Champéry
(Kt. Wallis, Bez. Monthey). 1052 m. Gem.
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und grosses Pfarrdorf, im Val d'Illiez, auf einem kleinen Flyschplateau, dem Plateau de la Fin, das sich an den Neocomsattel des Thalgrundes anlehnt; am linken Ufer der Vièze und am Eingang zu den verschiedenen kleinen zwischen Dent du Midi im O. und Pointe de Chésery im W. ausstrahlenden Thälern. 12 km sw. der Station Monthey der Linie Le Bouveret-Saint Maurice. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen Monthey-Champéry. Zollamt. Gemeinde, mit Chevalet, Les Parzes und Vièzes: 173 Häuser, 727 kathol. Ew.; Dorf, aus verschiedenen nahe beieinander stehenden und teilweise eigene Namen führenden Häusergruppen bestehend: 64 Häuser, 284 Ew. Hornvieh- und Pferdezucht.
Das Zentrum der Siedelung bildet eine einzige, ca. 600 m lange Gasse, die zu beiden Seiten von Holzhäusern und Gasthöfen gesäumt ist. Wenig hinter Champéry endigt die Fahrstrasse des Val d'Illiez, deren Bau 1851 beschlossen, 1853 begonnen und 1865 vollendet wurde. Die Häuser von Champéry bestehen aus Holz und zeigen alle die Eigentümlichkeit, dass ihr sehr steiler Giebel sich vorn in der Mitte zu einer spornartig vorspringenden Spitze verjüngt, unter der ein geneigtes Holzkreuz den Eintretenden begrüsst. Die Frauen des Dorfes tragen einen malerischen Kopfschmuck und bedienen sich bei ihren Feldarbeiten der Männerkleidung. Seit 1857 das erste und heute noch bedeutendste Gasthaus eröffnet worden, hat sich Champéry zu einer der besuchtesten Fremdenstationen des Wallis entwickelt.
In weltlicher wie kirchlicher Hinsicht stand das Dorf einst unter der Herrschaft des Priorates von Val d'Illiez, von der sich frei zu machen von jeher das Bestreben der Champérolaner war. 1723 erhielten sie einen eigenen Filialpriester (ein «rectorat»),
1727 wurde die Kapelle zur Kirche umgewandelt und teilweise von der Mutterkirche zu Illiez unabhängig; seit 1857 eigene Kirchgemeinde. Die politische Unabhängigkeit erlangte die Gemeinde Champéry 1839. In der Mitte des Dorfes die dem h. Theodul, dem ersten Bischof des Wallis, geweihte Pfarrkirche mit eigenartigem Turm; 1898 in romanischem Stil umgebaut. Champéry ist die Heimat des Vikars Clément († 1810), der als erster 1784 die Dent du Midi erstieg und eine Bibliothek und bemerkenswerte Sammlungen anlegte.
Der Ort wird zum erstenmal in einer mittellateinischen Urkunde des Jahres 1140 erwähnt; 1286 schenkte das Freifräulein de Lugrin zweien seiner Bewohner die Freiheitsrechte. Seit 1901 hat Champéry eine Trinkwasserversorgung, zu welchem Zwecke die am Ausgang des Thälchens von La Barmaz im 1200 m sprudelnde Quelle La Laitière gefasst worden ist. Das Gefälle zwischen der Quelle und dem Reservoir liefert die zur elektrischen Beleuchtung des Dorfes und seiner Nachbarschaft nötige Kraft. Vergl. Arth. de Claparède: Champéry et le Val d'Illiez. Genève 1886. - F. O. Wolf. Von Saint Maurice bis zum Genfersee. (Europ. Wanderbilder. 149/150; Wallis und Chamonix. 9). Zürich [1889].