Chaulieu
(spr. scholiö), Guillaume Amfrye de, franz. Dichter, geb. 1639 zu Fontenay, zeichnete sich früh durch Geist aus und wurde Lehrer und Freund der jungen Prinzen von Vendôme (der Söhne Heinrichs IV. und der Gabrielle d'Estrées), aber auch ihr Mitschuldiger in allen Ausschweifungen. Von ihnen erhielt er Sinekuren, die ihm 30,000 Livres jährlich einbrachten. Von nun an war sein Leben der Freude und dem Vergnügen gewidmet, wie seine leichten Gelegenheitsgedichtchen beweisen; erst in spätern Jahren, als schon manche Genossen seiner Ausschweifungen in Stumpfsinn versunken waren, erhob er sich zur wahren Poesie. Die schönsten seiner Gedichte sind nach
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Sainte-Beuve: »Fontenay«, »La retraite«, »Mon portrait«, »La goutte«, »La mort«. Bis ins hohe Alter, trotz Gicht und Blindheit, bewahrte er seine Liebe zu Mlle. Launay und besang sie in seinen zartesten und anmutigsten Liedern. Er starb 27. Juni 1720. In seiner reich angelegten, energischen Natur verband er Klugheit mit Leichtsinn, Hang zu Trägheit und Vergnügen mit seinem Geschmack und treffendem Witz. In der Gesellschaft des »Temple«, die aus Poeten, Schöngeistern und großen Herren bestand und sich unter Vorsitz des Prinzen von Vendôme, des Großpriors, im Palais du Temple zusammenfand, nahm er eine der ersten Stellen ein und hieß der »Anakreon des Temple«. Seine Poesien sind mit denen seines Freundes La Fare zusammen herausgegeben (Lyon 1724); eine gute Ausgabe seiner Werke ist die von Lefèvre de Saint-Marc (Par. 1750, 2 Bde.). »Lettres inédites de Chaulieu« veröffentlichte der Marquis von Bérenger (Par. 1850).