Canrobert
(spr. kangrobähr), Francois Certain de, Marschall von Frankreich, geb. zu St. Cerré in der Auvergne, trat 1826 in die Militärschule von St. Cyr und 1828 als Unterlieutenant in die Infanterie, kam 1835 als Freiwilliger nach Afrika [* 2] und diente dort gegen Abd el-Kader. 1839 nach Frankreich zurückgekehrt, bildete er aus übergetretenen Karlisten ein Fremdenbataillon, wurde bei der Organisation der Chasseurs d'Orléans in diese Truppe versetzt und kehrte 1841 nach Afrika zurück, wo er 1845 zum Oberstlieutenant und 1847 zum Obersten und Kommandanten des Zuavenregiments befördert wurde. In dieser Stellung schlug er den Aufstand in der Oase Zaadscha Nov. 1849 nieder, wurde 1850 zum Brigadegeneral befördert und erhielt eine Brigade der Armee von Paris. [* 3]
Bei dem Staatsstreiche vom leitete er als Adjutant Napoleons die militär. Maßregeln in der Hauptstadt und wurde zum Divisionsgeneral befördert. Im Orientkrieg nahm er teil an der Schlacht an der Alma und übernahm 26. Sept. im Lager [* 4] an der Tschernaja den Oberbefehl, als Saint-Arnaud die Armee verließ. Zerwürfnisse mit Lord Raglan veranlaßten ihn während der Belagerung von Sewastopol [* 5] seine Entlassung einzureichen, doch blieb er in der Krim [* 6] und übernahm 19. Mai wieder den Befehl über seine Division.
Aug. 1855 wurde er zurückberufen, zum Marschall ernannt und in vertraulicher Mission nach
Stockholm
[* 7] gesendet, um ein
Bündnis mit
Schweden
[* 8] abzuschließen. Als Jan. 1858 die Militärdivisionen
Frankreichs unter fünf
Generalkommandos gestellt wurden, erhielt Canrobert
das dritte in Nancy.
[* 9] Im
Italienischen
Kriege von 1859 befehligte er das 3. Korps.
Zur
Schlacht von
Magenta kam nur ein
Teil desselben. Bei
Solferino
[* 10] war Canrobert
bestimmt, die aus Mantua
[* 11] ausrückenden
Truppen des Feindes zu beobachten, und leistete dem Marschall
Niel nicht rasch genug Unterstützung, worüber es später zwischen
beiden
Generalen zu bittern Erörterungen kam.
Nach dem
Kriege kehrte Canrobert
nach Nancy zurück, erhielt aber 1861 das 4.
Armeekorps in
Lyon
[* 12] und 1865 das Generalkommando
von
Paris. Canrobert
hatte schon damals erkannt, daß das franz.
Heerwesen einer gründlichen
Reform bedürfe, weshalb er die auf dieses
Ziel gerichteten Bestrebungen des Kriegsministers Marschall
Niel thunlichst unterstützte und namentlich für möglichste
Beschleunigung der neuen Infanteriebewaffnung eintrat. Als der
Deutsch-Französische
Krieg von 1870 ausbrach, befehligte er
das 6.
Armeekorps.
Nach den ersten
Niederlagen erhielt Canrobert
9. Aug.
Befehl, sich mit der Rheinarmee bei Metz
[* 13] zu vereinigen, was ihm indes nur noch
mit einem
Teile seines Korps gelang. Canrobert
führte sein Korps in der
Schlacht bei
Vionville (16. Aug.), verteidigte 18. Aug. St. Privat
und wurde sodann in Metz eingeschlossen, wodurch er 27. Okt. in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet. Bei
Abschluß des Präliminarfriedens von Versailles
[* 14] kehrte Canrobert
nach
Frankreich zurück und nahm an der Neuformation des franz.
Heers Anteil. Später wurde er Mitglied des obersten Kriegsrats, legte aber diese
Stelle Juni 1873 nieder.
In den Verhandlungen
des Prozesses
Bazaine trat er 1873 als Belastungszeuge gegen den Angeklagten auf. Canrobert
war seit 1879 Mitglied
des franz. Senats, bewarb sich aber bei den Neuwahlen 1894 nicht wieder um ein
Mandat.