Chibcha
(spr. tschibtscha), die mächtigste der Nationen, die in vorcolumbischer Zeit das Gebiet des spätern Königreichs Neugranada, der heutigen Republik Columbia, bevölkerten. Ihr Centrum war die Hochebene von Bogota und die nördlich sich daran schließenden Hochthäler von Tunja und Sogamoso. Sie hatten aber auch die heißen Thäler im Süden von Bogota besiedelt und den ganzen Ostabhang der östl. Cordilleren bis hinab zu den Llanos des Rio Meta. Auf dem Hochlande bauten sie Kartoffeln, Mais und Quinoa (s. Chenopodium), in den heißen Thälern Baumwolle und Maniok. Außerdem betrieben sie mit dem auf ihrem Gebiete gebrochenen unreinen Steinsalz einen gewinnbringenden Handel mit den umwohnenden Nationen. Das Volk zerfiel in zahlreiche Stämme, die unter erblichen Häuptlingen (usaque) standen. Die Stämme hatten sich aber frühzeitig schon zu einer Konföderation zusammengeschlossen, an deren Spitze der Häuptling von Tunja erscheint, der den Titel Zaque führt. Später zerfiel dieser Bund, indem der in Muikita, dem heutigen Funza, residierende Zipa die südl. Stämme um sich versammelte und dem Zaque erfolgreich Konkurrenz machte. Eine besondere Stellung unter den übrigen Häuptlingen nahm noch der in Sogamoso residierende Häuptling von Iraca ein, insofern er als der Nachfolger des Kulturheros (s. unten) galt und ihm als solchem besondere übernatürliche Kräfte, insbesondere das Wettermachen, zugeschrieben wurden.
Die Chibcha verehrten die Sonne und den Mond und feierten am Neumond, in der Konjunktion, die eheliche Vereinigung der beiden. Der Sonnengott erscheint, wie auch bei andern Stämmen, als der das Land durchwandernde Kulturheros, und führt als solcher den Namen Chiminizagahua oder Nemterequeteba. Im Thal von Bogota wurde besonders der auf dem Regenbogen erscheinende Bochica verehrt. Außerdem verehrten sie einen Gott der Erde, Chibchacum, die Urmutter Bachue oder Fucha cho gue, «die gute Frau», und den Fuchsgott Fo oder Nemcatacoa, der der Gott der Kunst, der Handwerker, Maler und Malerinnen und gleichzeitig der Gott der Feste und Gesänge ist. Als besondere Gaben wurden den Göttern Goldfiguren (tunjos) in allerhand Tiergestalten und andere Kostbarkeiten dargebracht. In Guatavita bestreute sich der Kazike
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mit Goldstaub, fuhr dann auf einem Floß in den See hinaus, versenkte dort die goldenen Opfergaben und badete. Dieses Opfer hat Veranlassung zu der Sage vom Eldorado (s. d.) gegeben. Sonst wurden den Göttern namentlich Papageien, die man vorher sprechen gelehrt hatte, und in besondern Fällen auch Menschen geopfert. Alle 15 Jahre wurde ein zu diesem Zwecke besonders erzogener Knabe, der als das lebende Abbild des Wandernden (güe-za), des Sonnenheros Nemterequeteba galt, unter großer Feierlichkeit durch Erschießen geopfert. Für die Vollziehung der Opfer gab es besondere Priester (chĭquĭ oder ieque), die in besondern Seminaren (cuca) zu einem ascetischen und keuschen Leben erzogen wurden.
Von den Altertümern der Chibcha und der benachbarten Völker sind ansehnliche Sammlungen in die europ. Museen gelangt (s. Tafel: Amerikanische Altertümer II, Fig. 6-10). Die sog. Kalendersteine der Chibcha (Fig. 8), auf denen man Frösche und andere Tiergestalten in Relief ausgearbeitet sieht, sind nichts als Formsteine, die dazu dienten, Goldblech in die Gestalt von Fröschen und andern Tieren zu treiben. Unter den Thongegenständen sind namentlich bemerkenswert Figurengefäße (Fig. 6), häufig auch mit einem helmartigen, halbmondartigen Kopfputz dargestellt und die Nasenscheidewand geschmückt mit dem goldenen Halbmond (Fig. 10), den die columbischen Stämme über den Mund herabhängend trugen und wegen dessen dieselben von den benachbarten Inkaperuanern als Quillasenca («Mondnasen») bezeichnet wurden. Diese Figuren sind in der Regel hohl und haben ein Loch am Hinterkopf. Es sind vermutlich die von den Autoren erwähnten Behälter, in welchen den Göttern Goldstaub und andere Kostbarkeiten dargebracht wurden. Ferner sind bemerkenswert fein bemalte Krüge (Fig. 7), in deren Ornamentation das Andreaskreuz eine Rolle spielt. Die charakteristischsten Gegenstände aber sind die Goldfigürchen (Fig. 9). Der eigentliche Körper der Figur ist allemal durch ein Blech gebildet und die Umrisse und Gliedmaßen der Figur sind durch darauf befestigte Drähte zum Ausdruck gebracht. Häufig sind weibliche Figuren mit einem Kind im Arm, wohl Bachue, die Urmutter, darstellend.
Das Volk der Chibcha und ihre Sprache wird in den Berichten gewöhnlich als Muysca bezeichnet. Letzteres ist aber kein Name, sondern nur das Chibchawort für «Mensch». Die Sprache ist schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts ausgestorben. - Vgl. Ezequiel Uricoechea, Gramática, vocabulario y catecismo confesionario de la lengua Chibcha segun antiguos manuscritos anonimos ineditos (Par. 1871); Middendorf, Die einheimischen Sprachen Perus, Bd. 6 (Lpz. 1892).
Das Land der Chibcha wurde 1538 gleichzeitig von drei von verschiedenen Seiten anrückenden span. Heerhaufen betreten. Vom Rio Magdalena her war der Adelantado Gonzalez Ximenez de Quesada als erster in das Hochland von Bogota eingedrungen. Sebastian de Belalcazar war von Quito über Popayan nach Bogota gezogen, und Nikolaus Federmann kam von Osten her aus Venezuela über die Llanos am Rio Meta.