Den
Charakter des
Landes bestimmt der
Grenzwall der
Kordilleren, deren Schneehäupter bei der außerordentlichen
Durchsichtigkeit
der
Atmosphäre, von der
See gesehen, über dem
Meer zu hängen scheinen. Südlich von 42° südl.
Br. steigt
die
Kordillere unmittelbar vom
Meer an, es lagern ihr aber zahlreiche gebirgige
Inseln vor. Nördlich tritt dicht an der
Küste
ein Gebirgszug auf, und die von der
Kordillere herabkommenden
Flüsse
[* 9] haben durch diese Cordillera de laCosta ihren
Durchgang erzwungen
und sie somit in ebensoviel
Abschnitte, wie es
Flüsse gibt, zerschnitten; zwischen Küstengebirge
und
Kordillere breitet sich eine durch kleinere Höhenzüge abgeteilte
Ebene aus, deren
Charakter als Längenthal
(Llano intermedio)
südlich von der Cuesta de
Chacabuco (709 m), von wo sie allmählich bis zur Reloncavibai herabsinkt, am deutlichsten hervortritt,
im N. aber mehr oder weniger verwischt ist.
Der bedeutendste Gipfel der
Kordillere (s. d.) ist der
Aconcagua (6834 m). Gipfel sowohl als
Pässe nehmen im allgemeinen an
Höhe zu, je mehr man nach N. geht. Der früher von den
Missionären benutzte Barilochepaß (41° 20' südl.
Br.) hat eine
Höhe
von nur 840
m, und auch der Rosalespaß, etwa 25 km nördlich davon, ist nur 840 m hoch. Die wichtigern
Pässe sind sodann der
Planchonpaß (2507 m), der
Cumbre- oder Uspallatapaß (3221 m), der Portezuelo de Azusre (3645 m), der
Come Caballo (4356 m), der
Tacorapaß (17° 50' südl.
Br., 4170 m). Hinsichtlich der geognostischen
Beschaffenheit
besteht das Küstengebirge im N. namentlich aus
Graniten und
Porphyr, im S. aus
Gneis und
Glimmerschiefer, die hohe
Kordillere
vorwiegend aus
Porphyr und aus oft metamorphischen, geschichteten
Felsen, die durch eruptive
Gesteine
[* 10] gehoben wurden, während
die
Ebene zwischen beiden unter Schuttmassen und andern Sedimentärbildungen begraben liegt, die beweisen,
daß dieselbe ursprünglich aus einer
Reihe von Seebecken bestand.
Versteinerungführende
Schichten sind selten und gehören meist dem
Lias und
Jura an. An der
Küste kommt an mehreren
Stellen
ein schmaler
Streifen von
Kreideformation
[* 11] (unter anderm mit Baculites anceps) vor und in etwas größerer
Ausdehnung
[* 12] tertiäre
Gebilde, in denen die berühmten Kohlengruben von
Lota (sowie in der
Magelhaensstraße) liegen. Unter den
zahlreichen
Vulkanen scheinen die bei
Chillan die thätigsten zu sein, und die vulkanischen
Kräfte der
Erde sind in Chile, namentlich
in den Mittelprovinzen, noch in höherm
Grade thätig als (mit Ausnahme von
Zentralamerika)
[* 13] in irgend einem andern Land.
Weite Landstriche sind erst in historischer Zeit und zum Teil erst ganz neuerdings gehoben worden, wie z. B. 1847 in der
ProvinzTalca ein Weidestrich von 200
Morgen plötzlich 100 m hoch gehoben und in eine ungeheure
Solfatara verwandelt wurde und 1822 bei
einem furchtbaren
Erdbeben
[* 14] die
Küste von
Valparaiso
[* 15] auf eine
Länge von 110 km
ca. 1 m emporstieg.
Erdbeben kommen außerordentlich häufig vor (in
Coquimbo rechnet man jährlich im
Durchschnitt 44
Erschütterungen); sie werden
von den Bewohnern in die ungefährlichen und häufigern »Temblores« und
die heftigen
»Terremotos« eingeteilt. Das furchtbarste
Erdbeben war das von 1751, welches die StadtConcepcion
im
Meer begrub und von 34 bis 40° südl.
Br. fast alle Ortschaften zerstörte. In diesem
Jahrhundert äußerten die verderblichste
Wirkung das erwähnte
Erdbeben von 1822, wodurch
Valparaiso arg verwüstet wurde, und das von 1835, welches besonders
Concepcion
zerstörte. Im
¶
mehr
allgemeinen nimmt ihre Stärke
[* 17] und Häufigkeit gegen S. immer mehr ab.
Die Bewässerung ist im nördlichen Teil von Chile, wo fast alle Bäche nach kurzem Laufe vom Boden aufgesaugt werden, eine sehr
dürftige, viel reichlicher dagegen in der südlichen Hälfte des Landes, obschon nur wenige Flüsse einige Meilen weit aufwärts
schiffbar sind. Die bedeutendern sind: der Chuapa, der reißende Maipu, der für die Bewässerung des Thals von Santiago so wichtig
ist, der noch am weitesten schiffbare Maule, der Biobio an der Grenze von Araucania, der größte Fluß des Landes, der aber doch
im untern Lauf nur von Schiffen mittlerer Größe befahren werden kann, der Cauten (RioImperial), der Callecalle
oder Rio deValdivia, der wichtigste von allen wegen des wohlgeschützten Hafens an der Mündung, der Rio Bueno und der RioMaullin.
Auch gibt es im S. viele große und sehr tiefe Seen, z. B. Llanquihue, Ranco, Huanehue etc., wie nicht minder
zahlreiche Heilquellen, von denen die von Chillan, von Apoquido, Cauquenes und Colima benutzt werden.
