Carouge
(Kt. Genf, Linkes Ufer). 382 m. Gem. u. Stadt, am linken Ufer der Arve, 2 km oberhalb ihrer Mündung in die Rhone, mit dem rechten Ufer durch zwei Brücken verbunden. Station der Schmalspurbahn Genf-Saint Julien, zwei elektrische Strassenbahnen nach dem 1 km entfernten Genf. Hängt mit Genf durch eine lange Strasse zusammen und bildet gleichsam nur einen Vorort zur Hauptstadt. 671 Häuser, 7387 Ew., wovon 69% Katholiken und 31% Reformierte. Nahe an 50% der Bewohner sind Ortsfremde.
Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen Carouge
-Collonge. Die
Arve und - in minderem Masse - ein von
der
Drize abgezweigter Fabrikkanal liefern der stark entwickelten industriellen Thätigkeit die erforderliche Triebkraft.
Die bedeutendsten Fabrikbetriebe sind die Hochöfen von Le
Pesay, s. der Stadt; Giessereien,
Sägen, eine Korkzapfenfabrik,
Zuckerraffinerie, Brauerei, Faïencefabrik,
Mühle, Diamantschleiferei, Dynamomaschinenfabrik, mechanische Werkstätten, Holzdrehereien,
eine Gerberei; Möbel-, Karton-,
Blachen-, Pantoffel-, Zigarren- und Chokoladefabriken, Feuerwerkerei.
Zwei Kirchen (altkatholische und reformierte) und grosse römisch-katholische
Kapelle. Israelitischer Friedhof für den ganzen Kanton Genf.
Schützen-,
Turn-, Gesang- und Musikvereine, Kranken- und Unterstützungskassen. Altersasyl für Frauen, von einem besonderen
Fond unterhalten. Eine Zeitung. Römische Münzen und Inschriften.
Der
Ort Carouge
wurde im 13. Jahrhundert an der Stelle eines früheren Krankenhauses für Aussätzige,
des sog. Charoggium (keltisch carrog = Fluss,
Wildbach), gegründet und blieb bis 1786 ein kleines Dorf ohne besondere Bedeutung.
In diesem Jahre erhob der König Viktor Amadeus II. von Sardinien die Ortschaft zum Provinzhauptort, gründete Schule und
Spital, suchte durch Gewährung von Vorrechten Fremde anzuziehen, siedelte zwangsweise
Juden an, begünstigte
die industrielle Entwicklung und suchte den
Ort zum Rivalen
Genfs zu
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machen. Dieser geplante Endzweck misslang jedoch, trotzdem der schwunghaft betriebene Schmuggel den Bewohnern von Carouge
zu grossem Wohlstand verhalf. 1792 kam der Ort zu Frankreich und durch die Verträge von 1815 an Genf,
während die einstige sardische
Provinz Carouge
zusammen mit einigen weitern Dörfern im selben Jahre Frankreich angegliedert wurde, dessen
Arrondissement Saint Julien (Département de la Haute Savoie) sie heute bildet. 1834 bildete sich hier aus Polen, Italienern
und Savoyarden eine im Lande Savoyen mehrere Stunden lang plündernde Raubbande. Heimat des Generals Pacthod (1764-1830),
der an den napoleonischen Feldzügen Teil nahm, des Rechtsgelehrten Ch. Brocher (1811-1896), der Staatsmänner
und Schriftsteller Ch. Vuy (1815-1896) und Moïse Vautier (1831-1899). Hier lebte und starb der Dichter Albert Richard (1801-1888).
(Vergl. Fontaine, C. Recherches histor. sur Carouge.
Genève 1857. - Gaulieur. Annales de Carouge.
Genève 1857.)