Canterbury
(spr. kännterberi, das röm. Durovernum, neulat. Cantnaria), Stadt in der engl. Grafschaft Kent, liegt höchst malerisch am Stour, der 2,5 km unterhalb der Stadt schiffbar wird, und gewährt mit ihren meist engen Straßen, Spitzdächern, Giebelfenstern und hölzernen Balkonen ein altertümliches Ansehen. Canterbury hat 4 Vorstädte, 11 Kirchen, ein schönes neues Rathaus (Guildhall), Museum, eine Missionsanstalt (St. Augustin's College, ursprünglich ein vom heil. Augustin gegründetes Kloster, 1848 umgebaut) und eine Korn- und Hopfenbörse. Von den sechs alten Thoren der Stadt ist nur noch eins, das Westgate, aus der Zeit Richards II., erhalten. Unter den Kirchen sind die St. Martinskirche als die älteste (mit dem angeblichen Taufstein König Ethelberts), die St. Dunstanskirche (aus dem 14. Jahrh.) mit einem runden, an einen der viereckigen Türme angebauten Halbturm, die Kirchen St. Croß und St. George und besonders die berühmte Kathedrale hervorzuheben. Letztere ist in Form eines erzbischöflichen Doppelkreuzes erbaut und hat von O. nach W. eine Länge von 160 m, in ihren zwei Querschiffen eine Breite von 48 und 40 m. Der älteste Teil ist die um 1070 erbaute Krypta. 1174 wurde fast die ganze Oberkirche durch einen Brand zerstört und der Neubau dann bis 1182 unter Leitung Wilhelms von Sens ausgeführt. Das von ihm erbaute Chor zeigt die erste Anwendung des Spitzbogenstils in England. Die östlich daranstoßende Kapelle wurde 1220, Langschiff und westliches Querschiff 1420 und der 74 m hohe mittlere Turm im edelsten Stil erst 1495 vollendet; die an einen der westlichen Türme angebaute Vorhalle im dekorierten Stil ist von 1517. An einem Altar dieser Kirche wurde 1171 Thomas Becket ermordet, dessen kostbarer, längst verschwundener Schrein bis zur Reformation das Ziel Tausender von Wallfahrern war. Das Innere enthält wertvolle alte Glasmalereien und verschiedene bemerkenswerte Denkmäler. Canterbury ist Sitz eines Erzbischofs, der den König krönt und der erste Peer des Reichs ist, meist aber zu London im Lambethpalast wohnt; sein jährliches Einkommen beträgt 20,000 Pfd. Sterl. Canterbury hat (1881) 21,701 Einw. und treibt lebhaften Handel mit Korn, Wolle und Hopfen. Außerhalb der Stadt liegt ein künstlicher Hügel mit einem Obelisken, der Dane John heißt (Donjon?) und eine herrliche Aussicht gewährt. Die 520 m lange Terrasse auf der alten Stadtmauer dient als Promenade. - Canterbury soll der Sage nach 900
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v. Chr. von Rudilibas angelegt und von den alten Briten Caerther oder Caerkent (Stadt von Kent) genannt worden sein; bei den Römern hieß es Durovernum. Ethelbert, der fünfte König von Kent, welcher 568 die Regierung antrat, machte Canterbury zu seiner Residenz, und nach dem Übertritt der Angelsachsen zum Christentum wurde es Sitz des Erzbischofs-Primas von England. Erster Erzbischof war der heil. Augustin. Vgl. Stanley, Historical memorials of Canterbury (10. Aufl., Lond. 1883).