(Khartum), Hauptstadt des ägypt.
Sudân, am
BlauenNil, nahe an dessen Zusammenfluß mit
dem
WeißenNil, unter 15° 37' nördl.
Br. und 32° 40' östl. L. v. Gr. in ungefähr 378 m
Meereshöhe gelegen, besteht zumeist aus elenden Lehmhäusern mit engen, krummen und schmutzigen
Gassen. Aus
Ziegeln erbaut
sind nur das große, schmucke
Haus des
Gouverneurs, das einen weiten, mit
Dattelpalmen geschmückten Vorplatz
hat, die österreichisch-apostolische
Mission, die
Moschee (die einzige), die koptische
Kirche und einige
Häuser der handeltreibenden
Griechen und andrer
Europäer,
Levantiner und Araber.
Vor derEroberung der Stadt durch den
Mahdi (s. unten) unterhielten
Österreich-Ungarn
[* 2] und
Großbritannien
[* 3] hier
Konsulate; das erste gründete
¶
mehr
schon 1847 hier die genannte Mission. Die Bevölkerung,
[* 5] ca. 50,000 Köpfe, bestand zum allergrößten Teil aus Arabern aus den
verschiedensten Gegenden, aus Eingebornen Innerafrikas, die hierher als Sklaven geschleppt wurden, aus Levantinern, Griechen,
Italienern, Franzosen u. a. Die Europäer waren Missionäre, Konsulatsbeamte, Ärzte, Apotheker, Kaufleute. Die Stadt hatte wohlversorgte
Bazare, europäische Magazine, Märkte voll von Lebensmitteln, Früchten u. a., eine Anzahl zum Teil durch
Griechen gehaltener Materialwarenbuden (Bakal), Likör- oder Kaffeebutiken u. a. Der BlaueNil war erfüllt von größern und
kleinern Barken; selbst Dampfboote ankerten hier.
Übrigens ist Chartum ein ganz besonders ungesunder Ort, so daß die europäische Kolonie mehrmals fast ganz
ausstarb. Die Stadt hat sich aus dem Lager
[* 6] entwickelt, welches MehemedAlisGenerale auf der Landzunge zwischen den beiden Flüssen
aufschlugen, und um das sich die Eingebornen des Handels wegen bald ansiedelten. Nach dem Sturz des alten Handelszentrums Schendy
konzentrierte sich der Handel des Sudân in Chartum, das nun den gesamten Handel mit Elfenbein, Gummi, Tamarinden,
Straußfedern und Sklaven aus Zentralafrika mit dem RotenMeer vermittelte. Unter Ismail Pascha wurde die Stadt zur Hauptstadt
des Sudân und zum Sitz des Generalgouverneurs (Baker, dann Gordon u. a.) erhoben. Gegen die Anhänger des Mahdi wurde sie durch
Gordon lange tapfer verteidigt, bis sie durch Verrat in die Hände der Mahdisten fiel, wobei
Gordon selber sein Ende fand.
(Khartum), Hauptstadt des ehemals ägypt. Sudans, in 385 m Höhe, am linken Ufer des BlauenNils dicht vor seiner Vereinigung mit dem WeißenNil, ist eine Schöpfung Mehemed-Alis von Ägypten,
[* 7] der das elende Dorf Chartum seit 1823 zur
Stadt ausbauen ließ und 1830
zum Sitz des Generalgouverneurs des von ihm eroberten Sudans bestimmte. Der Ort blühte als der
südlichste Hauptposten des ägypt. Handels durch seine günstige Lage rasch auf und wurde der Mittelpunkt
des gesamten Handels von Nordostafrika; die Zahl der Bewohner wurde 1882 auf 70000 geschätzt.
Inmitten einer baum- und strauchlosen Sandebene gelegen und von Erdwerken umgeben, bildete Chartum eine einförmige,
schmutziggraue Masse von Häusern aus Luftziegeln, mit einer Hauptstraße und großen (mit Weizen, Palmen
[* 8] und Citronbäumen bepflanzten) Gärten. Zwei ansehnliche, ganz nach europ. Art gebaute Regierungsgebäude,
die Moschee, ein Lazarett, eine Kaserne mit einem Pulvermagazin, die kath. Missionsanstalt nebst Schule, eine kath.
und eine kopt. Kirche waren die einzigen solid erbauten Gebäude.
Das Klima ist bei der großen Hitze (nachmittags durchschnittlich 39°, zuweilen über 46° C. im
Schatten)
[* 9] und bei der ungemeinen Feuchtigkeit der Luft während der Regenzeit sehr erschlaffend und ungesund. Mit Ägypten
bestand Post- und Telegraphenverbindung; Briefe erreichten Kairo in
[* 10] 22 Tagen. In neuerer Zeit war Chartum der Ausgangspunkt verschiedener
Entdeckungs- und Eroberungsexpeditionen nach den südl. Nilländern, z.B.
der von SamuelBaker. Auch Missionen hatten sich dort niedergelassen; die kath. Mission, zugleich Sitz
des Bistums von Nigritien, entstand 1846 durch die Bemühung des österr.
Marienvereins, die protestantische durch die Brüder von Crischona bei Basel.
[* 11] Die Haupteinfuhrartikel für den Sudan waren Gewehre,
Pulver, Blei,
[* 12] Jagdrequisiten, Spirituosen, engl. grobe Baumwollstoffe, Glasperlen. Die Ausfuhr bestand in
Elfenbein aus den Ländern des WeißenNils, dann Gummiarabikum, Sennesblättern und Tamarinden aus Darfur, Strauß- und Marabutfedern,
Häuten. Auch der Sklavenhandel, obwohl bereits seit den vierziger Jahren gesetzlich verboten, hatte bis in die letzte Zeit
in Chartum noch einen Hauptsitz.
Von aus wurden seit den fünfziger Jahren die obern Nilgebiete nach und nach dem ägypt.
Handel erschlossen; bei den dahin entsandten halb Raub-, halb Handelszügen waren große Kapitalien Chartumer Kaufleute
beteiligt; ihr Hauptzweck war die Erwerbung von Elfenbein, aber den Hauptverdienst brachte nebenbei der Sklavenhandel. –
Während des Mahdi-Aufstandes (s. Sudan) fiel die Stadt in die Hände der Mahdisten, nachdem
sie Gordon Pascha seit dem verteidigt hatte, zwei Tage bevor die Vorhut des Entsatzheers unter Lord Wolseley die
Stadt erreichte. Gordon selber fand hierbei seinen Tod. Durch den Fall von Chartum wurden die Aufständischen Herren des Sudans.
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