Die tägliche Amplitüde beträgt zuweilen 20° C. Wälder kommen vor, sind aber nicht sehr ausgedehnt, und Ackerbau bedarf
fast überall noch der künstlichen Bewässerung. Der SüdenChiles zeichnet sich durch feuchte Luft und
Regen in allen Jahreszeiten
[* 22] aus, Schnee ist an der Küste fast unbekannt, Wälder bedecken nahezu das ganze Land, und Ackerbau
bedarf nicht mehr der künstlichen Bewässerung. Valdivia hat hier eine mittlere Temperatur von 14,76° C. im Sommer und von
7,14° C. im Winter, und es fallen jährlich 2334 mmRegen.
Entsprechend der verschiedenen Bodenbeschaffenheit und dem verschiedenen Klima ist auch die Vegetation des Landes: im S. in üppiger
Fülle, im N. ärmlich und spärlich verteilt oder ganz mangelnd. Während nördlich von Coquimbo der Anblick
der Küsten des von Vegetation fast entblößten Landes ohne die dasselbe überragenden schneegekrönten Kordilleren noch trauriger
sein würde als der Patagoniens, erblickt man bei Coquimbo schon einige grüne Thäler, und entfernter vom Meer streckt sich
ein fruchtbares, grünes Land hin.
Vom 33.° an ist das Land mit grünenden Ebenen bedeckt. Bei Concepcion scheint sich die Vegetation schon
alles unterworfen zu haben, und südlich vom 38.° nimmt sie denCharakter einer wirklichen Macht an. In betreff der Bodenprodukte
überhaupt zerfällt Chile vom 19. bis zum 42.° südl. Br. naturgemäß in vier Zonen: die erste oder nördlichste
ist eine Mineralgegend mit zahlreichen Hüttenorten (Asientos);
Ebendort kommt schichtenweise die reinste Porzellanerde vor sowie ein sehr feiner schwarzer Thon, der sich
selbst zum Färben eignet. Auch die einheimische FloraChiles ist eine sehr reichhaltige und hat überdies noch alle europäischen
Getreide- und Obstarten in sich aufgenommen. Ihre Haupteigentümlichkeit besteht darin, daß die Bäume zum größten Teil immergrün
sind. Chile ist eine Heimat der Kartoffel und hat unter anderm die schönsten Kalceolarien als einheimische
Gewächse.
Ferner gibt es viele Arzneipflanzen,
[* 29] wohlriechende Gummiarten, Öl-, Seifen-, Farbe- und Gewürzpflanzen.
[* 30] Unter den zahlreichen
Nutz- und Bauhölzern, welche an den Hängen der Andes kräftige, von blumenreichen Wiesen durchsetzte Hochwälder bilden, ist
das ausgezeichnetste die chilenische Zeder (Araucaria imbricata, hier Pehuen genannt), ein prächtiger Charakterbaum, der ca. 45 m
Höhe erreicht und die besten Schiffsmasten liefert. Der Seifenbaum (Quinaja saponaria) gibt in seiner Rinde eine sehr schäumende
Seife, die chilenische Buche (Fagus obliqua), der Coyque (Fagus Dombeyi), der Alerce (Libocedrus tetragona) und der Leu oder Cyprés
(ThujaAndrea) ein ausgezeichnetes Bauholz, der Temo (Temnus moschata), der Mayten (Maytenus Boaria), der
Rauli (Fagus procera), der Caven (Mimosa Cavenia), der Mañiu (Podocarpus chilena), der Lingue (Persea Lingue) Hölzer für Tischler.
Die Früchte des Peumo (Cryptocarya Penmus) sind butterartig, die der chilenischen Kokospalme (Cocos chilensis) kaum größer
als eine Kirsche; der Saft des Stammes aber dient zur
¶
mehr
Bereitung von Palmhonig; auch sind die Früchte einiger Myrtenarten eßbar. Eine Bambusart, Coligue genannt, wird zum Dachdecken
gebraucht. Was endlich die Tierwelt betrifft, so ist dieselbe durch auffallend wenige Arten vertreten; nur die Vögel
[* 32] und die
Krustaceen sind sehr zahlreich. Auf den Kordilleren findet man, doch selten, Guanakos und Vicunnas; in
den Wäldern leben Pumas (der amerikanische Löwe, das einzige größere Raubtier
[* 33] Chiles und der gefährlichste Feind der Herden),
Hirsche
[* 34] (Cervus chilensis und humilis), Guinnakatzen, Füchse, Wiesel,
[* 35] Waschbären, Gürtel- und Beuteltiere.
[* 36]
Von wertvollen Pelztieren sind fast nur die Chinchilla, der Coypú (eine Wasserratte) und der Guillin (ein Fischotter)
[* 37] zu nennen.
Von Landvögeln zählt Molina 135 Arten, von denen aber nur die Kolibris
[* 38] und ein Star (Sturnus militaris) durch Schönheit glänzen.
Unter ihnen findet sich auch der Kondor; am zahlreichsten aber sind Enten,
[* 39] der chilenische Schwan (schneeweiß mit schwarzem
Kopf und Hals), Reiher, Ibisse, Flamingos, Papageien, Drosseln, viele Arten kleiner Singvögel und Tauben.
[* 40] Im S.
finden sich patagonische Strauße. An Amphibien ist Chile arm; von Schlangen
[* 41] gibt es nur eine einzige, unschädliche Art, auch
keine Alligatoren, nur wenige Frösche
[* 42] und Eidechsen
[* 43] (darunter die Iguana, welche über ½ m lang wird), an der Küste mehrere
Schildkrötenarten und große Mengen von Chonos, einer Auster,
[* 44] die eine Lieblingsspeise der Eingebornen
abgibt. Eßbare Fischarten, darunter mehrere Karpfen, Forellen und der Bagre, eine Welsart von ausgezeichnetem Geschmack, zählt
man mehr als 200; doch hat der früher stark betriebene Fischfang sehr abgenommen. Die Insektenwelt ist nur spärlich vertreten;
giftige Arten fehlen ganz, auch Moskitos und Heuschrecken.
