Chaldäische
Periode, Sarosperiode
, in neuerer Zeit auch Halleysche
Periode genannt, umfaßt einen Zeitraum von 6585 ⅓
Tagen oder von 18 Julianischen Jahren und 11
Tagen (zu 365 ¼
Tagen), in denen der Mond
[* 2] 223 synodische
Umläufe zurücklegt. Da nach dieser
Periode (= 242 Drachenmonaten) der Mond in
Beziehung auf die
Sonne,
[* 3] auf die Erde und die
Knoten seiner
Bahn wieder dieselbe
Lage hat wie zuvor, so diente sie ihnen zur Zeitrechnung und zur Bestimmung
der Finsternisse der
Sonne und des Mondes, die nach Verlauf dieser Zeit fast genau in derselben Ordnung wiederkehren.
Geminus, der 70
v. Chr. lebte, bezeichnet die ältesten Astronomen,
d. i. die
Chaldäer, als die
Urheber der dreifachen Sarosperiode
von 19756
Tagen. Wegen ihrer astron. Kenntnisse standen die
Chaldäer sowohl während der
Blüte
[* 4] als nach
dem
Verfall ihres
Reichs in hohem Rufe, und selbst die Griechen in
Alexandria nahmen die ältern
Beobachtungen nicht von den
Ägyptern, sondern von den
Chaldäern. Auch haben wahrscheinlich die röm. Chronologen bei der Berechnung der zur Zeit
von
Romulus'
Tod eingetretenen Sonnenfinsternisse sich der Chaldäischen Periode
bedient.
Die ältesten wissenschaftlich von den Chaldäern angestellten Beobachtungen betreffen nach Ptolemäus neun Mondfinsternisse, von denen eine aus dem 7. Jahre des Kambyses (16. Juli 523 v. Chr.) von Oppert in einer Keilinschrift wieder entdeckt worden ist («Zeitschr. für Assyrien», 1891, S. 103 fg.). Nach Diodor von Sicilien nahmen sie an, daß der Mond das uns nächste Gestirn sei und sein Licht [* 5] von der Sonne erhalte und daß seine Finsternisse von dem Schatten [* 6] der Erde verursacht würden.
Nach
Stobäus und
Seneca hielten sie die
Kometen
[* 7] für
Planeten,
[* 8] die nur dann sichtbar würden, wenn
sie der Erde in ihrem Laufe
näher kämen. Nach dem arab. Astronomen
Albategnius bestimmten sie die Länge des
Sternjahres beinahe
richtig zu 365
Tagen 6
Stunden 11 Minuten.
Über ihre übrigen astron. Kenntnisse vgl.
Artikel
Babylonien (Wissenschaften, Bd.
2, S. 235 b). Einer von ihren Astrologen, Osthanes, der im Gefolge des
Xerxes war, soll die chaldäische
Astrologie
[* 9] nach
Griechenland
[* 10] gebracht haben, wo sie, wie
Cicero überliefert, zu Eudoxus' Zeit (370
v. Chr.) äußerst beliebt war.
Außerdem waren die
Chaldäer stark im
Deuten jeglicher Omina; es giebt noch zahlreiche
Keilinschriften, die in kasuistischer
Weise
Mißgeburten, Opfer,
Vogelflug, Hundebisse und
Träume erklären. Die chaldäische
Astrologie breitete sich dann später,
trotz der großen Verachtung, in die sie seit den
Alexandrinern geraten war, so aus, daß
Chaldäer, Sterndeuter,
Wahrsager und
Betrüger beinahe gleichbedeutend waren, und mehrere
Kaiser die
Chaldäer aus dem
Reiche verbannten. Von den
Schriften
der
Chaldäer ist außer zahlreichen Keilschriftdokumenten nichts auf uns gekommen. Eine gewisse Herrschaft haben allerlei,
vielleicht von den
Chaldäern ererbte oder nach ihnen benannte Zeichen in den dämonischen Beschwörungsformeln
und
Akten des Mittelalters ausgeübt.