Chinin
C20H24N2O2 ,
Alkaloid, findet sich in den
Rinden zahlreicher
Arten der
Gattung
Cinchona (s.
Chinarinden), stets begleitet von
Cinchonin, und wird dargestellt, indem man die gepulverten
Rinden mit angesäuertem
Wasser auszieht, den
Auszug mit
Natronlauge versetzt, den hierdurch entstehenden
Niederschlag wäscht, preßt
und mit
Alkohol extrahiert. Enthält die
Rinde viel
Cinchonin, so läßt man dies aus dem kochend heiß bereiteten alkoholischen
Auszug kristallisieren; andernfalls neutralisiert man den
Auszug mit
Schwefelsäure,
[* 2] destilliert den
Alkohol ab und läßt das
schwefelsaure Chinin
kristallisieren, worauf es durch Umkristallisieren gereinigt wird.
Aus der
Lösung des schwefelsauren Chinins
fällt kohlensaures
Natron reines Chinin.
Dies bildet farb- und geruchlose, mikroskopisch
kleine
Kristalle,
[* 3] schmeckt sehr bitter, ist schwer löslich in
Wasser, leicht in
Alkohol und
Äther, schmilzt bei 170°, ist
nicht flüchtig und gibt mit
Chlorwasser und
Ammoniak einen dunkel grasgrünen, harzähnlichen
Niederschlag,
Thalleiochin
(Chiningrün), dessen alkoholische
Lösung, mit
Wasser verdünnt,
Wolle,
Seide
[* 4] und mit
Eiweiß gebeizte
Baumwolle
[* 5] grün
färbt.
Bei
Destillation
[* 6] des Chinins
mit
Ätzkali entsteht
Chinolin. Chinin
reagiert alkalisch. und bildet mit
Säuren zwei
Reihen meist gut
kristallisierbare, farb- und geruchlose
Salze, die intensiv bitter schmecken, und deren
Lösungen stark
blau fluoreszieren. Das gebräuchlichste Chininsalz
ist das basische
Sulfat (C20H24N2O2)2H2SO4 + 8H2O
^[(C20H24N2O2)2H2SO4+8H2O], welches als schwefelsaures Chinin
(Chininum sulfuricum) in den
Handel kommt. Es bildet farb- und geruchlose, zarte, seidenglänzende
Kristalle, schmeckt stark und anhaltend bitter, phosphoresziert
beim Erwärmen, verliert beim
Liegen an der
Luft 5
Moleküle
Kristallwasser, wird bei 120° wasserfrei, schmilzt
über 160° und entwickelt purpurrote
Dämpfe. Es löst sich in 770 Teilen kaltem
Wasser, in 30 Teilen kochendem
Wasser und
in 120 Teilen
Weingeist.
Aus der
Lösung in schwefelsäurehaltigem
Wasser kristallisiert das normale
Sulfat C20H24N2O2-H2SO4+7H2O ^[C20H24N2O2-H2SO4+7H2O],
welches im
Handel als saures schwefelsaures Chinin
(Chininum bisulfuricum) vorkommt, farblose
Kristalle bildet,
an der
Luft verwittert und sich in 11 Teilen
Wasser, schwerer in
Alkohol löst. Die
Lösung des schwefelsauren Chinins
in
Essigsäure
gibt mit
Jod farblose, im auffallenden
Licht
[* 7] prächtig grün metallglänzende
Kristalle, welche
schwer in
Wasser, leicht in
Alkohol
löslich sind, das
Licht fünfmal stärker polarisieren als
Turmalin und unter dem
Namen
Herapathit zu
Polarisationsapparaten
dienen.
Salzsaures Chinin
(Chininum hydrochloratum) C20H24N2O2ClH + 2H2O erhält
man durch
Wechselzersetzung aus
Chlorbaryum und schwefelsaurem Chinin.
Es bildet farblose, seidenglänzende
Kristalle, schmeckt sehr
bitter, löst sich in 30 Teilen
Wasser und in 3 Teilen
Alkohol, verliert an der
Luft 1
Molekül
Wasser. Außer
diesen
Salzen werden auch noch gerbsaures, baldriansaures Chinin
und zitronensaures Eisenchinin (ein
Doppelsalz von
Citraten des
Eisenoxyduls,
Eisenoxyds und
des Chinins
) medizinisch benutzt. Chinin ist der wirksamste
Stoff der
Chinarinden; es wirkt als heftiges
Gift auf mikroskopische Organismen und hindert sehr energisch
Gärung und
Fäulnis.
Man benutzt es als spezifisches
Heilmittel aller intermittierenden
Krankheiten, besonders des
Wechselfiebers,
und aller andern durch Sumpfgift hervorgerufenen
Krankheiten, da, wie es scheint, die das
Wechselfieber erregenden niedern
Organismen durch das Chinin
getötet werden. Chinin dient aber auch als fieberwidriges
Mittel überhaupt und setzt im fiebernden
Organismus
die
Temperatur sehr energisch herab; auch wird es bei Pneumonie,
Brustfellentzündung, akutem
Rheumatismus,
einseitigem
Gesichtsschmerz und
Abdominaltyphus angewandt. Chinin
übt die günstigsten
Wirkungen in allen
Krankheiten, welche auf
Schwäche oder ungenügenden
Funktionen geschwächter
Organe beruhen; man benutzt es daher in geringen
Dosen, oft mit
Eisen
[* 8] als
stärkendes, den
Appetit und die
Verdauung anregendes
Mittel, auch gegen
Nervenkrankheiten aller Art etc.
Das Chinin
bewirkt bei längere Zeit fortgesetztem
Gebrauch kleinerer
Gaben deutliche Verminderung des Eiweißumsatzes im
Körper
und wird daher zur
Förderung des
Kräfte- und Ernährungszustandes mit großem Vorteil angewandt.
Starke
Dosen stören die
Verdauung, rufen
Symptome des Betrunkenseins, 3-5 g Vergiftungssymptome hervor. Bei manchen
Personen
bewirken selbst kleine
Gaben
Ohrensausen, vorübergehende
Taubheit, Gesichtstrübung,
Stottern etc. Zwischen
den einzelnen Chinins
alzen besteht bezüglich ihrer
Wirkung nur ein geringer qualitativer Unterschied. Die
Arbeiter in Chinin
fabriken
leiden oft an
Ausschlägen an
Armen und
Beinen, Anschwellungen der Augenlider,
Lippen etc. Der ungemein intensive
Geschmack des
Chinins
wird am besten durch
Chloroform verdeckt.
Vgl.
Binz, Das Chinin
, nach den neuern pharmakologischen
Arbeiten dargestellt (Berl. 1875);
Derselbe, Zur
Theorie der
Salicylsäure- und Chinin
wirkung (Leipz. 1877);
Jerusalimsky, Über
die physiologische
Wirkung des Chinins
(das. 1875).