mehr
in
Peking;
[* 3] um diesen
Nachdruck zu geben, wurde eine
Flottille von sechs
Schiffen mit einer Bemannung von 1380
Köpfen in die chinesischen
Gewässer gesandt und sich gleichzeitig der eventuellen Unterstützung der Vertragsmächte
England, Rußland und
Nordamerika
[* 4] versichert. 36
Schiffe
[* 5] mit 340
Geschützen waren im März 1876 bereit zu einer
Landung in China
[* 6] im Bedarfsfall.
Diese Maßregeln überzeugten China
vom
Ernste der deutschen
Forderungen; die verlangte
Genugthuung wurde gewährt und zugleich
eine allgemein gültige Strandordnung erlassen. die seither gute
Wirkung that und streng vollzogen wird. Eine Zusatzkonvention
vom zum deutsch-chinesischen Handelsvertrag regelt verschiedene Einzelheiten und bewirkt
Eröffnung neuer
Häfen. Sehr vermerkt wurde der telegraphische Glückwunsch des damals 14jährigen
Kaisers Kungsu zum dem
Tag der
silbernen
Hochzeit des deutschen Kronprinzenpaars.
Zu einem Repressalienkrieg spitzten sich 1882 die Beziehungen Chinas zu Nordamerika zu infolge des von beiden Häusern des Kongresses angenommenen Gesetzes, welches den Chinesen auf die Dauer von 20 Jahren die Einwanderung in die Vereinigten Staaten [* 7] verwehrt. Anlaß zu diesem Gesetz gab die Überflutung der Union mit chinesischen Arbeitern. Bei dem Charakter der Chinesen erwies sich ihre Verschmelzung mit der weißen Rasse als unmöglich; durch ihre billige Arbeit wurden die Weißen aus lohnenden Beschäftigungen verdrängt; schlimmer ist, daß die Arbeit zur Bereicherung einzelner reicher Kapitalisten unter Kontrakten geleistet wird, welche die Arbeiter zu Sklaven herabdrücken, und daß das Überhandnehmen der Chinesen den Kulturerrungenschaften der weißen Rasse Gefahr bringt.
Das nordamerikanische
Gesetz hat seine vollständige
Berechtigung, und der
Versuch,
Chinesen nach
Europa
[* 8] einzuführen, müßte
hier ähnliche Beschränkungen zur
Folge haben; denn das
Recht der Weltbürger, in welchem Teil der
Erde
immer zu reisen und sich niederzulassen, hat überall engere
Grenzen
[* 9] gezogen erhalten, wo es für die
Staaten oder die
Massen
der einheimischen
Bevölkerung
[* 10] eine wesentliche Verschlimmerung ihrer Existenzbedingungen mit sich bringt. Gegenüber dem
nordamerikanischen
Gesetz drohte China
mit
Ausweisung aller nordamerikanischen
Bürger aus seinem
Reich; um
nicht in einen
Krieg mit China verwickelt zu werden, hat der
Präsident der
Vereinigten Staaten von Vollziehung des
Gesetzes noch
Abstand genommen.
Gleichen diplomatischen Sieg errang China gegen Rußland in der Kuldschafrage. 1871 hatte sich Rußland genötigt gesehen, das Quellgebiet des Iliflusses in Besitz zu nehmen, wo bis dahin ein schwacher Sultan der Tarantschen (Turko-Tataren) unter chinesischer Oberhoheit mit dem Sitz in Kuldscha regierte. Stete Raubeinfälle machten Rußland die Besetzung zur Notwendigkeit; es wurde aber an China sofort die Erklärung abgegeben, daß das Gebiet zurückgegeben werde, sobald im Grenzbezirk Ruhe eingekehrt und von China gesichert sei. Mit Niederwerfung der Dunganen und Wiedereroberung Kaschgars war China wieder unbestrittener Herr in Mittelasien geworden; geschickt benutzte es die Verwickelung Rußlands in den türkischen Krieg und verlangte Rückgabe von Kuldscha.
