Titel
Cartagena
,
1) Bezirksstadt und
Festung
[* 2] ersten
Ranges in der span.
Provinz
Murcia,
[* 3] an einer tiefen
Bai des
Mittelmeers
[* 4] und
am Ausgangspunkt der
Eisenbahn von
Albacete (über
Murcia), ist von einem starken Festungswall umgeben, hat ein Stadthaus mit
maurischem
Portikus und einigen Altertümern, große Militärmagazine, ein
Theater
[* 5] und zählt mit den beiden
umfangreichen Vorstädten und dem Stadtgebiet (1884) 77,980 Einw.,
wovon
ca. 30,000 auf die eigentliche Stadt kommen. Cartagena
ist eins der drei »Departamentos
de la marina« und gleichzeitig
Kriegs- und Handelshafen.
Ersterer (La Darsena) befindet sich samt den ungeheuern Werften, Magazinen und Docks des Arsenals am südwestlichen Rande der Stadt. Im Hintergrund des Hafenbassins thronen aus einem steilen, kahlen Sandsteinhügel die Ruinen eines alten, wahrscheinlich von den Karthagern stammenden Kastells, und bedeutende neuere Festungswerke umgeben rings die Stadt und schützen den seeartigen Hafen, der, in hufeisenförmiger Gestalt von felsigen Höhen umschlossen und durch einen breiten Kanal [* 6] mit dem Meer in Verbindung stehend, der sicherste und geräumigsteder Pyrenäischen Halbinsel ist.
Sein
Durchmesser beträgt über 3 km. Vor dem Eingang liegt die
Insel Escombrera. Der Handelsverkehr von Cartagena
, welches in regelmäßiger
Dampferverbindung mit den größern spanischen Häfen und mit
Marseille
[* 7] steht, hat sich seit Vollendung
der
Eisenbahn gehoben; doch dient Cartagena
noch gegenwärtig vorzugsweise als Kriegshafen. 1883 sind im ganzen 2609
Schiffe
[* 8] mit 1,123,543
Ton. ein-, resp. ausgelaufen. Die wichtigsten Ausfuhrartikel (Gesamtwert etwa 40 Mill.
Pesetas) sind: silberhaltiges und reines
Blei,
[* 9]
Silber, Bleierz,
Eisenerz,
Esparto,
Seide,
[* 10]
Schafe.
[* 11]
Einfuhrartikel bilden insbesondere:
Kohle,
Holz,
[* 12]
Maschinen,
Gewebe
[* 13] und
Cerealien. Die
Industrie erstreckt sich
zumeist auf
Schiffbau und Schiffsausrüstung.
In den Umgebungen der Stadt liegen viele
Mahlmühlen, im O. in der Vorstadt
Santa Lucia
eine große
Glas- und eine
Silber- und Zinkhütte, wo die in den benachbarten
Bergwerken gewonnenen
Erze zum Teil verschmolzen
werden. Cartagena
ist Sitz eines
Bischofs und einiger auswärtiger
Konsulate (darunter eines deutschen). Im
NO.
der Stadt liegt der
Salzsee
Mar Menor. 9 km östlich und durch
Eisenbahn mit Cartagena
¶
mehr
verbunden liegt am Nordabhang des an der Küste streichenden Gebirgszugs (Las Herrerias) im Mittelpunkt des Minendistrikts von
Cartagena
die Bezirksstadt La Union mit (1878) 22,122 Einw. und zahlreichen systemlos betriebenen,
im ganzen etwa 10,000 Arbeiter beschäftigenden Blei- und Eisengruben sowie Bleihütten. Auch aus den vom römischen Bergbaubetrieb
verbliebenen Schlacken wird hier Blei gewonnen. Die Produktion beträgt jährlich ca. 36,000 Ton. silberhaltiges
und reines Blei.
Cartagena
ist eine Gründung der Karthager und zwar des Feldherrn Hasdrubal, von diesem 228 v. Chr. als Carago nova angelegt. Die Stadt
wurde der Hauptwaffenplatz der Karthager und erhob sich unter ihrer Herrschaft zum Mittelpunkt des Handels
zwischen Afrika
[* 15] und Spanien.
[* 16] 210 wurde Cartagena
durch Scipio der römischen Herrschaft unterworfen und war Hauptstadt der römischen
Provinz Hispania citerior und Sitz des Prätors bis zur Zeit des Augustus, der die Stadt unter dem Namen Colonia Victrix Julia
zur Kolonie erhob.
