Cherubini
(spr. ke-), Maria Luigi Carlo Zenobio Salvador, [* 2] Komponist, geb. zu Florenz, [* 3] erhielt seine Ausbildung von 1777 an in Bologna durch Sarti, nachdem er bereits in seiner Vaterstadt gründlichen Musikunterricht genossen und mit verschiedenen geistlichen Kompositionen an die Öffentlichkeit getreten war. 1780 debütierte er in Alessandria mit der Oper »Quinto Fabio« als dramatischer Komponist und zwar mit solchem Glück, daß er alsbald von verschiedenen Bühnen Italiens [* 4] ¶
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Aufträge zu weitern Opern erhielt, die ihn bis 1785 fesselten. Dann begab er sich nach London,
[* 6] wo er zwei neue Opern zur Aufführung
brachte, und ließ sich 1788, nachdem er noch zuvor mit seiner »Ifigenia in Aulide«
in Turin
[* 7] reichen Beifall geerntet, in Paris
[* 8] nieder. Die hier im folgenden Jahr von dem Friseur der Königin,
Léonard, begründete Italienische Oper bot Cherubini
, der die Leitung des musikalischen Teils übernommen hatte, Gelegenheit, den
französischen Geschmack zu studieren, und dies Studium sowie die gleichzeitig gemachte Bekanntschaft mit den Werken Haydns
und Mozarts bewirkten eine durchgreifende Änderung seiner Kompositionsweise.
Schon seine erste französische Oper: »Démophoon« (1788), hatte sich durch Tiefe der Empfindung, Kühnheit der Harmonien und Rhythmen sowie durch geistreiche Instrumentalbegleitung von seinen bisherigen, für Italien [* 9] geschriebenen vorteilhaft unterschieden;
noch ungleich deutlicher aber traten diese Vorzüge in den folgenden Opern hervor: »Lodoisca« (1791),
welche eine Umwälzung der gesamten dramatischen Komposition in Frankreich hervorrief, »Élisa, ou le voyage du Mont Bernard« (1795),
»Médée« (1797),
vor allen in »Les deux journées« (»Der Wasserträger«, 1800), welche bis zur Gegenwart neben den Opern Mozarts einen Ehrenplatz auf allen Bühnen behauptet hat.
Von
Napoleon I., der nur die einschmeichelnden Weisen der Neapolitaner Paësiello und Zingarelli liebte, mit entschiedener Mißgunst
behandelt, nahm Cherubini
1805 ein Engagement nach Wien
[* 10] an, wo er seine Opern: »Lodoisca« und »Fanisca«
zur Aufführung brachte und dafür von Haydn und Beethoven als der erste dramatische Komponist seiner Zeit gepriesen wurde.
Die Abneigung Napoleons gegen ihn sollte er freilich auch hier empfinden, da er während dessen Aufenthalts
in Wien und Schönbrunn die Hofkonzerte leiten mußte; sie war es auch, die ihn bei seiner Rückkehr nach Frankreich veranlaßte,
sich für längere Zeit auf das Schloß des ihm befreundeten Fürsten von Chimay zurückzuziehen und sich mehr und mehr der
Kirchenkomposition zuzuwenden.
Sein erstes Werk dieser Art war eine dreistimmige Messe (1809 vollendet). Von jetzt an zeigte er sich nur
noch ausnahmsweise als dramatischer Komponist, z. B. in der einaktigen komischen Oper »Le
[* 11] Crescendo« (1810) und in den »Abencérages«
(1813) sowie in den spätern Gelegenheitsopern: »Blanche de Provence« und »Bayard, ou le siége de Mézières«, die er mit Isouard,
Berton, Paër, Boieldieu, Catel und R. Kreutzer gemeinschaftlich schrieb. Nach der Rückkehr der Bourbonen
wurde Cherubini
zuerst (1816) Oberintendant der königlichen Musik, in welcher Stellung er namentlich verpflichtet war, Kirchenmusik
zu schreiben, dann in demselben Jahr Lehrer am Konservatorium und 1821 Direktor desselben, welche Stellung er zum großen Vorteil
des Instituts 20 Jahre lang versah.
Für die Bühne lieferte er noch im hohen Alter die Oper »Ali Baba« (1833), die eine überraschende Frische der Erfindung zeigte, allein bei der herrschenden Schwärmerei für Rossinische Musik keinen Eindruck beim Publikum hinterließ. Danach schrieb er nur noch für die Kirche und für die Kammer. Nachdem er 1841 wegen hohen Alters die Direktion des Konservatoriums niedergelegt hatte, starb er in Paris. Von seinen Arbeiten der letztgenannten Gattungen sind namentlich sein »Requiem« und seine den Haydnschen und Mozartschen ebenbürtigen Streichquartette hervorzuheben.
Hier wie auch in seinen Opern zeigt er sich als einer der genialsten und zugleich gewissenhaftesten Musiker
aller Zeiten,
besonders als Kontrapunktiker von höchster Gewandtheit, welch letztere Eigenschaft in seinen Bühnenwerken nicht
selten zum Nachteil der dramatischen Wirksamkeit vorherrscht; anderseits ist er von dem Vorwurf nicht freizusprechen, als
Kirchenkomponist seinen dramatischen Neigungen zu sehr gefolgt zu sein. Stets aber bewahrte ihn sein feiner
Kunstverstand vor der Gefahr der Einseitigkeit, und deshalb können seine Arbeiten für alle Zeiten als Muster aufgestellt werden.
Äußerst erfolgreich hat sich Cherubini
noch als Lehrer bethätigt; zu seinen Schülern im Kontrapunkt gehören unter andern Auber
und Halévy. Auch veröffentlichte er ein Lehrbuch des Kontrapunktes unter dem Titel: »Cours de contrepoint«
(Par. 1835; deutsch von Stöpel, Leipz. 1835) und beteiligte sich an der
Redaktion mehrerer vom Konservatorium herausgegebene Unterrichtswerke.
Vgl. »L. Cherubini
, kurze Biographie etc.« (Erfurt
[* 12] 1809);
Miel,
Notice sur la vie et les ouvrages de Cherubini
(Par. 1842);
Picchianti, Notizie sulla vita e sulle opere di L. Cherubini
(Flor.
1844);
Bellasis, Cherubini
, memorials illustrative of his life (Lond. 1874).