Carpeaux
(spr. -poh), Jean Baptiste, franz. Bildhauer, geb. zu Valenciennes, lernte, nachdem er eine Zeitlang Modelle für die Kunstindustrie angefertigt, bei Rude und Duret und erhielt 1854 den römischen Preis. Die Früchte seines Aufenthalts in Rom [* 2] waren der 1858 ausgestellte neapolitanische Fischerknabe, in welchem die künstlerischen Grundsätze seiner Lehrmeister noch durch ein feines Naturstudium erweitert und geläutert sind, und La palombella, die Büste einer jungen Sabinerin.
Nach einem kurzen Aufenthalt in
Valenciennes, wo er die
Büste des lachenden Mädchens ausführte, ging
er nach
Rom zurück und schuf hier die
Gruppe des von seinen vier
Söhnen und Enkeln umgebenen
Ugolino nach
Dante, welche, durchaus
naturalistisch und malerisch gehalten, zu den
Gesetzen der
Plastik in vollen
Widerspruch trat
(Bronzeguß
im Tuileriengarten zu
Paris).
[* 3] Carpeaux
, der 1862 nach
Paris zurückkehrte, suchte fortan das Ungestüm seiner naturalistischen
Tendenz
zu mildern, was ihm besonders in der
Büste der
Prinzessin
Mathilde (1863), dem Mädchen mit der
Muschel (1864), der
Statue des
kaiserlichen
Prinzen (1866) und den dekorativen
Arbeiten für den Florapavillon des
Louvre gelang.
Sein Hauptwerk,
die
Gruppe des
Tanzes an der
Fassade des Erdgeschosses der
Neuen
Oper in
Paris (s. Tafel
»Bildhauerkunst
[* 4] X«,
[* 5] Fig. 15), in welchem
sich die Lebensfülle, die dramatische
Kraft,
[* 6] aber auch die wilde Üppigkeit seiner
Phantasie am stärksten offenbaren, gab
die
¶
mehr
Veranlassung zu einer heftigen Polemik, die durch alle dem Regime des Kaisers Napoleon feindlichen Elemente genährt wurde. Als
eine Folge dieses Streits wurde ein Attentat angesehen, welches in der Nacht vom 27. zum gegen die Gruppe dadurch
ausgeführt ward, daß eine ruchlose Hand
[* 8] eine Flasche
[* 9] Tinte gegen dieselbe schleuderte. Die Flecke konnten
jedoch entfernt werden. Von Carpeaux'
spätern Werken sind die bedeutendsten: die Fontäne der vier Weltteile im Luxembourggarten,
die Statue Watteaus und die Büste von A. Dumas dem jüngern. Er starb in Courbevoie bei Paris.
Vgl. E. Chesneau, Le
[* 10] statuaire J. B. Carpeaux
(Par. 1880).