Chiabrera
(spr. kja-), Gabriello, berühmter ital. Dichter, geb. zu Savona im Genuesischen, verwaiste früh, erhielt aber durch die Fürsorge eines Oheims in Rom [* 2] eine ausgezeichnete wissenschaftliche Bildung, trat daselbst auch in regen Verkehr mit den berühmten Humanisten Paulus Manutius und Muret. Nach dem Tod seines Oheims trat er in die Dienste [* 3] des Kardinals Cornaro, mußte jedoch infolge eines blutigen Racheaktes an einem römischen Edelmann, der ihn beleidigt hatte, nach seiner Vaterstadt fliehen.
Hier bekam er neue Händel, die ihm eine halbjährige Haft zuzogen. Er lebte seitdem von den Einkünften seines mäßigen Vermögens ruhig in seiner Vaterstadt den Wissenschaften und der schonen Litteratur und erwarb sich sehr bald als Dichter einen so berühmten Namen, daß verschiedene italienische Fürsten, insbesondere die Großherzöge Ferdinand I. und Cosmo II. von Toscana, Karl Emanuel von Savoyen sowie Papst Urban VIII., ihn mit Gunstbezeigungen überhäuften.
Allen
Versuchen aber, ihn an irgend einen
Hof
[* 4] zu fesseln, wich er aus und bewahrte seine Unabhängigkeit
bis zu seinem
Tod. Er starb in
Savona. Chiabrera
war ein sehr fruchtbarer Dichter, der sich in fast allen
Gattungen der
Poesie versuchte, aber nur in einer derselben
Ruhm erworben hat. Seine fünf epischen Gedichte sowie seine
Dramen erheben
sich nicht über die Mittelmäßigkeit und sind mit
Recht jetzt vergessen. Als
Lyriker aber nimmt er
unter den italienischen
Dichtern einen vorzüglichen Platz ein.
Durch das
Studium der Griechen, namentlich des
Pindar und
Anakreon, gebildet, verließ er die schwächliche
Manier der Petrarchisten
und eiferte seinen griechischen
Mustern nach. So gelang es ihm, für die italienische
Lyrik einen neuen,
durch Neuheit und Großartigkeit der
Bilder, Erhabenheit des
Ausdrucks und kühnern Schwung der
Phantasie ausgezeichneten
Stil
zu schaffen und zugleich die poetische Form durch Anwendung neuer Versarten und mannigfaltigerer Strophenformen sowie durch
freiere Behandlung des
Reims
[* 5] zu erweitern. Seine
Reformen erfreuten sich allgemeinsten Beifalls, und die
Italiener nennen ihn ihren
Pindar und
Anakreon. Chiabreras
zu seinen Lebzeiten oftmals unter verschiedenen
Titeln gedruckte lyrische
Gedichte sind am vollständigsten gesammelt unter dem
Titel »Rime«
(Rom 1718, 3. Bde.;
Venedig
[* 6] 1757, 5 Bde.;
Mailand
[* 7] 1807, 3 Bde.). Eine Auswahl gab Polidori heraus
(Flor. 1865), eine andre Francesia
(Turin
[* 8] 1873).