[* 45] Nur eine einheimische Spinnenart (Latrodectus
formidabilis) soll durch ihren Biß gefährlich sein.
Nach der Zählung von 1875 kamen auf 1000 männliche Bewohner nur 1009 weibliche; 35 Proz. der
Bevölkerung lebten in den Städten. Die jährliche Zunahme belief sich 1865-75 auf nur 1,4 Proz.,
trotzdem daß auf 1000 Lebende 46 Geburten und nur 28,4 Todesfälle kommen. Jedenfalls würde der Zuwachs bedeutender sein,
wenn nicht die traurigen landwirtschaftlichen Verhältnisse jährlich Tausende von Chilenen ins Ausland trieben und gleichzeitig
der Einwanderung aus Europa
[* 46] enge Grenzen setzten.
Abgesehen von den Indianern (deren Zahl indes nicht sehr bedeutend ist) sowie den wenigen Negern und ihren
Mischlingen, besteht die einheimische Bevölkerung aus etwa 400,000 Abkömmlingen von eingewanderten Europäern (Spaniern)
reinen Bluts und den aus der Mischung von Europäern und Indianern hervorgegangenen Mestizen. Als Hauptcharakterzug der Chilenen
bezeichnet man Gutmütigkeit, Sanftheit, Fröhlichkeit, Vorliebe für Poesie und Musik, aber auch Spiel-
und Prozeßsucht. Dem Fremden kommt man mit Herzlichkeit entgegen. Die Frauen reinen Bluts zeichnen sich durch Schönheit sowohl
als anmutiges und doch würdevolles Benehmen aus. Arbeitsamkeit und wahre Vaterlandsliebe sind Tugenden, die der Chilene in
höherm Grad besitzt als andre Abkömmlinge der Spanier in Südamerika.
deren letzte Reste auf dem Festland sich 1883 freiwillig der chilenischen Regierung unterwarfen. Desselben
Stammes sind die Huilli-che (»Südvolk«) auf Chiloe und die Chonos, Poyyas und Key-yas an der Küste von Magallanes. Im äußersten
Süden endlich wohnen die Anacaluf (s. Feuerland).
Den Sekundärunterricht erteilen das Nationalinstitut in Santiago und 18 Provinziallyceen (1883: 4130 Schüler). An Volksschulengab es 1883: 1198 (wovon 472 von Vereinen unterhalten wurden) mit 78,941 Schülern. Insgesamt widmeten der Staat und die Gemeinden
dem Schulwesen 1883 die beträchtliche Summe von 1,907,850 Pesos. In den größern Städten findet man außerdem
von Privatunternehmern geleitete Colegios. Unter den wissenschaftlichen Anstalten ragen die Nationalbibliothek und die Sternwarte
[* 52] in Santiago hervor.
Trognitz berechnet in »Petermanns Mitteilungen« (1889, S. 96) das Areal auf 776,000 qkm. Die Bevölkerungsziffer erhöht sich
auf 3,232,000, wenn man 50,000 Araukaner, Indianer, Tschingo und Feuerländer nebst solchen, welche sich der Zählung entzogen
haben, der obigen Ziffer hinzurechnet. Die Zählung vom ergab 2,527,230 Bewohner, von denen
1,263,781 männlichen und 1,263,536 weiblichen Geschlechts waren. Die Fremdenbevölkerung wuchs zwischen 1875 und 1885 von
26,635 auf 87,011 Personen (51,730 männliche, 35,281 weibliche). Nach Nationalitäten verteilten sich diese auf 6808 Deutsche, 5303 Engländer, 4198 Franzosen,
Das Nationalinstitut, eine Art Gynmasium, zählte 1887: 1057 und die 22 Lyceen 3820 Schüler. Andre höhere
Schulen für Knaben über 14 Jahre gab es 27 und für erwachsene Mädchen 13. Von Elementarschulen bestanden 293 für Knaben, 199 für
Mädchen, 418 für beide Geschlechter. Diese Elementarschulen wurden von 43,640 Knaben und 37,722 Mädchen besucht. 1888 wurden
noch mehr Elementarschulen eingerichtet und für diese und die höheren Schulen zusammen 1,406,000 Pesos
verwendet, 1889 wurden dafür 1,675,470 Pesos ausgesetzt. Das gesamte Erziehungswesen kostete dem Staate 1888 6,325,255 Pesos.
Über 60 neue große Schulen sind neuerdings eröffnet, eine noch größere Zahl projektiert. Die Nationalbibliothek in Santiago
zählt 70,000, die des Nationalinstituts über 30,000 Bände.
Die meteorologische Zentralstation hat mehr als 30 über das ganze Land zerstreute Nebenstationen. Das
Unterrichtswesen steht unter einem aus 14 Gliedern bestehenden Unterrichtsrat, dessen Hauptaufgabe es ist, die vom Staate unterhaltenen
Schulen und Lehranstalten mit geeigneten Lehrkräften zu versehen, die Kandidaten prüfen zu lassen, die ihnen zukommenden
Titel zu verleihen u. a. Der Schulzwang wird sich erst einführen lassen, wenn dem jetzigen Mangel an Schulen
abgeholfen ist. Die Zahl deutscher Schulen, auch höherer, ist keine geringe. An Zeitungen und Zeitschriften erscheinen 202 (2
deutsche); in Santiago 7, in Valparaiso 4 tägliche große Zeitungen.
Die Kupferproduktion ist in den letzten 10 Jahren bedeutend zurückgegangen, 1879 betrug der AnteilChiles an der Gesamtproduktion
der Erde noch 35,5 Proz., 1889 nur noch 9,2
Proz. (24,250 gegen 49,000 Ton.); exportiert wurden 1889: 31,432,231 kg. Der Export von Gold wertete 1888:
748,596, der von Goldmineralien 1,213,834 Doll., von Silberbarren 7,723,957, von silberhaltigen Mineralien 851,005 Doll. Von
Iquique wurden für 19,810,219, von Pisagua für 14,547,363 Doll.
