Ludolf, preuß. Staatsmann, geb. zu
Hünshoven im Reg.-Bez.
Aachen,
[* 2] widmete sich dem
Handel und gründete 1825 mit dem ältern
Bruder ein Bankgeschäft zu Köln,
[* 3] wo er Mitglied des
Stadtrats und der Handelskammer wurde. In verschiedenen
Schriften wirkte er als einer der ersten
in
Deutschland
[* 4] auf den
Bau von Eisenbahnen hin. 1841 rief er die Kölner
[* 5] Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft ins Leben. 1843 wählte
ihn die Stadt Köln zu ihrem
Vertreter auf dem rhein. Provinziallandtage, wo er den
Antrag auf Preßfreiheit und 1845 den auf
Vollziehung der Verordnung vom betreffend die
Bildung einer
Volksvertretung, einbrachte.
Auf dem ersten
Vereinigten
[* 6] Landtage von 1847, wo er sich zu der mehr rechts stehenden
Fraktion der liberalen Partei hielt,
beantragte er den periodischen Zusammentritt dieser Versammlung. Infolge der Märzereignisse wurde er an die
Spitze
des preuß.
Staatsministeriums berufen, geriet aber sofort in Kampf mit den demokratischen Elementen.
Als der von Hansemann ausgearbeitete Verfassungsentwurf, den C.der Nationalversammlung vorlegte, der liberalen
Majorität
nicht genügte, nahm er 20. Juni seine Entlassung.
Ende Juli wurde er
BevollmächtigterPreußens
[* 7] bei der
Deutschen
Centralgewalt in
Frankfurt;
[* 8] in dieser
Stellung vertrat er im
allgemeinen das Gagernsche Programm (s. Gagern) und suchte dasselbe mit den
Ansprüchen der Regierungen zu vereinigen; die preuß. Cirkularnote vom ist
von ihm entworfen. Als
Preußen
[* 9] die
Ablehnung der Reichsverfassung aussprach, reichte er seine Entlassung ein und verließ
Frankfurt Als Mitglied der preuß. Ersten Kammer machte er 1849 - 50 seine vermittelnde
Politik mit Erfolg geltend; im Volkshause zu
Erfurt
[* 10] verteidigte er als Referent des Verfassungsausschusses die en
bloc-Annahmeder Verfassung für den engern
DeutschenBund. In der Session der preuß. Ersten Kammer von 1850 und 1851 gehörte er zur Opposition.
Später wurde er Mitglied des preuß. Herrenhauses. Nach einer kurzen neuen
Beteiligung an der Leitung des Kölner Bankhauses
A. undL.Camphausen zog er sich ins Privatleben zurück und beschäftigte
sich auf seiner
Sternwarte
[* 11] in Rüngsdorff bei
Bonn
[* 12] mit astrophysik.
Arbeiten. Er starb in Köln.
Otto,
Bruder des vorigen, preuß. Staatsmann, geb. zu Hünshoven
im Reg.-Bez.
Aachen, studierte in
Bonn,
Heidelberg,
[* 13]
München
[* 14] und
Berlin
[* 15] Jurisprudenz und Kameralwissenschaften, trat im Herbst 1834 als
Referendar bei der Bezirksregierung zu Köln ein und wandte nun, angeregt durch seinen
Bruder Ludolf, auch dem
Handel und der
Industrie eifrige
Teilnahme zu. Nachdem er 1837 - 40 als
Assessor bei der Regierung zu
Magdeburg
[* 16] gearbeitet,
wurde er nach
Berlin als Hilfsarbeiter in das Finanzministerium bei der
Abteilung für Etats- und Kassenwesen berufen. Im Dez. 1840 ward
er an die Regierung zu Koblenz,
[* 17] im Febr. 1842 an die Regierung zu
Trier
[* 18] versetzt und bei letzterer 1844 zum Regierungsrat
ernannt.
Bald darauf wieder in das Finanzministerium nach
Berlin berufen, übernahm er die Bearbeitung der auf die
Grundsteuer bezüglichen Angelegenheiten; 1845 ward er zum
Geh. Finanzrat ernannt. Camphausen ist der Verfasser des 1847 dem
Vereinigten
Landtage vorgelegten Gesetzentwurfs wegen Einführung einer Einkommensteuer sowie der dem
Entwurfe beigefügten ausführlichen
Denkschrift. Als Mitglied derZweiten Kammer von 1849 und während der Legislaturperiode 1850 - 52 sowie
auch des
Erfurter Volkshauses von 1850 gehörte er, gleich seinem
Bruder, der gemäßigt liberalen Partei an und war namentlich
bei finanziellen Fragen als Berichterstatter thätig. Camphausen wurde 1854 zum Präsidenten der Seehandlung, 1860 zum
Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt und an
Stelle von der
Heydts mit dem
Portefeuille
der
Finanzen betraut.
