Chaldäische
Periode, s. Chaldäa.
444 Wörter, 3'054 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Periode, s. Chaldäa.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Periode, Sarosperiode, in neuerer Zeit auch Halleysche Periode genannt, umfaßt einen Zeitraum von 6585 ⅓ Tagen oder von 18 Julianischen Jahren und 11 Tagen (zu 365 ¼ Tagen), in denen der Mond 223 synodische Umläufe zurücklegt. Da nach dieser Periode (= 242 Drachenmonaten) der Mond in Beziehung auf die Sonne, auf die Erde und die Knoten seiner Bahn wieder dieselbe Lage hat wie zuvor, so diente sie ihnen zur Zeitrechnung und zur Bestimmung der Finsternisse der Sonne und des Mondes, die nach Verlauf dieser Zeit fast genau in derselben Ordnung wiederkehren. Geminus, der 70 v. Chr. lebte, bezeichnet die ältesten Astronomen, d. i. die Chaldäer, als die Urheber der dreifachen Sarosperiode von 19756 Tagen. Wegen ihrer astron. Kenntnisse standen die Chaldäer sowohl während der Blüte als nach dem Verfall ihres Reichs in hohem Rufe, und selbst die Griechen in Alexandria nahmen die ältern Beobachtungen nicht von den Ägyptern, sondern von den Chaldäern. Auch haben wahrscheinlich die röm. Chronologen bei der Berechnung der zur Zeit von Romulus' Tod eingetretenen Sonnenfinsternisse sich der Chaldäischen Periode bedient. Die ältesten wissenschaftlich von den Chaldäern angestellten Beobachtungen betreffen nach Ptolemäus neun Mondfinsternisse, von denen eine aus dem 7. Jahre des Kambyses (16. Juli 523 v. Chr.) von Oppert in einer Keilinschrift wieder entdeckt worden ist («Zeitschr. für Assyrien», 1891, S. 103 fg.). Nach Diodor von Sicilien nahmen sie an, daß der Mond das uns nächste Gestirn sei und sein Licht von der Sonne erhalte und daß seine Finsternisse von dem Schatten der Erde verursacht würden. Nach Stobäus und Seneca hielten sie die Kometen für Planeten, die nur dann sichtbar würden, wenn sie der Erde in ihrem Laufe näher kämen. Nach dem arab. Astronomen Albategnius bestimmten sie die Länge des Sternjahres beinahe richtig zu 365 Tagen 6 Stunden 11 Minuten. Über ihre übrigen astron. Kenntnisse vgl. Artikel Babylonien (Wissenschaften, Bd. 2, S. 235 b). Einer von ihren Astrologen, Osthanes, der im Gefolge des Xerxes war, soll die chaldäische Astrologie nach Griechenland gebracht haben, wo sie, wie Cicero überliefert, zu Eudoxus' Zeit (370 v. Chr.) äußerst beliebt war. Außerdem waren die Chaldäer stark im Deuten jeglicher Omina; es giebt noch zahlreiche Keilinschriften, die in kasuistischer Weise Mißgeburten, Opfer, Vogelflug, Hundebisse und Träume erklären. Die chaldäische Astrologie breitete sich dann später, trotz der großen Verachtung, in die sie seit den Alexandrinern geraten war, so aus, daß Chaldäer, Sterndeuter, Wahrsager und Betrüger beinahe gleichbedeutend waren, und mehrere Kaiser die Chaldäer aus dem Reiche verbannten. Von den Schriften der Chaldäer ist außer zahlreichen Keilschriftdokumenten nichts auf uns gekommen. Eine gewisse Herrschaft haben allerlei, vielleicht von den Chaldäern ererbte oder nach ihnen benannte Zeichen in den dämonischen Beschwörungsformeln und Akten des Mittelalters ausgeübt.