¶
findet, ist tertiäre Glanzkohle, welche der westfälischen Glanzkohle qualitativ gleichkommt. Weizenbau wurde 1885 auf 292,979
Hektar betrieben; 1888 betrug die Ernte
[* 61] 11 Mill. hl. Das Land brauchte selbst nur 6 Mill., konnte daher 5 Mill. ausführen,
nimmt demnach unter den Getreide
[* 62] exportierenden Ländern die fünfte Stelle ein. Die Ausfuhr von Weizen (meist
nach England) betrug 92,885,447 kg im Werte von 4,548,729 Pesos, die von Mehl
[* 63] (meist nach Ecuador) 3,152,553 kg, von Gerste
[* 64] (meist
nach England) 24,260,509 kg (vgl. auch Getreideproduktion). Der Weinbau umfaßt bereits 70,000
Hektar mit einer Jahresproduktion von 1 ½ Mill. hl, doch ist die Ausfuhr noch gering (1888 für 41,532
Pesos). Von sämtlichen Ausfuhrartikeln entfallen auf den Bergbau 91, auf den Ackerbau 6,3, auf die Industrie 2,7 Proz. Die Handelsbewegung
war in den beiden letzten nachgewiesenen Jahren folgende:
Die Eisenbahnen hatten 1890 eine Länge von 2709 km, davon 1068 km Staats- u. 1641 km Privatbahnen. Die Post beförderte 1889 durch 506 Anstalten
17,606,056 Briefe, 42,143 Warenproben, 1,114,001 offizielle Sendungen und 24,715,629 Zeitungen und Drucksachen.
Der südamerikanische Freistaat, welcher wegen der Ruhe und Ordnung im Innern und seiner Erfolge nach außen stets gepriesen
worden war, wurde 1891 durch einen langwierigen verderblichen Bürgerkrieg erschüttert. Der Präsident
Valmaceda, der als Führer der Liberalen 1886 zum Präsidenten gewählt worden war, stellte sich bald auf den bisher auch von
den frühern Präsidenten, namentlich von Montt, vertretenen Standpunkt, daß der vom Volke gewählte Präsident nicht von der
Mehrheit des Kongresses abhängig sei, daß er gleich dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika
für die Zeit seiner Amtsdauer eine monarchische Gewalt, vor allem das Recht des Veto und der Ernennung der Minister nach seinem
Belieben habe.
Balmaceda rechnete besonders auf die Unterstützung der demokratischen Partei. Dagegen verlangte die aus der Aristokratie hervorgegangene
Mehrheit des Kongresses, daß der Präsident nur solche Ministerien ernenne, die ihr genehm seien. Der Konflikt wurde verschärft
durch die Günstlingswirtschaft Valmacedas. Zum neuen, 1891 zu erwählenden Präsidenten wünschte Balmaceda seinen Freund,
den Minister des Innern Sanfuentes, er nannt zu sehen. Um dies zu verhindern, beschloß der Kongreß ein Gesetz,
welches die Freiheit der Präsidentenwahl gegen den unberechtigten Einfluß der Regierung schützen sollte, Valmaceda ließ
nun Sanfuentes als Präsidentschaftskandidaten fallen, legte aber gegen jenes Gesetz sein Veto ein.
Der Kongreß verweigerte darauf seine Zustimmung zum Staatshaushaltsgesetz von 1890/91, und Balmaceda sah sich genötigt, 43 Tage
ohne Budget und ohne Steuern zu regieren, was große Verwirrung hervorrief, bis ein aus allen Parteien zusammengesetztes
Ministerium die Bewilligung des Staatshaushalts erlangte. Sobald dies erreicht war, berief Valmaceda wieder seine alten Freunde
in das Ministerium, und als der Kongreß die Ernennung eines ihm genehmen Kabinetts forderte, schloß er ihn im Oktober 1890,
noch ehe er das Budget für 1891/92 und das Gesetz über den Bestand der Kriegsmacht für 1891 genehmigt
hatte. Der Verfassung gemäß hatte nun ein parlamentarischer Ausschuß, die Comision
¶
mehr
Conservadora über die Gesetze zu wachen, und derselbe hielt auch regelmäßige Sitzungen; aber alle seine Botschaften, namentlich
sein Verlangen der sofortigen Berufung des Parlaments ließ Balmaceda unbeachtet. Damit war Anlaß zum gewaltsamen Konflikt gegeben.
Valmaceda steifte sich auf den Wortlaut der Verfassung, die er zu achten geschworen habe und der er bis
zum Ablauf seiner Amtszeit (im September) bei allen andern BürgernAchtung verschaffen werde; und allerdings war er nach diesem
Wortlaut unabsetzbar und unverantwortlich. Aber er hatte seinerseits keine direkte Gewalt über den Kongreß, auch nicht das
Recht, Neuwahlen auszuschreiben. Beide Faktoren standen sich also gleichberechtigt gegenüber.
Vom ab regierte Balmaceda ohne Staatshaushalt und Heeresbewilligung, ließ aber verkünden, das
sei schon öfter vorgekommen; er werde bis zu den neuen Kammerwahlen, 1. März, die Regierung auf eigne Verantwortung fortführen.
Unterstützt von den reichen Besitzern der Salpeterlager im Norden, beschloß darauf die oppositionelle Kongreßmehrheit einen
Gewaltstreich; nachdem sie viele Offiziere der Flotte gewonnen, übertrug sie das Kommando der vor Valparaiso
liegenden sechs Panzerschiffe
[* 67] dem Kapitän Jorje Montt, und nachdem sich die Führer der Opposition eingeschifft hatten, verließ
die Flotte die Bai vonValparaiso und fuhr nach dem Norden.
