben genannten
hier noch die Variationen über »La ci darem la mano« als sein erstes aufsehenerregendes
Werk sowie eine Sammlung von 17 polnischen Liedern für eine Singstimme mit Klavierbegleitung hervorzuheben sind, erschien
Leipzig 1852 bei Breitkopf u. Härtel.
(spr. schopäng), Frédéric François, Pianist und Komponist, geb. zu Zelazowa-Wola bei Warschau,
franz.-poln. Herkunft, erhielt, 9 J. alt, Klavierunterricht durch den Böhmen
[* 12] Zywny, und seine Fortschritte
machten den Fürsten Radziwill auf ihn aufmerksam, der für seine Ausbildung Sorge trug.
Mit 16 Jahren studierte er unter Elsner
(Direktor des Warschauer Konservatoriums) Komposition, machte dann einige Reisen nach Deutschland und trat 1829 in Wien auf.
Von hier begab er sich 1831 nach Paris, wo er von seinen emigrierten Landsleuten eifrig unterstützt wurde.
Sein Ruf verbreitete sich nun in alle Länder. Schon 1837 zeigten sich indes bei ChopinSymptome eines Brustleidens, das, nachdem
er trotz Kränklichkeit im Frühling 1848 noch eine Konzertreise nach London
[* 13] unternommen, seinen
Tod herbeiführte. Das KlavierspielC.s war ausgezeichnet durch Feinheit und Grazie des Vortrags, in Verbindung mit einer Technik
von höchster Vollendung.
Chons - Chor (antik)
* 14 Seite 54.264.
Bezüglich des Klaviersatzes in seinen Werken ist er entschieden schöpferisch zu nennen. Seine Art der
[* 14]
Figuration
beruht auf ganz andern Voraussetzungen als bei der durch Hummel, Moscheles und Kalkbrenner zum Abschluß
gelangten Wiener Schule des Klavierspiels. Namentlich in den «Etüden» tritt die Eigentümlichkeit
seiner Leistungen hervor. Der Zauber seiner Kompositionen (fast ausschließlich Klavierwerke) beruht hauptsächlich in der
glücklichen Mischung des romantischen und national-poln. Elements.
«Polen gab ihm seinen chevaleresken Sinn und seinen Schmerz, Frankreich seine leichte Anmut und Grazie, Deutschland
den romantischen Tiefsinn, die Natur aber gab ihm eine zierliche, schlanke, etwas schmächtige Gestalt, das edelste Herz und
das Genie» (Heine). Am ungezwungensten und frischesten spricht sich sein Naturell in den Stücken kleinerer Form (den Mazurken,
Walzern, Notturnen, Polonaisen und Impromptus) aus, wie denn auch die überwiegende Zahl seiner Kompositionen
in dergleichen Stucken besteht. In den größern Werken (den Konzerten, einem Trio, den Sonaten, Balladen u. s. w.) ist Chopin öfter
unebenmäßig weitschweifig; immer aber muß man an seinen Kompositionen hohe Formvollendung, geniales Erfassen und eigenartige
Durchführung echt poet. Ideen bewundern. - C.s Leben beschrieb Schucht (Lpz. 1880), Liszt (französisch, 4. Aufl.,
ebd. 1890; deutsch von La Mara, ebd. 1880), gründlicher Karasowski (3. Aufl., Berl. 1881)
und Niecks (2 Bde., Lond. 1889; deutsch
von Langhans, Lpz. 1890).