Celébes
,
eine der sogen. Großen Sundainseln im Indischen Archipel, im O. von Borneo, zu Niederländisch-Ostindien gehörig (s. Karte »Hinterindien«), [* 3]
liegt zum größern Teil im S. vom
Äquator, zwischen 5° 37' bis 1° 37' nördl.
Br. und 118° 49'
bis 125° 5' östl. L. v. Gr. und
wird im W. und
SW. von der Makassarstraße, im SO. und O. von der Molukkensee, im N. von der Celebessee
bespült. Der Flächeninhalt der
Insel (mit Einschluß der östlichen Nebeninseln, aber ohne die weithin zerstreuten
Sangir-
und Talautinseln im N. und die Saleyerinseln im S.) beträgt 197,599 qkm (3588,6
QM.). Sie besteht wesentlich aus vier großen
Landzungen, welche, die eine gerade gegen S., die andre gegen SO., die dritte
gegen
NO., die vierte gegen N. und dann, S-förmig sich krümmend, nach O. und
NO. streichend, von einem nicht umfangreichen
Kern auslaufen und drei tiefe
Golfe bilden, den von Tomini oder
Gorontalo zwischen den beiden nordöstlichen
Landzungen, in der Mitte die Tomoribai, beide gegen O. geöffnet, und den
Meerbusen von
Boni
(Sewa), welcher, nach S. sich öffnend,
die beiden südlichen
Halbinseln trennt.
Die Küste ist sehr gegliedert, und in der Mitte derselben liegen allenthalben zahlreiche größere und kleinere Inseln. Bei den Eingebornen hat die Insel keinen Gesamtnamen; die nördliche Halbinsel heißt gewöhnlich Menado und ihr östlichster Teil die Minahassa; die übrigen Glieder [* 4] führen den Namen Tanah-Bugis (Bugisenland) oder Tanah-Mangkasar (Makassarland). Die Halbinseln werden von vier auseinander laufenden Gebirgszügen durchzogen, an deren Ränder sich einiges Tiefland angeschlossen hat.
Sie erheben sich im Bobokaraeng auf der südlichen Landzunge zu 3070, in einem Berg beim Kap Dondo der nördlichen Landzunge zu 2286, im Tokala am Golf von Tomori zu 2599 m Höhe. Die nördliche Halbinsel ist namentlich in ihrem östlichen Teil (Minahassa) entschieden vulkanisch; es erhebt sich dort eine Reihe teils ausgebrannter, teils noch Spuren von Thätigkeit zeigender Vulkane, [* 5] die im Klobat mit 2019 m kulminiert. Damit zusammen hängen die häufigen und heftigen Erdbeben, [* 6] welche die Insel heimsuchen, und die Fruchtbarkeit des überwiegend aus verwittertem vulkanischen Gestein entstandenen Bodens.
Die
Gebirge der andern
Halbinseln zeigen am häufigsten Sandsteinformationen. Ein Teil des Tieflandes ist
Wald- und Buschdickicht, ein andrer bietet eine reich angebaute und dicht bewohnte Feldflur dar, auf der die
Wohnungen der
Menschen unter
Bäumen verborgen stehen. Vor allen übrigen
Inseln des Archipels genießt Celébes
noch den Vorteil eines reichen,
von der Waldung abgesonderten Weidelandes. Zahlreiche Gewässer fließen aus dem Innern zur
Küste hinab,
doch kann von großen
Flüssen bei der eigentümlichen Gestaltung der
Insel nicht die
Rede sein; am beträchtlichsten sind der
Salang und der
Solo auf den beiden südlichen
Halbinseln.
Wichtiger sind einige Landseen, so der von Tondiana in der nördlichen, der von Tempo in der südlichen Halbinsel, der durch den Tienranfluß in die Bonibai abfließt, und der von Posso im zentralen Hochland. Das Klima [* 7] ist trotz der äquatorialen Lage nicht unerträglich, da die Hitze durch die beträchtliche Bodenerhebung sowie durch die Gliederung der Insel wesentlich gemildert wird. Die Regenzeit dauert an der Westküste von Mitte November bis Mitte März, an der Ostküste von März bis Oktober.
Von Bodenschätzen kennt man
Gold,
[* 8] das durch
Waschen, besonders in der nördlichen
Halbinsel, gewonnen wird,
Kupfer,
[* 9] vorzügliches
Eisen,
[* 10] minder gutes
Zinn,
Schwefel und
Steinkohlen (nördlich von
Makassar). Die
Vegetation ist reich und üppig. An nutzbaren
Pflanzen besitzt Celébes
Sago-,
Kokos-, Areka-, Lontar- und andre
Palmen,
[* 11] ferner
Bananen, das Bambusrohr, die Mutterpflanzen
des
Benzoe und andrer Baumharze etc.; von eigentlichen
Kulturpflanzen sind
Reis,
Mais,
Kaffee und Kakao,
Indigo,
[* 12]
Maniok,
Zuckerrohr,
vorzüglicher
Tabak
[* 13] und der
Muskatnußbaum hervorzuheben.
Während Rhinozerosse,
Elefanten und die großen
Raubtiere
[* 14]
(Katzen)
[* 15] auf Celébes
fehlen, finden sich besondere
Arten
Affen
[* 16] daselbst, z. B. zwei schwarze (Papio niger und P. nigrescens) und der hier heimische
Tarsius spectrum, der von dem bornesischen verschieden ist. Zu den seltenern
Tieren gehören ferner: der
Kuskus (ein
Beuteltier),
der
Hirscheber
(Sus
Babirussa) und Anoa depressicornis (Sapi Utan), ein zwischen
Rind
[* 17] und
Antilope stehendes
Tier.