Ein Aufruf des Nationalkongresses erklärte, daß sich derselbe genötigt sehe, die Verteidigung der von
Balmaceda verletzten Verfassung zu übernehmen. Aber der gehoffte Erfolg des Abfalls der gesamten Flotte trat nicht ein. Das
Landheer blieb dem Präsidenten treu und wurde ansehnlich verstärkt. Mehrere Versuche der »Oppositoren«, in Santiago eine Revolution
herbeizuführen oder wenigstens ein Attentat auf Balmaceda zu bewerkstelligen, wurden rechtzeitig entdeckt
und unterdrückt.
Die Masse des Volkes verhielt sich gleichgültig; keine Partei hatte eine größere Anzahl überzeugter Anhänger für sich.
Balmaceda übte eine unumschränkte Diktatur aus und beseitigte die Anhänger der Kongreßvartei aus allen Ämtern. Ja, er
beschloß, durch eine Änderung der Verfassung für die Zukunft die Ursachen der gegenwärtigen Revolution
vollkommen zu beseitigen, indem er die monarchische Gewalt des jeweiligen Präsidenten genau festsetzen und die Befugnis des
Kongresses auf den Anteil an der Gesetzgebung beschränken ließ, und ordnete daher 11. Febr.Neuwahlen für eine konstituierende Versammlung
am 29. März an, welche 20. April zusammentreten und befugt sein sollte, die Staatsverfassung so weit zu ändern,
als dies nötig sei, um neue Streitigkeiten über die Befugnisse der Staatsgewalten zu verhüten.
Die aufständische Flotte erklärte die chilenischen Häfen für blockiert, was aber von den fremden Mächten nicht anerkannt
wurde. Auch blieben einige Kriegsschiffe der Regierung treu. Die Aufständischen wandten sich im Februar
nach den nördlichsten Provinzen, beschossen Pisagua und Iquique und bemächtigten sich nach einigen Kämpfen mit den Regierungstruppen
beider Plätze. Nach der Vernichtung der Streitkräfte der Regierung unter Oberst Robles bei Pozo Almonte(7. März) fiel die reiche
ProvinzTarapaca in die Gewalt der Kongreßtruppen. Auch das seit dem letzten Kriege mit Peru nur einstweilen
von den Chilenen besetzte Gebiet von Tacna im äußersten Norden sowie der wichtige HafenAntofagasta in Atacama wurden von den
Aufständischen
eingenommen.
Ein Teil der Regierungstruppen entkam auf großen Umwegen durch argentinisches Gebiet nach Santiago. In Caldsra
brach 16. April eine Meuterei unter den Regierungstruppen aus, infolge deren die Stadt in die Gewalt der Kongreßpartei
fiel. Unter den Schiffen, welche darauf im Hafen von CalderaAnker
[* 68] warfen, befand sich auch das Panzerschiff
[* 69] der Aufständischen,
Blanco Encalada, das 18. April in der Bai vonValparaiso ein glückliches Gefecht gegen die Regierungsschiffe geliefert hatte.
Dieses wurde 23. April plötzlich von zwei Torpedobooten, dem Almirante Condell und dem Almirante Lynch, angegriffen
und durch einen Torpedo des letztern zum Sinken gebracht. Nachdem Friedensvermittelungsversuche Frankreichs, Brasiliens und
der Union gescheitert waren (6. Mai), bildete die Kongreßpartei eine Regierungsjunta (Junta de Gobierno), während Valmaceda sich
von den am 29. März neu gewählten und 20. April eröffneten Kammern, in denen er infolge der Leitung der Wahlen
die Mehrheit hatte, die Diktatur förmlich übertragen ließ; durch Einführung des Zwangskurses und andre Maßregeln verschaffte
er sich Geld. Auch die 11. Febr. angekündigten Vorschläge einer Verfassungsreform wurden den Kammern vorgelegt.
Der Bürgerkrieg dauerte nun schon mehrere Monate, ohne daß es einem Teil gelungen wäre, einen entscheidenden
Erfolg davonzutragen. Die Lage der Aufständischen in den Nordprovinzen war eine mißliche. Die Versorgung der bei Iquique
zusammengezogenen Truppen mit Lebensmitteln war schwierig, zumal die schnellen Regierungsboote durch Streifzüge die Küste
beunruhigten. Außer Bolivia weigerten sich alle amerikanischen und europäischen Staaten, die aufständische
Regierungsjunta als kriegführende Macht anzuerkennen.
Indes fehlte es dieser infolge ihrer Verbindung mit den großen Kapitalisten nicht an Geld. Wenn auch mehrere von ihr angezettelte
Verschwörungen in Santiago und Valparaiso, namentlich ein Versuch, mit Hilfe mehrerer bestochener Marineoffiziere die Regierungsschiffe
in der Bucht von Valparaiso in die Luft zu sprengen, entdeckt und grausam bestraft wurden, so gelang es
anderseits den Aufständischen, sich bedeutende Waffenvorräte aus Europa zu verschaffen, namentlich mehrere Tausend kleinkaliberige
Magazingewehre.
Ein ehemaliger preußischer Hauptmann, EmilKörner, bisher Subdirektor an der Kriegsschule in Santiago, ging zu den Aufständischen
über, wurde zum Generalstabschef des GeneralsCanto ernannt und übte mit großer Energie in kurzer Zeit
die Kongreßtruppen in der europäischen Gefechtsweise ein. Anfang Juli wurde ein Vorstoß gegen Coquimbo unternommen; 8. und 13. Juli fanden
Gefechte von wechselndem Erfolg mit den Regierungstruppen statt. Da aber die Ankunft zweier neuerbauter Panzerschiffe aus Europa
zu erwarten stand, welche die französischen Gerichte auf ReklamationBalmacedas endlich freigegeben hatten,
und der letztere dann auch zur See die Überlegenheit über die zwar zahlreichern, aber alten und langsamen Kriegsschiffe der
Kongreßpartei erlangt hätte, so beschloß diese, sofort einen entscheidenden Schlag zu führen, durch welchen Balmaceda,
der eben den ihm ergebenen Vicuna zum Präsidenten hatte wählen lassen, vollständig überrascht wurde.
