(spr. -ssonu, lat. Carcaso), Hauptstadt des franz.
DepartementsAude und
Festung
[* 2] dritten
Ranges, liegt 103 m ü. M. an der
Aude, dem
Canal du Midi und an der
EisenbahnNarbonne-Toulouse, an der großen Naturstraße vom
Mittelmeer ins Garonnebecken und ist daher jetzt, wie im
Mittelalter,
für den
Verkehr und strategisch wichtig. Die Stadt wird durch den
Fluß in die alte und finstere, aber
durch ihre altertümlichen
Befestigungen, an welchen man die
Kriegsbaukunst vom 6. bis 14. Jahrh. verfolgen kann, äußerst
interessante
Cité oder Oberstadt (mit der
Kirche St.-Nazaire aus dem 11. Jahrh.) und die fortwährend sich vergrößernde
Unterstadt geteilt, die regelmäßige
Straßen, schöne öffentliche Gebäude (die
KirchenSt.-Michel undSt.-Vincent
aus dem 13. Jahrh., die Präfektur und das Justizpalais,
Theater
[* 3] etc.),
Markthallen,
[* 4] einen großen Platz mit
Springbrunnen (Neptunsäule)
und einen
Hafen hat.
Beide Teile sind durch den
PontVieux (12. Jahrh.) und den
Pont Neuf (1841-46 erbaut) verbunden. Den
Hafen entlang erstreckt
sich ein öffentlicher
Garten,
[* 5] und an dieStelle der alten
Gräben sind belebte
Boulevards getreten. Die
Einwohner, deren Zahl (1881) 24,194 beträgt, treiben vornehmlich Tuchfabrikation
(ca. 3000
Arbeiter) und bedeutenden
Handel
mit
Getreide
[* 6] und
Wein aus der Umgebung. Carcassonne ist Sitz des
Präfekten und
eines
Bischofs sowie eines Handelsgerichts und einer
Handelskammer.
An wissenschaftlichen Anstalten bestehen daselbst ein
Lyceum, eine
Normalschule für
Lehrer, Zeichen- und
Gesangschule, ein
Museum, ein physikalisches
Kabinett und eine
Bibliothek von 21,000
Bänden. In der
Nähe sind Marmorbrüche.
- Carcassonne ist das Carcaso der Alten, das in Gallia Narbonensis lag, und dessen Bewohner, die Tektosagen, unter
römischer Herrschaft das latinische
Bürgerrecht hatten.
Cäsar hatte hier einen
Waffenplatz und Kriegsmagazine errichtet.
Schon um 300
n. Chr. ward es Bischofsitz.
Später als das übrige
Gallien fiel Carcassonne in die
Gewalt der Westgoten, welche um 440 die
Befestigung der Stadt begannen. Bei Carcassonne schlug
König
Reccared 589 die
Franken; die
Goten hielten sich im
Besitz der Stadt, bis 724 die
Sarazenen aus
Spanien
[* 7] herüberkamen und die Westgoten verdrängten. Indessen dauerte die arabische Herrschaft nur bis 759, wo
Pippin der
Kurze ganz
Septimanien unterwarf und mit dem
Frankenreich vereinigte. Im 9. Jahrh. wurde Carcassonne Sitz von
Grafen und Vizegrafen
(Vikomten); der
erste bekannte war 970 Arnald.
2) Hauptstadt des ArrondissementsCarcassonne und des Depart. Aude, 91 km südöstlich von Toulose, an der Aude, an den Linien Toulouse-Cette
und Carcassonne-Quillan (55 km) der Franz. Südbahn und am Canal du Midi, in 103 m Höhe gelegen, hat (1891) 22816,
als Gemeinde 28235 E. Die Stadt lehnt sich an eine felsige Anhöhe, auf welcher die alte Cité oder Oberstadt mit festem
Schlosse steht. Die Werke bestehen in zwei Ringmauern; die innere, 1100 m lang, stammt in einigen Türmen aus dem 5. Jahrh.;
die äußere, 1500 m lang, aus der Zeit Ludwigs des Heiligen und Philipps des Kühnen. In neuerer Zeit
sind die Werke wieder ergänzt worden.
Die untere Neustadt,
[* 11] erst im 14. Jahrh. entstanden, ist gut gebaut und von schönen Promenaden
umgeben. Beide Stadtteile sind durch die zweifach überbrückte Aude getrennt. Die ansehnlichsten Gebäude sind die
restaurierte ehemalige Kathedrale St. Nazaire mit Glasmalereien, die Kirchen St. Michel und St. Vincent aus dem 13. Jahrh., das
Rathaus, der Justizpalast, die Präfektur, die Markthallen und das Theater. Carcassonne ist Sitz der Departementsbehörden, eines Bischofs,
des 16. Kavallerie-Brigadekommandos, hat einen Gerichtshof erster Instanz, Handelsgericht, Gewerberat, Handelskammer und eine
Bank, ein Lyceum, ein theol. und ein Lehrerseminar, Zeichenschule, öffentliche Bibliothek (21000 Bände),
zwei Zeitungen und Museum; in Garnison das 17. Dragoner- und einen Teil des 15. Infanterieregiments.
Seit 418 gehörte es zum Reiche der Westgoten, bis es 725 die Saracenen eroberten; 752 zog es Pippin der
Kleine zum Frankenreiche. Später, 836, ward Carcassonne Hauptort einer Grafschaft (unter der Lehnshoheit der Markgrafen von Toulouse).
[* 13] Diese kam 1060 an die Grafen von Barcelona, welche das Gebiet den Vicomtes von Béziers zu Lehn gaben, die Stadt aber für sich
behielten. In den Albigenserkriegen wurde Carcassonne verheert, 1209 vom Kreuzheer unter Simon von Montfort, 1226 von Ludwig VIII. erobert, 1229 an
Ludwig IX. abgetreten, 1271 mit Frankreich vereinigt; 1355 erstürmten die Engländer die Unterstadt und brannten sie nieder.
Die Liguisten bemächtigten sich 1591 der Stadt, die erst 1596 Heinrich IV. anerkannte. ‒