(die, v. lat. centena), früher Bezeichnung
für
Bezirk,
Sprengel, besonders
Gerichts-,
Amtsbezirk, auch für die Gerichtsbehörde selbst, namentlich für ein
Kriminalgericht;
endlich auch s. v. w.
Gerichtsbarkeit. Nach der altgermanischen
Verfassung war das Land in
Gaue eingeteilt, und jeder
Gau zerfiel
wieder in mehrere Centen. Der
Gau (vicus, pagus) erscheint als ein größerer
Distrikt, in welchem ursprünglich die
waffenfähigen und stammverwandten
Männer zur
Erhaltung des
Friedens und Rechtszustandes im Innern wie nach außen in einer
politischen
Verbindung standen. Cent (im
Fränkischen auch hundreda) war ein kleinerer
Bezirk, der anfänglich 100 freie
Familien
umfaßt haben mag, daher wahrscheinlich der
Name (von
centum = 100). An der
Spitze der¶
mehr
Gauverwaltung stand als unmittelbarer Beamter oder als Stellvertreter des Königs im Gau derGaugraf (comes). Er bildete die
höchste Militärobrigkeit, führte aber auch den Vorsitz im Gericht und war Exekutivbeamter für die Rechtssachen im Gau. Jede
Cent hatte einen Centgrafen (centenarius, in Sachsen
[* 13] advocatus [Vogt], auch vicarius genannt). Diese aus der
Gaueinteilung hervorgegangene Gerichtsverfassung erhielt sich, wie die Gauverfassung selbst, während der ganzen karolingischen
Zeit.
Bald danach jedoch wurde sie erschüttert, als zunächst die Bischöfe für ihre bischöflichen Sitze und andre ihrer Kirche
gehörige Güter und nach und nach auch weltliche Fürsten ihre Besitzungen durch erlangte Immunität und Exemtion der
Gerichtsbarkeit der Gaugrafen zu entziehen wußten, und mit der Entwickelung und völligen Ausbildung der Landeshoheit im 12. und 13. Jahrh.
ward ihr gänzlicher Verfall herbeigeführt. Der Ausdruck Cent wurde jedoch als gleichbedeutend mit Gerichtsbarkeit überhaupt
beibehalten, und namentlich bezeichnete man mit hoher Cent (centena sublimis) den Blutbann, die eigentliche Kriminalgerichtsbarkeit.
Auch legte man dem Ausdruck Centgericht oft noch eine engere Bedeutung bei und nannte diejenigen gutsherrlichen Gerichte so,
welche den landesherrlichen Kriminalgerichten gegenüber die volle Kriminalgerichtsbarkeit auszuüben hatten. DaherCentherr,
der Besitzer eines Guts, mit welchem die Kriminaljurisdiktion verbunden war;