Chartres
(spr. schartr), Hauptstadt des franz. Departements Eure-et-Loir, an der Eure und an den Eisenbahnen von Paris [* 2] nach Brest und von Orléans [* 3] nach Rouen, [* 4] in getreidereicher Gegend (Chartrain) gelegen, ist von Promenaden (le tour de ville) an Stelle der frühern Befestigungen umgeben und besteht aus der Oberstadt mit steilen, unregelmäßigen Straßen und Holzhäusern mit vorspringenden Giebeln, der gut gebauten Unterstadt mit dem schönen Waffenplatz und der Vorstadt St.-Maurice, wo sich die Heilquelle von Petit Près befindet.
Auf dem höchsten
Punkte der Stadt steht die fünfschiffige gotische
Kathedrale (1020 gegründet, dann
1194-1260 nach einem
Brand neu aufgebaut), 130,5 m lang, im
Chor 46 m breit, das Hauptschiff 36,5 m hoch, mit zwei herrlichen, 106 und 115 m
hohen
Türmen, imposanter
Fassade mit drei
Thoren und zahllosen
Statuen, auch im Innern von ernstem, streng feierlichem
Eindruck; darunter eine
Krypte und die
Kapelle
Notre Dame sous
Terre. Von den übrigen Gebäuden sind erwähnenswert: die alte
Abteikirche
St.-Pierre (12. Jahrh., mit berühmten Emailarbeiten), der bischöfliche
Palast (1253 erbaut), das Stadthaus (17.
Jahrh.), die
Porte
Guillaume (14. Jahrh.), ehemals zur
Befestigung der Stadt gehörend, das
Theater
[* 5] (von 1861).
Chartres
zählt (1881) 20,692 Einw., welche
Gerberei, Fabrikation von
Maschinen und Wirkwaren, dann Bereitung von berühmten Rebhühnerpasteten
und
Lebkuchen sowie lebhaften
Handel und Marktverkehr mit
Getreide,
[* 6] Vieh,
Wolle etc. mit der Umgegend
(Beauce,
Perche) betreiben.
Die Stadt ist Sitz des
Präfekten, eines
Bischofs und eines Handelsgerichts und hat ein
Collège, eine
Normalschule, 2
Seminare,
eine öffentliche
Bibliothek (50,000
Bände und 1100
Manuskripte), einen botanischen
Garten,
[* 7] ein naturhistorisches
Kabinett, ein
Kunst- und Altertumsmuseum. Chartres
ist der Geburtsort von
Mathurin
Regnier, der Revolutionsmänner
Brissot und Péthion sowie des
Generals
Marceau, dem 1851 hier eine Bronzestatue errichtet wurde. - Chartres
hieß zur Römerzeit
Autricum und war Hauptort der
Karnuten (Carnutes) in Gallia Lugdunensis; daher der
Name Carnutum civitas, im
Mittelalter Carnotum.
Erst im 12. Jahrh. kommt die Stadt unter ihrem jetzigen
Namen vor. Sie war frühzeitig Bischofsitz und im
Mittelalter die Hauptstadt
der
Landschaft
Beauce.
Heinrich IV. eroberte sie 1591 und ließ sich
hier 1594 krönen. - Die
Grafschaft
Chartres
bestand seit dem 10. Jahrh., und die
Grafen von Chartres
besaßen auch
Blois und die
Champagne. 1218 ward sie durch
Heirat
Eigentum
des
Grafen
Walter von
Avesnes und dann
Hugos von
Châtillon, dessen Nachkommen sie 1286 an König
Philipp den
Schönen verkauften.
Franz I. erhob sie 1528 zu einem Herzogtum, und seitdem ward sie eine
Apanage königlicher
Prinzen und Prinzessinnen,
seit
Ludwig XIV. der
Herzöge von
Orléans, deren ältester Sohn den
Titel
»Herzog von Chartres«
führte.
Vgl. L'Epinois,
Histoire de
Chartres
(Chartres 1854-58, 2 Bde.);
Souchet,
Histoire du diocèse et de la ville de Chartres
(das, 1873-76, 4 Bde.).