Cassiodorus
,
Magnus
Aurelius
Senator, namhaft als hoher Staatsbeamter in
Italien
[* 2] unter der Herrschaft der
Goten und als
fruchtbarer Schriftsteller, geboren um 468
n. Chr. zu Scyllacium
(Squillace) in
Kalabrien aus einer angesehenen
Familie, ward von
Odoaker zum
Comes rerum privatarum
(Geheimschreiber) und bald darauf zum Finanzminister ernannt. Als
Odoaker
(493) von
Theoderich besiegt ward, trat Cassiodorus
zu letzterm über und wurde
Präfekt von Unteritalien und bald darauf
Quästor, dann
Praefectus praetorio,
Patricius, Consul (514) und hatte in diesen hohen
Stellungen die Leitung der öffentlichen
Geschäfte hauptsächlich in seiner
Hand.
[* 3]
Nach Theoderichs Tod (526) wußte er seine bei der Uneinigkeit der Goten höchst schwierige Stellung zu behaupten, und bei dem Einfall Belisars in Italien ging sein Bemühen dahin, die Italiener vom Abfall zurückzuhalten. Als die Goten jedoch Belisar unterlagen, zog er sich hochbetagt (538) nach Unteritalien in das von ihm bei Scyllacium gestiftete Kloster Vivarium (Vivarese) zurück. Hier lebte er den Wissenschaften und beförderte eine gelehrte Thätigkeit der Mönche, insbesondere das Abschreiben von Schriften der Alten, für deren Erhaltung und Studium sein Beispiel sehr wirksam war. Er starb nach 562, fast 100 Jahre alt.
Unter seinen vielen Schriften nehmen die »Variarum epistolarum libri XII« die erste Stelle ein; sie sind als Amtsschriften eine ergiebige Quelle [* 4] zur Zeitgeschichte (gedruckt Augsb. 1533). In seiner Zurückgezogenheit schrieb er: »De orthographia liber« (abgedruckt in Keils »Grammatici latini«, Bd. 6);
»De arte grammatica, ad Donati mentem«;
»De artibus ac disciplinis liberalium artium« (ein im Mittelalter beliebtes Lehrbuch über sieben Schulwissenschaften).
Sein »Chronicon« ist ein kurzer, meist in bloßen chronologische
Notizen
bestehender, für den König
Theoderich bestimmter Abriß der
Weltgeschichte von
Adam bis 519
n. Chr. Aus seinen
»Libri XII de
rebus gestis Gothorum« ist nur ein
Auszug von
Jordanis übrig. Außerdem verfaßte er
»Historiae ecclesiasticae
tripartitae libri XII« nach
Sozomenos,
Sokrates und Theodoretos (Augsb. 1472); auch wird ihm eine
Anweisung, die christlichen
Feste zu berechnen, unter dem
Titel:
»Computus
Paschalis s. de indictionibus, cyclis
Solis et
Lunae etc.«, jedoch mit zweifelhaftem
Recht, zugeschrieben. Cassiodorus'
»Opera omnia« wurden am besten herausgegeben von Garet
(Rouen
[* 5] 1679, Vened. 1729;
wieder abgedruckt in
Mignes »Patrologiae cursus«,
¶
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Bd. 69 u. 70). Er wird als Heiliger verehrt; Tag: 17. März.
Vgl. Thorbecke, Cassiodorus
Senator, ein Beitrag zur Geschichte der Völkerwanderung (Heidelb. 1867);
Franz,
M. Aurelius Cassiodorus
, ein Beitrag zur Geschichte der theologischen Litteratur (Bresl.
1872).