Champagner
weine,
die in der ehemaligen franz.
Provinz
Champagne, namentlich in dem jetzigen
Departement
Marne, wachsenden
Weine. Man hat weiße und rote Champagner
weine und von den weißen wieder schäumende und nichtschäumende oder
stille. Die nichtschäumenden Champagner
weine gehören in guten
Jahren teilweise zu den Hochgewächsen, es sind sehr
feine, trockne
Weine von eigentümlichem
Aroma und Wohlgeschmack, sie gehen rasch in den
Kopf, doch zerstreut sich ihre
Wirkung
auch wieder schnell.
Sie bedürfen zu völliger Reife lange Zeit und finden deshalb nicht genug Würdigung. Der beste Wein der Champagne wächst auf der vorzugsweise La Montague genannten Hügelreihe ganz nahe bei Reims, [* 2] an deren Fuß das Dorf Sillery liegt. Der Sillery sec non-mousseux ist, wenn gut behandelt, ein sehr feiner Wein, erreicht aber seine vollkommene Ausbildung erst nach 8-10 Jahren. Andre berühmte Lagen der Montagne sind: Verzenay, Bouzy, Verzy, St.-Basle, Mailly, Ludes;
zweiten Ranges: Taissy, Chigny, Rilly, Allerand, Villers.
Der Montagne stehen im Produkt etwas nach die Hügel der Marneufer und die von ihnen geschützten Thalflächen. Hier erzeugen Weine ersten Ranges: Ay, Mareuil, Dizy, Hautvillers, Châtillon, Epernay, Pierry, Moussy;
zweiten Ranges: Cramant, Avize, Le [* 3] Mesnil, St.-Martin d'Alois.
Der moussierende Champagner
wird nach dem
Geschmack der
Nationen verschieden hergestellt. In
Frankreich liebt man ihn weder zu stark noch zu süß, in
Österreich
[* 4] und
dem östlichen
Deutschland
[* 5] besonders süß, in Rußland mild und süß, in
England dagegen körpervoll und kräftig. Im ganzen
unterscheidet man drei
Qualitäten des
Schaumweins der
Champagne: Crèmant, Mousseux und
Grand mousseux,
von denen ersterer am wenigsten Schaum (nur leichten
Rahm) liefert, letzterer dagegen am stärksten schäumt.
Gefärbter Champagner
heißt
Rosé, die bräunliche Färbung, OEil ^[?il] de
Perdrix, ist nicht mehr üblich. Der Champagner
wirkt ungemein schnell, aber auch ebenso vorübergehend erregend, erfrischend, erheiternd wie kein andrer
Stoff (vgl.
Wein).
Außer in der
Champagne werden in
Frankreich noch an vielen andern
Orten Champagner
und Mousseux erzeugt, so besonders in St.-Peray,
Departement
Ardèche (sehr gewürzig, wohlschmeckend, aber schwer und nicht stark moussierend);
der Bourgogne mousseux von Yonne und Tonnerrois ist ein sehr starker, schwerer, parfümierter Wein;
der
Vin mousseux d'Anjou von Savonnières
und
St.-Aubin ist fein, angenehm schmeckend, aber sehr zu
Kopf steigend, schwerer und nicht so delikat wie Champagner;
die weißen moussierenden Burgunder von Epineuil und Dannemoins erreichen fast den Tonnerrois;
die roten moussierenden Weine von Meursault und Puligny sind körperreich, sehr geistig, aber hart und schwer, ohne Delikatesse.
Der
Vin d'Arbois,
Departement
Jura, steht dem Champagner
am nächsten, moussiert ungemein stark, aber nur im ersten und zweiten Jahr. Außerdem
gibt es noch im
Bordelais und in der
Gascogne zahlreiche Schaumweinfabriken. Auch in
Deutschland wird sehr viel
Schaumwein fabriziert,
so im Elsaß, an der
Ahr (die
Ahrweine eignen sich ganz
¶
mehr
vorzüglich dazu), in Koblenz, [* 7] Mainz, [* 8] Hochheim (der bekannteste und berühmteste deutsche Schaumwein, geht nur unter eigner Etikette, besonders viel nach England und Rußland, ist stärker und schwerer als echter Champagner), Frankfurt, [* 9] Mannheim, [* 10] Freiburg, [* 11] Stuttgart, [* 12] Eßlingen [* 13] (einer der ältesten und besten deutschen Schaumweine), Würzburg, [* 14] Frickenhausen in Unterfranken, Freiburg a. U., Naumburg, [* 15] Dresden, [* 16] Lößnitz, Hirschberg, [* 17] Grünberg. [* 18] Die deutsche Schaumweinfabrikation steht völlig auf gleicher Höhe mit der französischen, doch kommt ein sehr großer Teil der Produktion unter französischer Etikette auf den Markt.
Dies ist um so weniger am Platz, als der gute deutsche Schaumwein den Vergleich mit dem französischen sehr wohl erträgt und letzterer in den meisten Fällen nur aus Kaprice oder Großthuerei vorgezogen wird. Anderseits begünstigt das Arbeiten unter falscher Etikette die Fabrikation einer schlechten Ware, welche in der That oft genug angetroffen wird. In Österreich werden sehr viele Schaumweine aus steirischen und niederösterreichischen Trauben dargestellt und finden unter Originaletiketten ansehnlichen Absatz in Frankreich, namentlich in Paris. [* 19]
Die Fabrikation des Champagners steht in notwendiger Beziehung zur Erfindung des Flaschenverschlusses mit Korken, welche dem Pater Kellermeister der Abtei von Hautvillers, Dom Pérignon, zugeschrieben wird und in die Zeit von 1670 bis 1715 fällt. Bis ins 18. Jahrh. hinein war auch der Gebrauch der Flaschen selten, und ein fester Verschluß derselben war unbekannt. Von Hautvillers scheint sich das Geheimnis der Fabrikation schnell verbreitet zu haben, und zu Anfang des 18. Jahrh. war der Champagner bereits in weitern Kreisen bekannt. In Deutschland wurde der erste Schaumwein von Häusler in Hirschberg dargestellt.
Die französische Champagnerproduktion betrug 1850: 6,706,780 Flaschen, 1881 aber 18,220,980 Flaschen. Frankreich konsumiert jährlich etwa 3, Großbritannien [* 20] 2,5, Amerika [* 21] 2,1, Rußland 1,7, Deutschland 1,5 Mill. Flaschen.
Vgl. Maumené, Indications théoriques et pratiques sur le travail des vins mousseux (2. Aufl., Par. 1873);
Tovey, Champagne, its history, manufacture, properties (Lond. 1870);
Hamm, [* 22] Weinbuch (2. Aufl., Leipz. 1874);
Braun, Champagnerweine
(das. 1880).