Chenavard
(spr. sch'nawahr), Paul Joseph, franz. Historienmaler von eigentümlich atheistischer Tendenz, geboren zu Lyon, wurde als achtjähriger Knabe beim Anblick der Hinrichtung zweier aufrührerischen Bonapartisten von einem tödlichen Haß gegen die Bourbonen erfüllt. Er wollte Mathematik studieren, ergriff aber, als er 1825 nach Paris kam, die Malerei und wandte sich, ohne bestimmtes Ziel seines Strebens, von ¶
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Hersent zu Delacroix und dann zu Ingres, auf dessen Rat er Italien besuchte. Dort kopierte er in Mailand mit wunderbarer Geschicklichkeit die Köpfe aus dem Abendmahl Lionardo da Vincis und ging von da nach Florenz, Rom und Venedig, immer mit dem größten Eifer arbeitend. Nach Paris zurückgekehrt, trat er zunächst mit einem Luther auf dem Reichstag zu Worms (im Stil der neuen Romantiker) auf, der kein Glück machte. Nach einem zweiten Aufenthalt in Italien, wo er den Plan faßte, die ganze Weltgeschichte in einem Cyklus von großartigen Philosophischen Kompositionen zu malen, und diesen Plan auch zu verwirklichen begann, beteiligte er sich 1833 bei einer Konkurrenz für eine Episode aus dem Nationalkonvent von 1789, erhielt aber trotz gewichtiger lobenden Stimmen nicht den Preis und stellte deshalb bald nachher das Todesurteil Ludwigs XVI. in einer Zeichnung aus, die zwar großen Beifall fand, aber aus politischen Gründen von Ludwig Philipp wieder entfernt wurde.
Auch in den nächstfolgenden Jahren stellte er nur das Martyrium des heil. Polykarp und eine Scene aus der Hölle aus (Museum in Montpellier). Jene mittlerweile vollendeten weltgeschichtlichen Kompositionen legte er nach der Februarrevolution dem Minister Ledru-Rollin vor und wurde beauftragt, sie in großen monochromen Kartons für Wandgemälde im Pantheon auszuführen. Als er diese Kartons 1849 vollendet hatte, wurden sie als atheistisch nicht angenommen, das Pantheon wurde 1851 dem christlichen Kultus zurückgegeben, und das ganze Projekt, das trotz seiner destruktiven Tendenz als künstlerische Komposition allgemein bewundert wurde, war gescheitert. Unter seinen übrigen Bildern, in denen stets die Zeichnung die Farbe überwiegt, namentlich: Tod des Cato, Tod des Brutus, la divina tragedia (1869, Museum des Luxembourg), ist das letztere zwar sehr verschroben im Grundgedanken, aber künstlerisch das bedeutendste.