Vögel
[* 18] sind
ebenso zahlreich wie interessant. Außerdem finden sich viele
Schlangen,
[* 19]
Krokodile
[* 20] (Crocodilus biporcatus), Land- und Meerschildkröten
und verschiedene
Arten
Fische,
[* 21] der
Dugong
(Halicore),
Trepang (Holothuria) etc. Auf den
Weiden nähren sich große
Herden von
Rehen,
wilden
Büffeln,
Rindern und namentlich kleinen, aber
¶
mehr
feurigen Pferden, welche die besten im ganzen Archipel sind. Die Bevölkerung [* 23] ist, bis auf einzelne Posten von Europäern und Chinesen, malaiischen Stammes (s. Tafel »Asiatische Völker«, [* 24] Fig. 24). Als Urbewohner betrachtet man die Alfuren (s. d.), die in ihrer angestammten Wildheit an die Dajak aus Borneo erinnern und mit diesen auch den Gebrauch der Pfahlbauten [* 25] sowie die Sitte des Kopfabschneidens teilten, jetzt aber dem Einfluß der Europäer mehr und mehr anheinfallen und sich dabei als Plantagenarbeiter und namentlich auch als Soldaten brauchbar erweisen.
Ein nicht unbeträchtliche Teil, besonders auf Minahassa, hat das Christentum angenommen. Die Alfuren gehören ursprünglich zur malaiischen Rasse, sind aber stark mit Papuablut versetzt. Dagegen haben sich die gleichfalls malaiischen, 320,000 Köpfe starken Makassaren, welche im SW., und die 680,000 Individuen zählenden Bugisen, welche im Mittelpunkt der Südwestspitze und im W. der Südostspitze wohnen, von papuanischen Einflüssen rein erhalten. Aus der Vermischung mit ihnen und eingewanderten Malaien sind wahrscheinlich die Badscho oder Oranglaut hervorgegangen. Die beiden ersten haben eine Menge von Staaten gegründet, welche größere oder kleinere Bundesgenossenschaften bildeten, und in denen zum Teil weibliche Erbfolge Gesetz ist. Sie haben, freilich erst spät, den Islam angenommen, während die Badscho, welche ihr ganzes Leben als Fischer und Schiffer (meist mit Weib und Kind) auf dem Meer zubringen, Heiden geblieben sind. Die Zahl der Gesamtbevölkerung schätzt man auf etwa 1 Mill.
Von Europäern ließen sich zuerst Portugiesen auf Celébes
nieder. Sie gründeten 1525 zu Makassar ein Fort, mußten aber später
den Holländern weichen, die sich 1660 durch einen Handelsvertrag mit dem König von Makassar zu alleinigen
Herren des Platzes machten und seitdem ihre Herrschaft immer mehr befestigten. Seitdem ist, besonders infolge wiederholter
Kriege der Holländer mit einzelnen Staaten auf Celébes
(1819, 1824-1825 und 1856) sowie ihrer zwei Expeditionen gegen Boni (1859),
die ganze Insel teils unmittelbares, teils mittelbares Besitztum der Niederlande
[* 26] geworden.
Dasselbe zerfällt gegenwärtig in zwei in administrativer Hinsicht ganz voneinander getrennte Teile:
1) das Gouvernement Celébes
und Zubehör, welches den südlichen und westlichen Teil der Insel Celébes
umfaßt, begrenzt durch eine Linie,
die vom Golf von Tomori westwärts bis zur Mitte der Insel und dann nordwärts bis Kap Kandi an der Nordküste
geht, außerdem die Saleyer an der Südspitze und die Inseln Buton, Muna, Kambaina u. a. an der Südostspitze sowie Sumbawa und
den westlichen Teil von Flores, zusammen 125,586 qkm (2281, offiziell 2149,9 QM.)
mit (1883) 385,030 Bewohnern, darunter 1485 Europäer, 4336 Chinesen, 237 Araber, und der Hauptstadt Makassar,
und 2) die Residentschaft Menado, bestehend aus der nördlichen und einem Teil der mittlern Halbinsel, den Inseln im Golf von
Tomini (Togian u. a.) und den Sangir- und Talautinseln, zusammen 52,000 qkm (944,3, offiziell 1267,2
QM.) mit (1883) 541,102 Bewohnern, darunter 625 Europäer, 2613 Chinesen, 123 Araber, und der Hauptstadt
Menado.
Ein Teil des östlichen Celébes
(27,530 qkm = 500 QM.) gehört zur Residentschaft
Ternate. Als Hauptsitze europäischer Handelsthätigkeit sind Makassar (seit 1847 Freihafen), Menado und Kema zu nennen. Wichtigste
Exportartikel sind: Kaffee (der von Menado gilt dem besten Java gleich), Kokosöl und Kokosnüsse, Reis, Muskatnüsse, Baumwolle,
[* 27]
Kakao, Guano, Kattunstoffe;
zur Einfuhr kommen besonders Baumwollzeuge aus Europa [* 28] und andre europäische und chinesische Luxus- u. Bedürfnisartikel.
Vgl. Friedmann, Die ostasiatische Inselwelt, Bd. 2 (Leipz. 1869);
Lahure, Indes orientales.
L'île de Célèbes (Par. 1879).