Caprivi
de Caprara de Montecuculi, Georg Leo von, wurde 20. März 1890 nach dem Rücktritt Bismarcks zum deutschen Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten ernannt. Die Wahl überraschte anfangs, da Caprivi de Caprara de Montecuculi nie im diplomatischen Dienste thätig gewesen war. Doch war er 1883 ebenso unvermittelt zum Chef der deutschen Admiralität berufen worden und hatte dieses schwierige Amt 5 Jahre lang mit Erfolg verwaltet; namentlich hatte er sich im Reichstag als einen sehr geschickten Redner erwiesen; er sprach kurz und knapp, mit vollster Sachkenntnis und vornehmster Ruhe und erzielte hierdurch stets eine günstige Wirkung. Diese Eigenschaften bewährte er auch als preußischer Ministerpräsident im Landtag und als Reichskanzler im Reichstag. Er trat bescheiden und zurückhaltend auf, hob die Schwierigkeit hervor, Nachfolger eines Mannes wie Bismarck zu sein, betonte, daß der alte Kurs beibehalten werden solle, fügte aber doch hinzu, daß manche Bestrebungen und Richtungen, die unter seinem Vorgänger zurückgedrängt worden seien, nun zur Geltung kommen würden. Er erfreute sich daher zunächst des Wohlwollens aller Parteien. - Die Familie Caprivi de Caprara de Montecuculi stammt nicht aus Italien, wie der Name, namentlich der Beiname Caprara de Montecuculi, andeutet; wahrscheinlich dagegen, wenn auch nicht urkundlich zu erweisen, ist die Abstammung von dem Friaulschen Geschlechte Capriva. Die nachweisbare Stammreihe des Geschlechts beginnt mit einem Andreas Kopriva, dessen Söhne Andreas und Johann Franz Kopriva 1653 in den rittermäßigen Adelstand des Reiches mit dem Beinamen »von Reichsberg und Nesselthal« und 1666 in den Freiherrenstand erhoben wurden. Der Sohn des Andreas Kopriva, der die Herrschaft Reichenberg bei Cilli in Steiermark besaß, Karl Leopold Freiherr Kapriva von Reichsberg und Nesselthal, erwarb Lanthe in Schlesien, trat in russische Kriegsdienste und fiel 1709. Sein Sohn Julius Leopold (1695 bis 1768), nach seiner Mutter lutherisch erzogen, nannte sich von Caprivi de Caprara de Montecuculi mit dem Beinamen Caprara de Montecuculi, welcher auf einer Familientradition von der Abstammung von jenem Geschlecht beruhte; seine drei Söhne traten in den preußischen Militärdienst. Einer derselben war Christian Friedrich von Caprivi de Caprara de Montecuculi, der 1821 als Oberst a. D. starb. Sein älterer Sohn fiel 30. März 1814 als Leutnant im 1. Garderegiment vor Paris, der jüngere, Julius Eduard von Caprivi de Caprara de Montecuculi, starb als Obertribunalsrat, Mitglied des Herrenhauses und Kronsyndikus 25. Dez. 1865; dessen ältester Sohn ist der jetzige Reichskanzler, der unvermählt ist und dem Fürsten Bismarck etwas ähnlich sieht; ein jüngerer Bruder ist Infanterieoberst.