Challemel-Lacour
(spr. schallmell-lakuhr), Paul Armand, franz. Publizist und Politiker, geb. 19. Mai 1827 zu Avranches, wurde im Lycée St.-Louis und in der Normalschule gebildet, hielt in Paris und später zu Limoges Vorträge über Philosophie, ward aber nach dem 2. Dez. 1851 seiner freiheitlichen Ansichten wegen verhaftet und verbannt. Nach dreijähriger Abwesenheit zurückgekehrt, wirkte er als Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften (z. B. des »Temps«), wurde dann während des Kriegs 1870/71 von seinem Freund Gambetta zum Präfekten in Lyon
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ernannt und 1872 in die Nationalversammlung gewählt, wo er an der Seite Gambettas als einer der gewandtesten und wissenschaftlich gebildetsten Redner für die republikanische und antiklerikale Sache kämpfte, der er zugleich mit seiner scharfen Feder in der »République française« diente. Infolge seiner einflußreichen Thätigkeit wurde er 1876 von der Stadt Marseille zum Senator, 1879 zum Botschafter der französischen Republik in Bern ernannt und 1880 in gleicher Eigenschaft nach London versetzt. Nach dem Sturz Gambettas 1882 wieder abberufen, übernahm er 1883 im Ministerium Ferry das Portefeuille des Auswärtigen und verwickelte durch die Ablehnung des Bourréeschen Vertrags Frankreich in den Krieg mit China, trat aber schon im November zurück. Challemel-Lacour galt für einen der bedeutendsten Männer des Gambettaschen Kreises. Daneben ist er unter seinen Landsleuten einer der besten Kenner der deutschen Philosophie und ein besonderer Verehrer Schopenhauers. Er schrieb eine »Philosophie individualiste«, eine Studie über W. v. Humboldt (Par. 1864), übersetzte H. Ritters »Geschichte der neuen Philosophie« (das. 1861, 3 Bde.) ins Französische und gab die »Œuvres complètes« der Madame d'Epinay (1870) heraus.