Certifikat
(lat.), im allgemeinen jeder Schein, jede als Ausweis dienende schriftliche,
besonders auch amtliche Versicherung. Im Zollwesen sind die Ursprungscertifikate
(Ursprungszeugnisse) über die Herkunft
von Waren wichtig. Bestehen nämlich zwischen verschiedenen
Staaten
Verträge über Verkehrserleichterungen
und Zollbefreiungen zu Gunsten der aus dem betreffenden andern
Staate oder Gebietsteile herstammenden Waren, so erfordert
die Ausübung dieser Vergünstigung den amtlichen Nachweis, daß die Waren, für welche die Vergünstigung beansprucht wird,
in dem betreffenden andern
Staate wirklich erzeugt sind. Im deutschen Zollgebiete haben derartige
Beglaubigungen die
Firmen des
Absenders und Empfängers, das Nettogewicht der Ware, die Zahl der Frachtstücke und die Art der Verpackung anzugeben.
Die Certifikat
werden dann behufs Prüfung der Grenzzollbehörde des Bestimmungslandes übersandt und danach nebst
Begleitschein (s. d.) und der betreffenden Warenmenge an das Zollamt des
Bestimmungsortes weiter befördert; letzteres behält die Certifikat
zurück. Außerdem sind
von Bedeutung die Ausgangscertifikate
, wie sie im zollpflichtigen Warenverkehr auf fortlaufendes Conto (s. d.)
sowie auf
Meßconto (s. d.) vorkommen.
Sollen nämlich zollpflichtige Waren, die auf fortlaufendes Conto abgelassen worden
sind, nach dem
Auslande oder nach andern Packhofsstädten versendet oder zur amtlichen
Niederlage angemeldet werden, so hat
der Contoinhaber unter anderm über jede Warenpost ein Certifikat
unter seiner Handlungsunterschrift
oder der
Unterschrift des Prokuristen oder eines andern mit ausdrücklicher schriftlicher
Vollmacht versehenen Bevollmächtigten
und unter Beifügung des Handlungsstempels oder Handlungssiegels auszustellen.
Dieses Certifikat
muß enthalten: das Folium, welches dem Contoinhaber in der Contobuchhalterei gegeben ist, die fortlaufende
Nummer des bezüglichen Verkaufspostens, die Angabe der Warengattung nach Anleitung des Zolltarifs, des
Nettogewichts, des
Auslandes, aus welchem die Waren abstammen, die handelsüblichen Benennungen der Waren unter Angabe der
Zahl der
Stücke, das Folium der Verkaufs-, Versand- u. s. w.
Bücher, endlich die Versicherung an Eidesstatt, daß die gemachten
Angaben richtig seien.
Die Certifikat
sind nur vier Wochen, vom
Tage ihrer
Ausstellung an gerechnet, gültig und begründen keinen
Anspruch
auf
Abschreibung vom Conto, wenn sie dem Abfertigungsamte nach dieser Frist vorgelegt werden. Fällt der
Tag des
Ablaufs der
Gültigkeitsfrist auf einen
Sonn- oder
Feiertag, so dürfen dieselben auch am
Tage darauf noch angenommen werden.
Den Certifikat
sind die Deklarationen (s. d.) beizufügen, welche zum
Zwecke der Ausgangsabfertigung abzugeben sind. Die Inhaber von Meßconten haben über jede von ihnen verkaufte zollpflichtige
Warenpost zwei übereinstimmende Certifikat
unter
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mehr
der Handlungsunterschrift und Beifügung des Handlungssiegels auszustellen. Das eine Exemplar händigt der Verkäufer dem
Käufer ein mit der Verpflichtung, die Ware danach binnen bestimmter Frist zur Ausgangsdurchsicht zu stellen; das zweite
Exemplar hat er an das Abfertigungsamt abzugeben. Solange letzteres nicht geschehen, kann die Ausgangsabfertigung des Käufers
nicht erfolgen. Wie der Verkäufer sich dessen versichert, daß der Käufer die Ware mit dem ihm eingehändigten
Certifikat
zur Ausgangsabfertigung gestellt, ist Sache der beteiligten.
Solange diese Gestellung nicht erfolgt ist, bleibt der Verkäufer als Inhaber des Meßcontos für den Eingangszoll haftbar.
Eine dritte Gattung von Certifikat
bilden die Deklarationscertifikate
, Bescheinigungen auswärtiger Behörden (auch
Konsulate), die den Marktpreis von Waren bestätigen, bei deren Einfuhr zur Berechnung des Wertzolles (s. d.)
eine Warenerklärung erforderlich ist. Im deutschen Seerecht ist Certifikat
(Schiffscertifikat, Registercertifikat) die über die Eintragung
des Schiffs in das Schiffsregister (s. d.) von der Registerbehörde ausgestellte, mit dem Inhalt der Eintragung übereinstimmende
Urkunde.
Das Certifikat
muß auch bezeugen, daß die zur Führung der Reichsflagge und zur Eintragung in das Schiffsregister
erforderlichen Nachweisungen geführt sind, sowie daß das Schiff
[* 3] zur Führung der Reichsflagge befugt sei. Da das Certifikat
öffentlichen
Glauben genießt, wird durch dasselbe jedem Dritten gegenüber der Nachweis der Berechtigung des Schiffs zur Führung der
Reichsflagge geführt. Es bedarf hierzu heutzutage nicht mehr anderer Urkunden, deren Ausstellung früher üblich und erforderlich
war, namentlich nicht des Seepasses (s. d.) und des Bielbriefs (s. d.).
