Catullus
,
Gajus Valerius, röm. Dichter, geb. 87 v. Chr. zu Verona, [* 3] Sprößling eines alten, angesehenen Geschlechts, wurde in Rom [* 4] gebildet und verbrachte hier den größten Teil seines Lebens im Verkehr mit den hervorragendsten Geistern des damaligen Rom, wie Hortensius, Cornelius Nepos, Cicero u. a. Das Verderben seines Lebens war die von ihm unter dem Namen Lesbia besungene Clodia, vielleicht die ebenso schöne wie lasterhafte Schwester des berüchtigten Clodius und Gattin des Metellus Celer, die er noch liebte, als er sie schon verachten gelernt und aufgegeben hatte.
Ein öffentliches
Amt bekleidete Catullus
nicht, auch beteiligte er sich nicht an dem politischen
Treiben der Zeit. Doch haßte er
die
Urheber des innern
Verfalls und ihre
Kreaturen. So griff er
Cäsar, den Gastfreund seines
Vaters, und dessen liederlichen
Günstling Mamurra aufs heftigste an, suchte aber später die Verzeihung des mächtigen
Mannes nach, die ihm aufs zuvorkommendste
gewährt wurde. Catullus
starb bereits um 54. Wir besitzen von ihm noch 116 Gedichte, die bis
auf 3 in einer vermutlich nach seinem
Tod von Freundeshand veranstalteten Sammlung enthalten sind und nach Form,
Inhalt und
Charakter eine große Verschiedenheit zeigen.
Die
Mehrzahl derselben sind durch zufällige Veranlassung hervorgerufen und gehören mehr in das Gebiet der epigrammatischen
als der lyrischen
Poesie. Zum Teil erotischer Art und dann nicht selten unsre
Begriffe von
Sitte verletzend,
zum Teil aber auch voll tiefen
Gefühls, empfehlen sie sich sämtlich durch Originalität der
Empfindung, Natürlichkeit und
Schönheit des
Ausdrucks und geschickte Anwendung verschiedener griechischer
Metra. Catullus
steht an der
Spitze der römischen Dichter,
die sich in dem bezeichneten Gebiet der
Poesie zuerst versuchten und besonders die in
Rom noch wenig gekannte
erotische
Gattung mit Erfolg kultivierten.
Neben diesen kleinern Gedichten finden sich unter Catullus'
Namen noch einige größere, so die beiden Epithalamien (Hochzeitslieder),
mehrere eigentliche
Elegien, die in ihrer Art wundervolle
Klage
des
Attis, das »Ephithalamium Pelei et Thetidos«
(eine epische
Erzählung von der
Hochzeit des
Peleus und der
Thetis) und die Bearbeitung der verlornen
Elegie des alexandrinischen
Dichters
Kallimachos: »Das
Haar
[* 5] der
Berenike«. Überhaupt sind diese größern Gedichte meist griechischen
Mustern nachgebildet
oder selbst aus solchen
übertragen.
Doch auch in diesen weniger originellen
Schöpfungen gibt sich Catullus'
seltenes
Talent kund. Neuere
Ausgaben
besorgten
Döring (Leipz. 1788-92, 2 Bde.;
Altenb. 1834, mit
Kommentar und reichhaltigem
Index),
Lachmann (3. Aufl., Berl. 1874),
Roßbach
[* 6] (2. Aufl., Leipz. 1860),
Schwabe
(Gießen
[* 7] 1866),
Ellis (Oxf. 1867),
Haupt (3. Aufl., Leipz. 1868), L.
Müller (das. 1870), Bahrens (das. 1876-85, 2 Bde.),
Riese (das. 1884). Übersetzungen liegen vor von Schwenck (Frankf. 1829 und
1846),
Th.
Heyse (mit dem Urtext, Berl. 1855),
Hertzberg und
Teuffel (Stuttg. 1862),
Stromberg (in
Reimen, Leipz. 1858), Pressel
(Stuttg. 1860),
Uschner (Berl. 1867),
Westphal (»Catulls Gedichte in ihrem geschichtlichen Zusammenhang übersetzt
und erläutert«, 2. Aufl., Bresl. 1870;
»Buch der
Lieder«, Leipz. 1884).
Vgl.
Ribbeck, Catullus
, eine litterarhistorische
Skizze
(Kiel
[* 8] 1863).