GeneralCanto sammelte die Kongretztruppen in Caldera und landete 20. Aug. mit 10,000 Mann in der Bucht von Quinteros, nördlich
von Valparaiso. Schon21. Aug. erlitten die Regierungstruppen unter General Alcerrecas am Flusse¶
[* 2] oder Chili (spr. tschi-), Republik an der Westküste Südamerikas, ehemals ein span. Generalkapitanat, grenzt
im N. an den Fluß Camarones, der Chile von der ProvinzTacna scheidet, und wenn diese zu Chile gerechnet wird,
an den Sama, in 17° 17' nördl. Br., im O. mit dem Hauptkamm der Andenkette an die Argentinische Republik, im S. und W. an die
Südsee und erstreckt sich bis zum Kap Hoorn. Die Länge beträgt also über 4200 km. Die Breite ist nur
in der ProvinzAntofagasta etwas über 400, gewöhnlich nur über 140, an einzelnen Stellen nur 110 km. Patagonien wurde durch
ein am mit der Argentinischen Republik abgeschlossenes Übereinkommen so geteilt, daß Chile den westl.
Teil erhalten sollte, der durch die hohe Cordillere, welche die Wasserscheide bildet, begrenzt ist. Es
stellte sich aber heraus, daß die Wasser-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
scheide vielfach nicht von der hohen Cordillere gebildet wird, sondern östlich davon auf dem patagon. Tafellande liegt. Eine
von beiden Staaten ernannte Kommission stellte 1886 die Südgrenze fest, danach gehört zu Chile fast der ganze südlich des 52. °
südl. Br. liegende Teil von Patagonien, samt dem südl. Archipel (Territorio Magallanes), mit Ausnahme
der Osthälfte vom Feuerland und der Staateninsel. Der Flächeninhalt beträgt 776000 qkm, davon 195000 qkm auf das TerritoriumMagallanes. (S. Karte: La-Plata-Staaten, Chile und Patagonien.)
Bodengestaltung. Chile wird in seiner größten Länge von den Cordilleren (s. d.)
im O. begrenzt. Sie fallen gegen W. steil zu einer langen Ebene ab, welche schon in den nördlichsten
TeilenC.s erkennbar und hier durch die Salpeterlager ausgezeichnet ist, in der Mitte aber, zwischen Coquimbo und Puerto-Montt,
das sog. große chilen. Längenthal (200-800 m Höhe) bildet.
Dieses ist durch zahlreiche Querhügel zerteilt und durch eine meridionale Kette in zwei Längshälften geteilt, aber
deutlich abgehoben von den Anden im O. und der Küstencordillere im W. Südlich von Puerto-Montt verschwindet das Längenthal,
in welchem die chilen. Hauptbahn erbaut ist.
Dasselbe wird hier durch die Kanäle zwischen Chiloe und den Chonosinseln einerseits, dem Festlande andererseits bezeichnet
und ist unter das Meer getaucht. Westlich der fruchtbaren und bestangebauten Längsthäler erhebt sich
die Küstencordillere, die von der peruan. Küste beginnt, in Nordchile deutlich erkennbar ist, in Atacama und Antofagasta einen
geschlossenen Zug
bildet, weiter südlich mit den Vorbergen der Anden verschmilzt, dann aber südlich Valparaiso wieder deutlicher
hervortritt und noch 2000 m Höhe übersteigt.
Südlich der Cordillera de Nahuelbuta in Arauco und der Cordillere von Llanquihue tritt sie aber auf Chiloe
und die Chonosinseln über und verschwindet erst im Feuerland. Während die Hauptkette der Anden aus mesozoischen, im äußersten
Norden aus paläozoischen Gesteinen zusammengesetzt ist, bietet die Küstencordillere den Eindruck eines ältern Gebirges
dar. Alte metamorphische und krystallinische Schiefer, Sandsteine, viele alte Eruptivgesteine, Grünsteine
und Porphyre sind die Hauptbestandteile.
Porphyre nehmen freilich auch an dem Aufbau der Hauptkette der Anden teil; dazu Andesite und Trachyte. Die Pässe, welche nach
der Argentinischen Republik über die Anden führen, sind meist ziemlich hoch, wenigstens in den mittlern und nördl. Teilen.
Der von der Eisenbahn benutzte Uspallata- oder Cumbrepaß östlich von Sta. Rosa de los Andes ist 3900 m hoch, der Portillo del
Azufre 3645 m, der Portillo de Valle Hermoso 4110 m, der Portillo de Peña Negra 4078 m, der Portillo de Come Caballos 4350 m,
die Quebrada de la Barranca Blanca 4462 m. Von dem Planchonpasse (2507 m) östlich von Curico an werden
die Pässe niedriger; am Tronador vorüber führt, von Llanquihue nach dem Nahuel-Huapi-See, der nur 900 m hohe Boquete de
Perez Rosales. Im äußersten S. sollen die Pässe zum Teil erst auf argentin. Gebiete liegen; schon südlich
von 44° südl. Br. beginnen die Flüsse in die patagon. Hochebenen einzuschneiden. In Nordchile erreicht der Paß
[* 71] San Francisco
zwischen Atacama und Catamarca 4870 m, die Abra del Tolar zwischen Salta und Antofagasta 4320 m. Ebenso große Höhen zeigen
die von Tarapaca und
Tacna nach Bolivia führenden Pässe Tacora 4180 m, Pichuta u. a.
Bewässerung. Das Flußnetz ist schwach entwickelt, da die Wasserscheide nahe am Meere liegt. Im N. ist der Rio Loa der einzige
größere Fluß; in tiefen Querthälern (Cajones) dringen die Flüsse von oben herab, treten ins Längsthal ein und durchbrechen
dann die Küstenkette. Im N. erreichen sie kaum das Meer, in Tarapaca überhaupt nicht; im Süden fassen
sie sehr viel Wasser. Der Biobio ist 370 km lang, der größte FlußC.s; zu erwähnen sind noch der Aconcagua, Maipo, Rapel,
Maule, Imperial, Cautin, Tolten, Bueno, Maullin. Schiffbar sind sie meist nur auf wenige Kilometer. Merkwürdigerweise entspringen
südlich von 42° manche östlich von den Anden auf der patagon. Hochebene und durchbrechen dann das Gebirge.