Rußland stellte eine Auslagenrechnung auf und verlangte Garantien für gute Nachbarschaft; zur Abwickelung der Verhandlungen entsandte China den Würdenträger Tschunghaou nach Petersburg, [* 11] und dieser schloß unterm einen Vertrag über Rückgabe von Kuldscha ab. China erblickte in den Bestimmungen eine Demütigung, rief seinen Gesandten zurück und verurteilte ihn wegen Preisgabe von Kronrechten zum Tode. Der Vertrag wurde als unannehmbar zurückgewiesen, jedoch durch einen neuen Abgesandten Wiederanknüpfung der Verbindungen angestrebt. Rußland nahm die Verwerfung des Präliminarvertrags als Kriegsfall und entsandte Truppen nach der Fronte. China that dasselbe. Es ist ein Verdienst des chinesischen Abgesandten Marquis Tseng, unterm 2. (14.) Febr. 1881 dennoch einen beiderseits annehmbaren Frieden zu stande gebracht und Aufhebung des Todesurteils über seinen Kollegen erwirkt zu haben.
Eine ernstliche Verwickelung mit Frankreich wegen Anam und Tongking [* 12] brachte das Jahr 1882. Über Anam beanspruchte China die Oberlehnshoheit, in Tongking hausten Banden chinesischer Truppen. Nachdem diplomatische Verhandlungen zwischen China und Frankreich gescheitert waren, bemächtigte sich letzteres des Flußdelta in Tongking, indem es die chinesischen Truppen bei Sontay und Bacninh vertrieb, und zwang Anam zur Unterwerfung unter seine Hoheit. Außer stande, seine Ansprüche mit Waffengewalt gegen die Franzosen zu verteidigen, schloß der chinesische Vizekönig Lihungtschang 1884 mit dem französischen Bevollmächtigten Fournier in Tiëntsin einen Vertrag ab, wonach China Tongking zu räumen versprach.
Bevor die Frist hierzu abgelaufen war, griffen die Franzosen das von den Chinesen besetzte Baclé an, wurden aber zurückgeschlagen. Die Chinesen erklärten dies für einen verräterischen Vertragsbruch, forderten eine hohe Geldentschädigung und schritten, als diese abgelehnt wurde, zu Repressalien;
sie zerstörten das Arsenal von Futschou und setzten sich auf Formosa fest. Es entspannen sich jetzt an der chinesischen Grenze wie auf Formosa zahlreiche Kämpfe, die nicht alle für China ungünstig endigten;
namentlich errangen sie bei Langson im März 1885 einen Sieg über die Franzosen, und es drohte Frankreich Verlust aller Erfolge;
da machte der durch englischen Einfluß zustande gebrachte Friede vom von Tiëntsin allen Feindseligkeiten ein Ende. China gesteht darin Frankreich die Oberherrschaft über Anam zu wie die Einverleibung von Tongking, nimmt aber im übrigen den Standpunkt des Mächtigern ein, der gewährt, um die ruhige Entwickelung im Innern nicht zu gefährden.
Litteratur zur Geschichte: Plath, Geschichte des östlichen Asien [* 13] (Götting. 1830-31, 2 Bde.), und dessen viele lehrreiche Abhandlungen in den Denkschriften der bayrischen Akademie der Wissenschaften;
A. Pfizmairs geschichtliche Untersuchungen über die Kleinstaaterei in China (in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften);
Gützlaff, Geschichte des chinesischen Reichs (Stuttg. 1847);
Käuffer, Geschichte von Ostasien (Leipz. 1858-60, 3 Bde.);
Derselbe, Überblick über die Geschichte Ostasiens (das. 1864);
Neumann, Ostasiatische Geschichte 1840 bis 1860 (das. 1861);
Sykes, The Taiping rebellion in China (Lond. 1863);
Strauß, [* 14] La Chine, son histoire, ses ressources (Par. 1874);
Roß, The Manchus, or the reigning dynasty of China (Lond. 1880);
Boulger, History of China (das 19. Jahrh. umfassend, das. 1881-1884, 3 Bde.);
Fries, Abriß der Geschichte Chinas (Wien [* 15] 1884);
Cordier, Bibliotheca sinica (Bibliographie, Par. 1881, 2 Bde.).