Chlorsäure
HClO3 entsteht (an
Kali gebunden) bei der Behandlung einer heißen konzentrierten
Lösung
von
Kalihydrat in
Wasser mit
Chlor. Dabei bilden sich 5
Moleküle
Chlorkalium und 1
Molekül chlorsaures
Kali, und aus letzterm
scheidet man die Chlorsäure
durch Kieselfluorwasserstoff ab. Die so in
Freiheit gesetzte Chlorsäure
bildet eine farb- und
geruchlose
Flüssigkeit, schmeckt stark sauer, riecht stechend, bleicht das zuerst gerötete Lackmuspapier, zersetzt sich
schon bei 40°, wirkt stark oxydierend, entzündet
Papier und
Leinwand beim Eintrocknen auf denselben, zerfällt mit Chlorwasserstoffsäure
in
Chlor und
Wasser und wird auch durch
Licht
[* 2] zersetzt.
Mit den
Basen bildet sie die Chlorsäure
salze
(Chlorate), welche sämtlich in
Wasser löslich sind, beim
Erhitzen in
Sauerstoff und
Chlormetall zerfallen, mit
Schwefelsäure
[* 3] gelbe, stark
bleichend wirkende
Dämpfe von Unterchlorsäure
entwickeln und höchst kräftig oxydierend wirken. Die schmelzbaren von ihnen detonieren, mit brennbaren
Körpern gemengt,
sehr heftig durch
Schlag,
Reibung
[* 4] und Erwärmung, und ihre Behandlung erheischt daher große Vorsicht.
Das wichtigste Salz [* 5] ist das chlorsaure Kali KClO3 , welches auf oben angegebene Weise erhalten werden kann, in der Technik aber mit Hilfe von Kalk dargestellt wird. Man leitet Chlor in einen heißen Brei von gelöschtem Kalk und erhält dabei eine Lösung von chlorsaurem Kalk und Chlorcalcium. Diese vermischt man siedend heiß mit Chlorkalium, filtriert und bringt die Lösung, welche nun chlorsaures Kali und Chlorcalcium enthält, zur Kristallisation.
Das ausgeschiedene rohe chlorsaure Kali wird durch Umkristallisieren gereinigt. Es bildet wasserfreie, farblose, luftbeständige, perlmutterartig glänzende Kristallblättchen vom spez. Gew. 2,83-2,35, schmeckt herb kühlend, löst sich bei 0° in 30 Teilen, bei 15° in 16½ Teilen, bei 50° in 5 Teilen Wasser; eine gesättigte siedende Lösung enthält auf 100 Teile Wasser 60 Teile Salz, in Alkohol ist es unlöslich, es schmilzt bei 334°, zersetzt sich bei 352° in überchlorsaures Kali und Sauerstoff und hinterläßt bei höherer Temperatur nur Chlorkalium.
Mischt man es mit Mangansuperoxyd (Braunstein), Kupferoxyd, Eisenoxyd, so erfolgt die Zersetzung sehr stürmisch und bei viel niedrigerer Temperatur; 100 Teile Salz geben 39,15 Teile Sauerstoff. Auf dem schmelzenden Salz verbrennen Schwefel, Kohle, Antimon, Eisen [* 6] mit lebhaftem Glanz; Mischungen dieser Körper mit dem Salz entzünden sich bisweilen von selbst, auch durch Einwirkung des Lichts und bei Berührung mit Schwefelsäure: sie explodieren durch Schlag, Stoß, Reibung und Erwärmung.
Deshalb darf das chlorsaure
Kali niemals mit brennbaren
Körpern irgend welcher Art im
Mörser zusammengerieben werden, sondern
man muß es für sich, am besten mit einigen
Tropfen
Weingeist, zerreiben und dann auf einem
Bogen
[* 7]
Papier mit einer
Federfahne oder mit dem
Finger den andern
Pulvern beimischen. Die
Lösung des chlorsauren
Kalis wirkt besonders nach Zusatz von
Salzsäure oder
Salpetersäure, welche
Chlor oder Chlorsäure
frei machen, stark oxydierend. Man benutzt chlorsaures
Kali zur
Darstellung von
Sauerstoff, übermangansaurem
Kali, Anilinschwarz,
Alizarin, zu Buntfeuern,
Augendres weißem
Schießpulver,
[* 8] zu
Streichhölzchen und Zündspiegeln der
Zündnadelgewehre.
Als
Arzneimittel dient es bei diphtheritischen
Prozessen,
Skorbut,
Mundfäule,
Schwämmchen,
Speichelfluß,
Krupp, bei schlecht
eiternden
Wunden, als Mundwasser etc. Es scheint schon
Glauber bekannt gewesen zu sein, doch wurde es noch später für eine
Art
Salpeter gehalten, bis
Berthollet 1786 die Chlorsäure
entdeckte, welche
Gay-Lussac 1814 abschied. Das
Salz wird
gegenwärtig hauptsächlich in
England (jährlich
ca. 1,3 Mill. kg), weniger in
Frankreich (0,33 Mill. kg) dargestellt.
Chlorsaurer Baryt Ba(ClO3)2 ^[Ba(ClO3)2] wird durch Behandeln von kohlensaurem Baryt mit Chlor oder aus chlorsaurem Natron erhalten, indem man dessen Lösung mit Oxalsäure versetzt, sehr stark abkühlt, filtriert und mit kohlensaurem Baryt neutralisiert. Es bildet farblose, leicht lösliche Kristalle [* 9] und dient in der Feuerwerkerei zu Grünfeuer. Chlorsaures Natron NaClO3 wird wie das Kalisalz erhalten, nur verdampft man zunächst die Lösung der Kalksalze, um das Chlorcalcium größtenteils durch Kristallisation zu entfernen, versetzt die verdünnte Lauge dann mit Kalk, entfernt das abgeschiedene Calciumoxychlorid und zersetzt nun die ¶
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noch gelösten Kalksalze mit schwefelsaurem Natron. Die vom abgeschiedenen schwefelsauren Kalk getrennte Lösung verdampft man stark, um vorhandenes Chlornatrium zu entfernen, und läßt dann kristallisieren. Das chlorsaure Natron bildet farblose, luftbeständige Kristalle, löst sich leicht in Wasser und dient zum Drucken mit Anilinschwarz in der Zeugdruckerei.