Klima. Bei der großen Längenausdehnung und der unregelmäßigen Oberfläche des Landes ist das Klima natürlich sehr verschieden.
Die Nähe der mit ewigem Schnee bedeckten Cordillere auf der einen, des Oceans auf der andern Seite machen es
im ganzen mild, gleichmäßig und gesund. Schnee fällt niemals in den Küstengegenden nördlich von Chiloe, und selbst am
Fuße der Cordillere widersteht das in dem sog. Winter zur Nachtzeit gebildete Eis
[* 72] nicht der Morgensonne.
Besonders gleichmäßig ist das Klima der Küste, während im Innern größere Unterschiede der Temperatur vorkommen. In
Santiago ist die mittlere Jahrestemperatur 13,1° C. (Jan. 19,0°, Juli 7,2°) und die Schwankungen
zwischen Tag und Nacht betragen oft 14°. Weiter nach S. nimmt die Sommerwärme bedeutend ab, während der Winter fast gleich
bleibt; erst südlich von Chiloe bleibt der Schnee im Winter wochenlang liegen. Die bedeutendsten Gegensätze zeigt
Chile in Bezug auf die Regenverteilung.
Während in AtacamaRegen fast unerhört ist und man in Coquimbo nur aus etwa drei Regentage im Jahre rechnen kann, sodaß Ackerbau
nur durch künstliche Bewässerung ermöglicht wird, trifft man in den mittlern Provinzen etwa 57 Regentage, und zwar fast nur
während der Wintermonate; das übrige Jahr hindurch ist die Luft sehr rein und klar. Die südl.
Provinzen liegen ganz in der Region der vorherrschenden Westwinde und zeigen deswegen eine Regenmenge, die außerhalb der Tropen
selten ist.
Die vorherrschenden Windrichtungen sind, der Gestaltung des Landes entsprechend, Nord und Süd; Stürme sind nicht selten, namentlich
richten im Winter Nord- und Nordweststürme an den Küsten großen Schaden an. Die in den Anden hausenden Stürme sind von einer
furchtbaren Heftigkeit. Trockenheit, schroffe Extreme namentlich auf den Hochebenen, starke Wärme
[* 73] an der Küste gelten für
den N., triefende Feuchtigkeit, kühles Seeklima, Gleichmäßigkeit für den S. Doch ist auch die nördl.
Küste weit weniger warm als der O. des Kontinents unter gleicher Breite.
Arica unter 18½° südl. Br. hat nur 19,7° Mitteltemperatur. Im S. treten wieder die winterlichen Niederschläge hervor,
wie zu Punta-Arenas; dies hat nur 6,2° C. Mitteltemperatur, Januar 10,7°, Juli 1,6°, dabei 570 mmRegen, etwa wie
Talca (500 mm). Dagegen Ancud auf Chiloe 3400 mm, Puerto-Montt 2450 mm, Valdivia 2930 mm. Und wieder Serena 40 mm, Copiapo sogar
nur 8 mm. Daher steigt die Schneegrenze im N. sehr hoch (über 5300 m) an; im S. dagegen ist die Schneelinie am Osorno (41°
südl. Br.)
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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schon in 1460 m, in der Magalhães-Straße (53°) in 800 m Höhe zu finden. Zahlreiche starke Gletscher bedecken daher den Süden
des Landes und reichen bis zum Meere hinab.
Mineralreich. Seinen Wohlstand verdankte Chile früher dem Kupfer und dem Silber, in neuerer Zeit trug der Ackerbau und (seit 1882)
die Salpeterindustrie hierzu bei. Die Kupferindustrie gehört vorzugsweise den Provinzen Coquimbo und
Atacama (Copiapo) an, wo jährlich neue Minen entdeckt und eröffnet werden, sodaß man hier wenigstens zehn Kupferminen auf
eine Silbermine rechnet. Das Kupfer wird meist nach England, vorzüglich nach Swansea exportiert. 1890 betrug die Ausfuhr
von Feinkupfer 24287735 kg, Schwarzkupfer (ejes de cobre) 1419944 kg, Kupfererzen 1175884 kg, silberhaltigen
ejes de cobre 2499111 kg. Alle Silberminen liegen in einem schmalen Gürtel
[* 75] zwischen 26½° und 34° südl. Br., in der den
Westfuß der Anden begleitenden Thalsenkung. 1890 belief sich die Ausfuhr in Silberbarren auf 101925 kg, in Silbererzen auf 1676212
kg, wozu noch silberhaltige Bleierze u. s. w. kommen.
Gold wird seit einiger Zeit wieder in größerer Menge gewonnen. Zur Ausfuhr kamen 1890: 665,2 kg gediegenes Gold und 1818257
kg Golderze. Kohlenlager finden sich an verschiedenen Stellen der Küste, auch auf Chiloe; die bedeutendsten sind in der Provinz
Concepcion und Arauco. Der sog. Chilesalpeter (s. d.), hauptsächlich in der ehemaligen peruan.
ProvinzTarapaca, in augenblicklich der wichtigste Ausfuhrartikel. Eisenerze sind reichlich vorhanden, werden aber nicht
benutzt; nicht unbedeutend ist die Ausfuhr von Manganerz. Borax
[* 76] findet sich in vielen salares, Jod in den Mutterlaugen bei der
Salpetergewinnung. 1891 war die Ausfuhr von borsaurem Kalke 6316600 kg, von Borax 802600 kg, von Jod aus
dem HafenIquique (1890) für 4,2 Mill. Pesos Wert. Sonderbar ist die Seltenheit von Kalk; Gips
[* 77] findet sich häufiger. Unter
den Mineralquellen sind am besuchtesten die Schwefelthermen von Chillan (s. d.).