Bei der Ausgabe von Wertpapieren hat der Begriff Certifikat
sehr verschiedenartige Bedeutung erlangt. Bisweilen tragen ausgegebene
Schuldscheine diese Bezeichnung; am gangbarsten aber ist die Beziehung des Wortes Certifikat auf die Anleihen und
Schulden solcher Staaten, welche das System der Einschreibungen (s. Einschreibesystem) in das große Buch der Staatsschuld angenommen
haben. Die Gläubiger empfangen hier nicht eigentliche Schuldscheine, sondern es wird der Name eines jeden und der Betrag seiner
Forderung öffentlich gebucht.
Damit aber die Berechtigten solche Guthaben als überall brauchbare Werte benutzen, erhalten sie einen auf ihren Namen lautenden Auszug über die für sie eingetragene Forderung oder Rente. Der Gläubiger darf nun die Forderung im ganzen oder teilweise, jedoch nicht in gar zu geringen Bruchteilen, auf andere übertragen, und das Schatzamt verfährt mit Ab- und Zuschreibungen wie etwa eine Girobank, wobei ein neues Certifikat an der Stelle des frühern erteilt wird. Auswärtige Gläubiger, die nicht an dem Sitze der Verwaltung wohnen, sind freilich genötigt, wegen solcher Geschäfte entweder selbst hinzureisen und sich über ihre Person umständlich auszuweisen, oder durch einen Bevollmächtigten mit dem Schatzamte zu verkehren.
Natürlich hemmen solche Umständlichkeiten den Verkehr in derartigen Werten, und es findet sich deshalb, z. B. in Rußland, zur Erleichterung des Umsatzes die Einrichtung, daß der Gläubiger, wenn er das Certifikat über die ganze Summe im Schatzamte hinterlegt, bei letzterm um Ausfertigung von Inhaber-Teilscheinen einkommen darf, welche dann auch Certifikat heißen, die Nummer des Originals tragen und sich weiter begeben lassen. Gewöhnlich schlagen Bankiers diesen Weg ein, die dann auch die Coupons (s. d.) der von ihnen in Umlauf gesetzten Certifikat einlösen und dafür die Zinsen des auf ihre Person lautenden Guthabens empfangen.
Der Inhaber des Hauptcertifikats kann hier nicht eher eine Abschreibung von seiner Forderung bei dem Schatzamte erwirken, als bis er einen Teilschein über den Betrag der verlangten Abschreibung beibringt. Er ist dann aber auch dem Inhaber, welcher den Anspruch auf seinen Namen gebucht wissen will, die entsprechende Mitwirkung schuldig. In England findet die Ausgabe solcher Certifikat für eingetragene Stocks (s. d.) nicht statt, und ebenso sind dieselben in dem neuern deutschen Einschreibesystem (s. d.) für Staatsschulden nicht eingeführt. Seit 1863 kann man in England aber für Consols Schuldurkunden auf runde Beträge, auf Inhaber lautend und mit Zinsscheinen für 5 Jahre versehen – sog. Stock Certificates – von der Englischen Bank erhalten. Im ganzen wird aber von dieser Einrichtung wenig Gebrauch gemacht. In Holland werden die Certifikat von gewissen Firmen, den sog. Administrationskontoren ausgefertigt.
Bisweilen bedeutet Certifikat einen Interimsschein (s. d.), oder auch eine schriftliche Zusage, daß der Inhaber dieses Scheins bei einer zweiten Ausgabe von Aktien hinsichtlich der Subskription auf eine bestimmte Anzahl den Vorzug haben soll. Certifikat in diesem Sinne heißen auch Promessen. Wenn nämlich Aktiengesellschaften ihr Unternehmen vergrößern und die dazu erforderlichen Mittel durch neue Aktien aufbringen wollen, so behalten sie gewöhnlich ihren bisherigen Teilnehmern, den Inhabern der sog. Stammaktien, die Abnahme der zweiten oder jungen Aktien oder eines verhältnismäßigen Teils derselben vor.
Wer dann Stammaktien bei der Verwaltung vorlegt, bekommt darüber ein auf den Namen des Inhabers lautendes Certifikat, welches nach der Zahl jener Aktien die Zahl der zu gewährenden jungen Aktien bezeichnet. In dieser Art verwertete Stammaktien werden abgestempelt, um ihre abermalige Benutzung zur Erlangung gleicher Promessen zu hindern; das empfangene Certifikat kann aber auch andern überlassen werden und bringt mitunter schon vor Eröffnung der eigentlichen Aktienzeichnung ein Aufgeld ein.
Im englischen Konkurswesen ist Certificate
ein von den Verwaltern der Konkursmasse ausgestellter Schein über die vom Zahlungsunfähigen
bewirkte Auslieferung seines Aktivvermögens, infolge deren er des besondern Rechtsverfahrens wegen aller
vor dem Konkurs aufgenommenen Schulden enthoben ist.