Nach der Rückkehr von da starb er in
Berlin. Canitz' Gedichte erschienen
erst ein Jahr nach seinem
Tod (1700) ohne den
Namen des Verfassers, herausgegeben von J.
^[Joachim]
Lange unter dem
Titel: »Nebenstunden unterschiedener
Gedichte« (1. Ausg. mit dem
Namen des Verfassers 1719; vollständige
Ausgabe mit der
BiographieCanitz' und historischen
Erklärungen
von König, Leipz. u. Berl.
1727). Eine Auswahl findet sich in der
»Bibliothek deutscher Dichter des 17.
Jahrhunderts«, Bd. 14 (Leipz.
1838). Canitz war zwar
frei von dem
Schwulst und der Unnatur der schlesischen Dichterschule und ausgezeichnet durch sittliche Reinheit,
doch war er keineswegs ein selbständig produzierendes
Talent, sondern hielt sich an die französischen
Vorbilder, namentlich Boileau.
Seine religiöse und politische
Richtung stimmte mit der des
Königs sehr überein. Er wünschte das Zustandekommen einer ständischen
Verfassung. In der äußern
Politik war er nicht sehr glücklich und konnte sich dem russisch-österreichischen Einfluß nicht
entziehen. Am nahmCanitz mit dem ganzen
MinisteriumBodelschwingh seine Entlassung und ward Divisionskommandeur
in
Düsseldorf.
[* 16] Im Mai 1849 erhielt er vom
MinisteriumBrandenburg
[* 17] die
Mission, in
Wien
[* 18] die Zustimmung
Österreichs zu dem von
Preußen projektierten engern
Bundesstaat zu erwirken, was ihm aber nicht gelang. Er starb in
Berlin. Er gab
heraus: »Nachrichten und Betrachtungen
über die Thaten und
Schicksale der
Reiterei in der neuern Zeit« (Berl. 1823-24, 2 Bde.)
und ist auch der Verfasser der »Betrachtungen eines
Laien über die neue Betrachtungsweise der Evangelien durch D. F.
Strauß«
[* 19] (Götting. 1838).
Friedr. Rud. Ludw., Freiherr von, Dichter, geb. zu Berlin, studierte 1671 - 75 zu
Leiden und Leipzig die Rechte, wurde 1677 Kammerjunker am Hofe zu Berlin, 1680 Hof- und Legationsrat, 1697 Geh. Staatsrat, dann Wirkl.
Geheimrat und 1698 in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Als bevollmächtigter Minister im Haag erkrankt, nahm er 1699 seine
Entlassung und starb 11. Aug. zu Berlin. Canitz' von ihm selbst nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Gedichte
zeigen reine und fließende Sprache
[* 20] und wohlgebaute Verse; sind sie auch ohne höhern dichterischen Wert, so halten sie sich
doch von dem Schwulst und der Üppigkeit der zweiten Schlesischen Dichterschule frei, und sein berühmtes Trauerlied auf den
Tod seiner Gattin Doris atmet wahres Gefühl. Seine Ideale waren die franz. Dichter zur Zeit Ludwigs XIV.,
besonders Boileau. Canitz' Gedichte gab J. Lange als «Nebenstunden unterschiedener
Gedichte» (Berl. 1700) heraus, vollständiger mit Lebensbeschreibung und Anmerkungen J. U. König («Des Freiherrn von Canitz Gedichte»,
Berl. u. Lpz. 1727 fg.),
Während des Waffenstillstandes im Sommer 1813 kehrte er in preuß. Dienste
[* 22] und zwar wieder als Generalstabsoffizier bei dem
ArmeekorpsYorks zurück und stand nach dem Kriege bei dem Generalkommando in Breslau.
[* 23] Canitz wurde 1821 Adjutant
des Prinzen Wilhelm, des Bruders Friedr. Wilhelms III., und zugleich Lehrer an der Allgemeinen Kriegsschule in Berlin. Um diese
Zeit schrieb er (anonym) ein noch jetzt wertvolles Buch: «Nachrichten und Betrachtungen über die Thaten und Schick-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
sale der Reiterei in den Feldzügen Friedrichs II. und der neuern Zeit" (2 Bde., Berl. 1823 -
24). Als Preußen 1828 in dem russ.-türk. Kriege die Vermittlerrolle übernahm, wurde er als außerordentlicher Gesandter
nach Konstantinopel geschickt. 1830 zum Chef des Generalstabes des Gardekorps sowie bald darauf zum Commandeur des 1. Husarenregiments
ernannt, befand er sich 1831 bei der ErhebungPolens gegen Rußland als preuß. Bevollmächtigter im Hauptquartier des russ.
Feldmarschalls Diebitsch. Canitz war 1833 Gesandter am kurhess.Hofe und wurde zum Generalmajor befördert.
Seit 1837 war er Gesandter in Hannover
[* 25] und Braunschweig,
[* 26] 1842 - 45 in Wien. Nach dem Tode des Ministers
von Bülow wurde Canitz im Herbst 1845 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Er führte die äußere
Politik Preußens
[* 27] in engstem Anschluß an die österreichisch-russische und wirkte auch auf die innere Politik durch seine
streng kirchliche Richtung ein. Canitz nahm gleich den übrigen Mitgliedern des Ministeriums Bodelschwingh,
seine Entlassung und wurde Mai 1849 vom GrafenBrandenburg nach Wien gesendet, um die Zustimmung Österreichs zu dem von Preußen
geplanten engern Bundesstaate zu erwirken; doch kehrte er bald unverrichteter Sache zurück und übernahm den Befehl über
die in Frankfurt
[* 28] a. O. stehende Division. Dort starb er Er gilt für den Verfasser der «Betrachtungen
eines Laien über die neue Betrachtungsweise der Evangelien des Dr. D. J. ^[korrekt: D. F. für DavidFriedrich] Strauß» (Gött.
1837). -