Chodziesen
13 Wörter, 88 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Chodziesen,
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Chodziesen,
[* 2] (Colmar, [* 5] lat. Colmaria), 1) Hauptstadt des deutschen Bezirks Oberelsaß, an der Lauch und dem Logelbach (einem aus der Fecht abgeleiteten Kanal) [* 6] und unweit der Ill, mit dem Rhein-Rhônekanal durch einen Zweigkanal in Verbindung (Hafenbecken), Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg-Basel, Kolmar-Münster u. Kolmar-Altbreisach, 193 m ü. M., ist eine alte Stadt mit engen und winkeligen, aber reinlich und gut gehaltenen Straßen. Die ehemaligen Festungswerke bilden jetzt zum Teil schöne Promenaden.
Ein neuer Stadtteil entwickelt sich am Bahnhof, dort befinden sich auch das schöne Gebäude des Bezirkspräsidiums (ehemalige Präfektur), der Wasserturm und das Marsfeld mit Anlagen u. Denkmälern des Generals Rapp und des Admirals Bruat (beide aus Kolmar gebürtig). Sonst sind zu nennen: das Münster [* 7] oder die kathol. Pfarrkirche zu St. Martin (aus dem 13. und 14. Jahrh.) mit 2 Türmen, von denen einer unvollendet, einem schönen Portal und dem berühmten Bild: Maria im Rosenhag, von M. Schongauer, der in Kolmar gelebt hat; die evang. Pfarrkirche (Barfüßerkirche aus dem 15. Jahrh.), das ehemalige Dominikanerkloster (»Unterlinden«, 1232-89 erbaut) mit ausgezeichneten Sammlungen (Stadtbibliothek, kunsthistorischem, archäologischem, ethnographischem und naturhistorischem Museum), einer Bildsäule Schongauers und einem Denkmal des hier gebornen Fabeldichters Pfeffel daneben; die ehemalige Dominikanerkirche (jetzt Fruchthalle), das Kaufhaus aus dem 15. Jahrh., das Gebäude des Oberlandesgerichts mit großartigen Sälen, das Landesgerichtsgebäude, die Synagoge etc. Die Bevölkerung [* 8] beläuft sich (1885) mit Garnison (ein Dragonerregiment Nr. 14 und drei Infanteriebat. Nr. 112) auf 26,537 Seelen, darunter 6602 Evangelische und 1109 Juden.
Die Industrie ist bedeutend. Kolmar hat Woll- und Baumwollspinnerei und -Weberei, Seidenspinnerei, Tuch-, Jute-, Packtuch-, Nähfaden-, Stärkemehl-, Kartoffelzucker-, Teigwaren-, Wagen- und Maschinenfabrikation, Gießerei, [* 9] Bleicherei, Bierbrauerei, [* 10] Wein- und Gartenbau etc. Den Verkehr mit der Umgegend vermitteln die Straßenbahnen Kolmar-Kaisersberg, Kolmar-Horburg und Kolmar-Winzenheim. An Schul- und sonstigen Bildungsanstalten befinden sich dort: ein Lyceum, 2 Lehrerseminare, eine Präparandenanstalt, eine Rabbinerschule, eine Hebammenanstalt und eine Gesellschaft für Erhaltung der Kunstsammlungen der Stadt.
Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 3 Magistratsmitgliedern und 24 Stadtverordneten. Kolmar ist Sitz eines Bezirkspräsidiums, einer Kreisdirektion, eines Oberlandesgerichts für Elsaß-Lothringen, [* 11] eines Landgerichts (für die 15 Amtsgerichte zu Barr, Ensisheim, Gebweiler, [* 12] Kaisersberg, Kolmar, Markirch, [* 13] Markolsheim, Münster i. E., Neu-Breisach, Rappoltsweiler, Rufach, Schlettstadt, [* 14] Schnierlach, Sulz i. Oberelsaß und Weiler), einer Handelskammer u. einer Forstdirektion mit 2 Oberförstereien. Zu Kolmar gehört der Fabrikort Logelbach, 3 km westlich, mit großen Baumwollspinnereien und -Webereien. - Kolmar ist wahrscheinlich das Columbarium der Römer. [* 15] Es wird zuerst in einer Schenkungsurkunde des Kaisers Ludwig des Frommen von 823 genannt. 833 lagerten die Söhne Ludwigs des Frommen in der Ebene zwischen Kolmar, Türkheim und Sigolsheim und verführten das Heer des Vaters (Lügenfeld).
Karl der Dicke hielt in Kolmar 884 einen Reichstag ab. 1220 erhielt Kolmar durch den Landvogt Wölflin Stadtrechte und Mauern, und 1226 ward es freie Reichsstadt. Damals erhielt es ein Ratskollegium, und neben den königlichen Schultheiß trat im 14. Jahrh. ein Bürgermeister. Das Stadtrecht, welches Rudolf von Habsburg 1278 Kolmar erteilte, wurde dann Muster für viele andre Städte. Seit 1347 fanden die Zünfte im Rat Vertretung und verdrängten im 17. Jahrh. die adligen Geschlechter völlig daraus. 1255 trat in den rheinischen Städtebund und nahm an der Verteidigung des Elsaß gegen fremde Einfälle sowie 1476 und 1477 an den
[* 2] ^[Abb.: Wappen [* 16] von Kolmar.] ¶
Schlachten [* 18] gegen Karl den Kühnen tapfern Anteil. Die Reformation brachte viele Kämpfe; die Protestanten erhielten 1575 freie Religionsübung, die ihnen Kaiser Ferdinand II. 1629 wieder zu nehmen suchte. 1632 fiel in die Hände der Schweden, [* 19] 1635 in die der Franzosen, welche es 1649 nach dem Westfälischen Frieden räumten, 1673 aber aufs neue besetzten, die Festungswerke schleifen ließen und Kolmar 1680 durch die Reunionskammern mit Frankreich vereinigten, bei dem es fortan bis 1871 verblieb. Seit 1698 ist Kolmar der Gerichtshauptort für das Elsaß.
Vgl. Hunkler, Geschichte der Stadt Kolmar (Kolm. 1838);
Sand, Geschichte der Stadt Kolmar (das. 1854);
Rathgeber, Kolmar und Ludwig XIV. (Stuttg. 1873);
Derselbe, Kolmar und die Schreckenszeit (das. 1873);
Rocholl, Die Einführung der Reformation in Kolmar (Kolm. 1875).
2) in Posen, bis 1877 Chodziesen) Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, [* 20] an 3 Seen und an der Linie Posen-Neustettin der Preußischen Staatsbahn, 40 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht, bedeutende Steingutfabrikation, Ziegeleien und (1885) 3015 meist evang. Einwohner (606 Juden). Kolmar ist 1435 gegründet.