Pflanzenwelt. Die Vegetation zeigt bei dem Wassermangel der nördl. Provinzen eine Zunahme der Arten vom
Wendekreise an bis gegen etwa 40° südl. Br.; im südamerik. Gebiet des Atlantischen Oceans hat unter denselben Breiten (von
Rio bis zum Coloradofluß) gerade die entschiedenste Abnahme der Artenfülle stattgefunden. Die wenigen Pflanzen im N. schließen
sich noch an die der peruan. Westküste an, namentlich die zahlreichen
Kaktusarten in Atacama; an bewässerten Stellen gedeiht der Pisang.
In den mittlern Provinzen erwacht nach Beendigung der Winterregen eine ungemein reiche Vegetation, die in 6 Wochen ihren Höhepunkt
erreicht, um dann in kurzer Zeit in der Dürre des Sommers unterzugehen. Es besteht hier ein Gegensatz zwischen der Küste
und dem Innern insofern, als an der erstern jene Kulturpflanzen fehlen, welche zum Reifen ihrer Früchte
größerer Sommerwärme bedürfen, wie Wein, Pfirsich, Orange u. s. w., in diesem dagegen solche, welche gegen Winterfröste
empfindlich sind, wie Kastanien u. a. Eine Palme
[* 78] (die Jubaeaspectabilis H. B. K.)
kommt noch vor; wenig nördlich von Santiago beginnt der Wald, welcher von 35° südl. Br. an an Fülle
zunimmt und bis 40° auch über die Anden greift.
Unter den Nadelhölzern verdient hier vor allem die Araucariaimbricata Pav. Erwähnung, welche über 30 m
hoch wird und zwischen 37° und 39° die Gebirge in einförmigen Beständen (Pinares) bedeckt.
Bei 40°
südl. Br. treten an ihre Stelle Buchenwälder geschlossen auf; hier in Valdivien ist eine großartige Zusammensetzung der
Flora, wie sie ähnlich nur noch auf Neuseelands Südinsel zu finden ist. In Chiloe ist vermutlich das Ursprungsland
der Kartoffel zu suchen; im Walde ist die Alerzo-Fichte(Fitzroya patagonicaHook.) vorherrschend und liefert
treffliches Bauholz. (S. Patagonien.)
Tierwelt. Die einheimische Fauna ist nicht reich. An Säugetieren sind wichtig: zahlreiche Formen bodenbewohnender Nagetiere,
[* 79] Guanaco, Vicuña, der Brillenbär, Puma, Stinktier,
[* 80] Hirsche. Eine Vogelart ist für Chile eigentümlich, die den Pflanzungen schädlich
werdenden Pflanzenmäher (Phytotoma rara Molina). Abgesehen von der ProvinzValdivia ist die Vogelfauna infolge
der gering entwickelten Wälder arm, und sonst ausgesprochene Baumvögel, wie Papageien, Spechte, Falken, haben sich an ein
Bodenleben angepaßt. Die Abnahme der Reptilien gegenüber den nördlich gelegenen Gegenden ist auffallend, nur Eidechsen
sind besser vertreten und zeigen eigentümliche Formen. Von Amphibien kommen bloß Frösche und Kröten, aber in ziemlichen
Mengen vor. Die Süßwasserfische bieten manches Eigentümliche, eine Welsart geht in den Anden bis 4500 m.
An Schmetterlingen ist Chile arm, aber reich an teilweise sehr merkwürdigen Käfern.
Bevölkerung. Die Zahl der Einwohner belief sich nach dem Census von 1885 auf 2527320, wozu etwa 15 Proz.
nicht Gezählte kommen; nach der Berechnung für Anfang 1893 auf 2867375, einschließlich 50000 Indianer
und derjenigen, die sich der Zählung entzogen haben, auf 3317000. Die Gebiete von Patagonien und Feuerland sind fast unbewohnt.
Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist gering, am stärksten in den mittlern Provinzen; doch besitzt Chile im Durchschnitt die dichteste
Bevölkerung unter den StaatenSüdamerikas.
Die Bewohner sind vorwiegend europ. Abstammung, etwas über ein Viertel von rein spanischer, die meisten gemischter Abkunft,
viele reine Indianer, wenn sie auch span. Namen führen. Die Zahl der fremden, nicht durch Geburt dem Staate angehörigen Bewohner
belief sich 1885 auf 87077, darunter 6808 Deutsche (die, welche chilen.
Bürger geworden sind, sind als Chilenen gezählt). Die Unabhängigkeit der mehr und mehr aussterbenden Araukaner (s. d.) geht
zu Ende. Bei der europ. BevölkerungC.s sind Erziehung und geselliger Ton weit entwickelter als irgendwo im span. Amerika.
[* 81] Eine
gewisse Vaterlandsliebe, Ernst, Unternehmungsgeist und Lernbegierde beseelt alle Stände, sodaß Chile unter den
südamerik. Staaten verhältnismäßig am meisten eine feste polit. Ordnung erlangte.
Landwirtschaft. In der südl. Hälfte beruht die Landwirtschaft fast ausschließlich auf europ. Pflanzen und Tieren. Der Hauptgegenstand
des Ackerbaues ist Weizen, dessen Erzeugung namentlich durch die Entdeckung der kaliforn. Goldlager einen außerordentlichen
Aufschwung nahm, da in diesem Lande derAckerbau erst nach mehrern Jahren seinen Bedarf erzeugte. Von jeher
war das südliche Chile die Kornkammer für Peru und Bolivia sowie für die nördl. Bergwerksprovinzen. Jetzt tritt Chile mit seinem
Getreide sogar auf dem europ. Markte auf. 1874 gingen von den im ganzen ausgeführten 214000
t Weizen 150000 nach Nordeuropa. 1891 wurden 178048276 kg Weizen ausgeführt, davon nach England 155 Mill.
Sonstige Kulturpflanzen
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