Canōva,
Antonio, ital. Bildhauer, geb. zu Possagno bei Treviso, kam zu einem Bildhauer in Bassano in die Lehre. [* 2] Seine erste eigene Arbeit, die er in seinem 17. Jahre lieferte, war eine Eurydike in halber Lebensgröße. Er kam dann auf die Akademie zu Venedig, [* 3] wo er einen Preis errang und namentlich die Statue des Marchese Poleni für Padua [* 4] lieferte. Im 23. Jahre vollendete er die Gruppe Dädalus und Ikarus, die noch durchaus die Formen des Rokokostils zeigt. Zur Belohnung für diese Arbeit sandte ihn der Senat von Venedig 1779
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mit einem Jahrgehalt von 300 Ducati nach Rom.
[* 6] Hier war die erste Frucht seines Studiums der Antike die Statue Apollos. Einen weitern
Fortschritt zeigte er in dem Minotaurenbesieger Theseus (1783), seit 1890 auf der Prachttreppe des neuen kunsthistor. Hofmuseums
zu Wien
[* 7] aufgestellt. Trotzdem bei diesem Kolossalwerke die altröm. Vorbilder sichtlichen Einfluß hatten,
konnte sich Canova
von den Banden des Rokoko nicht ganz frei machen. Seine Kunst neigt entschieden zum Anmutigen, Lieblichen,
oft süßlich Gezierten und Glatten.
Diese Eigenart trat in den Gruppen des Amor und der Psyche, Venus und Adonis und zahlreichen andern Werken der Art zu Tage. In der Statue der büßenden Magdalena, in natürlicher Größe, trieb er das Streben nach Weichheit der Darstellung auf die Spitze. Seine Versuche im Tragischen an einem rasenden Hercules, der den Lichas ins Meer schleudert, und an den Faustkämpfern Kreugas und Damoxenes (im Vatikan) [* 8] machen den Eindruck des Gesuchten und Schwülstigen. Daneben gingen die größern Arbeiten des Grabmals für Clemens XIV., welches ceremonielle Steifheit atmet, und des für Clemens XIII. (1792), das einen edlern Stil zeigt.
Seinen höchsten Triumph erreichte Canova
durch die Gruppe: Amor und Psyche, im Louvre. In den J. 1796 und 1797 arbeitete er das
Modell zu dem Grabmale der Erzherzogin Christine von Österreich,
[* 9] Gemahlin des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen,
das er 1805 in der Augustinerkirche zu Wien aufstellte, und 1803 verfertigte er die Statue Ferdinands, Königs von Neapel,
[* 10] eine seiner schönsten Arbeiten in Marmor. In den J. 1798 und 1799 begleitete Canova
den Senator Prinzen Rezzonico auf einer Reise
durch Deutschland.
[* 11]
Nach seiner Rückkehr hielt er sich einige Zeit im Venetianischen auf und malte für die Kirche seines Geburtsortes ein Altarblatt.
Dann arbeitete er in Rom den Perseus
[* 12] mit dem Haupte der Medusa, eins seiner berühmtesten Werke, dessen Formen und zarte Bearbeitung
gleichmäßig gefeiert wurden. 1802 wurde Canova
von Pius VII.zum Oberaufseher aller röm. Kunstsachen und
aller Kunstunternehmungen im Kirchenstaate ernannt, bald nachher aber von Bonaparte nach Paris
[* 13] berufen, um das Modell zu dessen
kolossaler Bildsäule zu fertigen.
Nach dem Sturze des franz. Kaiserreichs forderte Canova
1815 im Auftrage des Papstes die aus Rom entführten Kunstwerke zurück,
bei welcher Gelegenheit ihm der Charakter eines Gesandten verliehen wurde; dann ging er nach London
[* 14] und
kam 1816 wieder nach Rom, wo PiusVII. wegen seiner hohen Verdienste um die Stadt Rom seinen Namen in das Goldene Buch des Kapitols
eintragen ließ und ihn zum Marchese von Ischia
[* 15] ernannte. Canova
verwendete sein bedeutendes Privatvermögen
zur Unterstützung der Künstler in Rom, auf den Bau eines prächtigen Tempels in seinem Geburtsorte, einer Rotunde, deren Vorderseite
nach dem Pantheon von Rom gebildet ist. Canova
schmückte diese Rotunde mit einigen seiner letzten Arbeiten, z. B. mit einer Kolossalstatue
der Religion mit Kreuz
[* 16] und Schild.
[* 17] Er starb zu Venedig.
Sein Leichnam ruht in der Kirche zu Possagno. In Venedig ward ihm 1827 jenes marmorne Denkmal in der Kirche de' Frari nach einigen Umänderungen errichtet, welches er selbst für Tizian entworfen hatte. Ein anderes Denkmal ließ ihm Leo XII. 1833 in der kapitolinischen Bibliothek setzen. Von seinen Werken sind noch hervorzuheben: Die Nektar schenkende Hebe (Berlin, [* 18] Nationalgalerie);
Napoleons Mutter (Schloß Chatsworth);
Venus, aus dem Bad [* 19] steigend;
die drei Grazien (Leuchtenberg-Galerie zu Petersburg); [* 20]
sodann Alfieris Grabdenkmal mit der trauernden Italia, in der Kirche Sta. Croce zu Florenz [* 21] (s. Tafel: Italienische Kunst V, [* 5] Fig. 7);
die
Bildsäule Pius' VI. in der St. Peterskirche zu Rom. Canova
war ein Bahnbrecher der modernen, an antiken Vorbildern
genährten Bildnerei und ist als solcher wohl stark über Gebühr gefeiert worden.
Seine Statuen sind kalt und frostig, nur die genreartigen Kompositionen haben mehr um ihrer dem Rokoko nahe verwandten etwas gezierten Anmut als ihrer Klassicität willen noch jetzt ihre Bewunderer.
Biographien C.s haben geliefert: Missirini (4 Bde., Prato 1827), Cicognara (Vened. 1823), Rosini (Pisa
[* 22] 1825) und d' Este (Flor.
1864). Auch erschienen «The works of Canova»
, in Umrissen gestochen von Moses (3 Bde., Lond. 1828). -
Vgl. Albrizzi, Descrizione
delle opere di Canova
(5 Bde., Pisa 1821 -
25);
Quatremère de Quincy, Canova
et ses ouvrages (Par. 1834);