Von dem Esparto- oder Ginstergras (Spartum), das in der Gegend in Menge wucherte und auch noch heute die
dürren Berge der Umgegend bedeckt, führte E. den Beinamen Spartaria. Den Stürmen der Völkerwanderung erlag endlich die blühende
Stadt und vermochte sich seitdem nur langsam wieder zu erholen. Am siegte bei Cartagena
der nordamerikanische
Kommodore Decatur über die algierische Flotte. Im Februar 1844 erhob sich Cartagena
in den Wirren des Bürgerkriegs
und bei dem Drohen einer neuen Reaktion zugleich mit Alicante gegen die Regierung.
Die bedeutendste Rolle spielte aber Cartagena
während der anarchischen Zustände 1873. Die föderalistischen Intransigenten, welche
ihren Willen in Madrid
[* 17] nicht durchsetzen konnten, bemächtigten sich 12. Juli der Stadt und des Hafens mit
den Kriegsschiffen und nahmen die ganze Verwaltung in die Hand,
[* 18] um durch ein Schreckensregiment, für welches sogar 1500 Bagnosträflinge
bewaffnet wurden, von aus das übrige Spanien der sozialistischen Föderativrepublik zu unterwerfen.
General Contreras trat an die Spitze der Junta, welche 31. Juli Almeria und 28. Sept. Alieante bombardieren ließ, um diese Städte zum Anschluß an die Revolution zu zwingen. Das Einschreiten des deutschen Kapitäns Werner, das allerdings nachher von Bismarck inhibiert wurde, und der Engländer, welche den Insurgenten mehrere Schiffe wegnahmen, machte den Seeunternehmungen ein Ende. Die Belagerung durch die spanischen Regierungstruppen aus der Landseite begann im August 1873, auf der Seeseite im Oktober, nachdem ein Angriff der Schiffe der Insurgenten auf die spanische Flotte 11. Okt. zurückgewiesen worden. Die Ausfälle der Belagerten, mit wenig Energie unternommen, hatten keinen Erfolg. In der Stadt gingen die Vorräte zur Neige. Als Dominguez das Fort Atalaya genommen hatte und Übergabe auf Gnade und Ungnade forderte, flüchteten sich die Junta und die Sträflinge auf der Fregatte Numancia, welche die Blockade durchbrach, nach Algier; die Stadt ergab sich
2) (Cartagena
de las Indias) Hauptstadt des Staats Bolivar in der Bundesrepublik Kolumbien,
[* 19] auf einer sandigen
Landzunge gelegen und durch eine Brücke
[* 20] mit der auf einer Insel liegenden Vorstadt Jeremani verbunden. Von den alten Festungswerken
sind nur noch drei den Hafen verteidigende Forts in gutem Zustand. Die Stadt selbst hat zwar enge Straßen mit hohen Häusern,
ist aber gut gebaut und besitzt in ihrer Kathedrale und mehreren andern Kirchen und Klöstern sowie dem
ehemaligen
Haus der Inquisition (jetzt Regierungspalais) einige recht stattliche Gebäude.
Ihr Hafen ist geräumig und sicher, wird aber seit Anlage des Freihafens von Sabanilla (s. d.) an der Mündung des Magdalenenflusses
nur noch wenig besucht; neuerdings wurde eine Dampfschiffsverbindung durch den Kanal del Dique mit Honda
am obern Magdalenenstrom eröffnet. Die Stadt selbst bietet ein Bild der Verödung und hatte 1870 nur 7861 Einw. Cartagena
hat ein
Colegio (mit drei Fakultäten und Schiffahrtsschule), ein Lehrerseminar, 4 Druckereien, ein Theater und ein Krankenhaus.
[* 21] - Die
Gründung der Stadt erfolgte 1533 durch den Spanier Pedro de Heredia. Franz Drake eroberte und verbrannte sie
1585; ein Angriff der Engländer unter Admiral Vernon (1741) wurde dagegen zurückgeschlagen. Nachdem sich im Befreiungskrieg
Cartagena
den Insurgenten angeschlossen hatte, zog der spanische General Morillo im August 1815 vor die Stadt und eroberte sie nach
tapferer Gegenwehr nur durch Hunger; fünf Jahre später wurde sie von der spanischen Herrschaft wieder
befreit.