Das
Budget zeigte damals ein Deficit von beinahe 5½ Mill. Thlrn., das Camphausen zum
Teil durch eine Verminderung der Schuldentilgung
deckte. Er schlug vor, die gesamte in den ältern Landesteilen bestehende 4½ prozentige und 4prozentige
Staatsschuld in eine gleichmäßige 4½prozentige Rentenschuld umzuwandeln und auf die
Tilgung derselben nicht im voraus festgesetzte
Beträge alljährlich zu verwenden, sondern mit deren Rückkauf vorzugehen, wenn und soweit es den Staatsinteressen entspreche.
In diesem
Sinne wurde dann die Rentenkonversion gesetzlich festgestellt und praktisch mit günstigem Erfolge durchgeführt.
Die bedeutenden
Mittel, die dem preuß.
Staate aus der franz. Kriegskostenentschädigung und dadurch, daß
der preuß.
Kriegsschatz nach
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
Gründung eines eigenen Reichskriegsschatzes disponibel wurde, zuflossen, verwendete Camphausen vorzugsweise zur Schuldentilgung und
zum Bau von Eisenbahnen. Am wurde er nach Roons Rücktritt zum Vicepräsidenten des preuß.
Staatsministeriums ernannt und übte als solcher während der längern Beurlaubungen des Fürsten Bismarck einen hervorragenden
Einfluß aus.
Die nach der wirtschaftlichen Krisis von 1873 immer mehr Boden gewinnende agrarische und schutzzöllnerische
Bewegung richtete ihre Angriffe auch gegen den freihändlerisch gesinnten Camphausen, und andererseits beklagte sich Bismarck über
C.sUnfruchtbarkeit auf dem Gebiete der Reform und Weiterbildung des Reichsfinanzwesens. Ein von Camphausen 1875 vorgelegtes Tabakssteuerprojekt
wies er zurück. Bei Beratung eines neuen Tabakssteuerentwurfes im Reichstage 22. und erklärte
Bismarck offen das Tabaksmonopol als sein Ideal und betonte, daß er die alleinige Verantwortung für C.sVorlagen nicht mehr
übernehmen könne.
Zwar erklärte er sich durch C.s Ausführungen, daß vorerst ein Übergangsstadium zum Monopol notwendig sei, für überzeugt;
aber Camphausen fühlte sich durch diese Vorgänge doch bewogen, 27. Febr. seine Entlassung einzureichen,
die ihm 23. März gewährt wurde. Im Herrenhaus geriet Camphausen als er den von der Regierung vorgeschlagenen
Steuererlaß bekämpfte, in eine scharfe Auseinandersetzung mit Bismarck, der ihm vorwarf, in einer Zeit des finanziellen Überflusses
zu wenig für die Zukunft gesorgt zu haben. Camphausen verteidigte sich mit dem Hinweis auf sein
Tabakssteuerprojekt von 1875. Seitdem ist Camphausen politisch nicht mehr hervorgetreten.
Darauf 1866 vom Kronprinzen von Preußen auf den böhm. Kriegsschauplatz berufen, wurde er Augenzeuge der preuß. Siege. Aus
den hier gewonnenen Eindrücken entstanden 1868 - 69 die Bilder: Eroberung einer österr. Standarte bei Nachod
(Besitz des DeutschenKaisers), Prinz FriedrichKarl auf den Höhen von Chlum mit dem Kronprinzen zusammentreffend, und König Wilhelm
bei Königgrätz
[* 38] dem Kronprinzen den Orden
[* 39] pour le mérite überreichend. Im Auftrage des Königs von Preußen führte er hierauf
die Reiterporträts Friedrichs d. Gr. und des Großen Kurfürsten aus (königl. Schloß zu Berlin), welchen 1872 das
Reiterbild Kaiser Wilhelms (Städtisches Museum zu Köln) folgte.
Der Deutsch-FranzösischeKrieg veranlaßte die Gemälde: Napoleon im Granatfeuer bei Sedan,
[* 40] Begegnung des Fürsten Bismarck
mit Napoleon, die Fahrt Napoleons zu König Wilhelm bei Sedan, das Reiterbild Kaiser Wilhelms mit der Landschaft von Gravelotte,
Kampf des 8. Husarenregiments mit Chevaulegers bei Waterloo
[* 41] 1815, die Erstürmung von Königinhof durch
das 1. Garderegiment zu Fuß, schließlich der Einzug des Kaisers Wilhelm in Berlin (1875; Berlin, königl. Schloß-Bildergalerie).
Ein großes Wandgemälde in der Ruhmeshalle zu Berlin, darstellend die Huldigung der schles. Stände im Fürstensaale zu Breslau
1741, wurde 1882 vollendet. Des Künstlers Stärke
[* 42] lag in der schlichten und gründlichen Treue seines
Vortrags, welcher freilich etwas Illustrationsartiges anhaftete. Camphausen, seit 1859 Professor an der Akademie zu Düsseldorf, auch
Mitglied der Akademien in Berlin und Wien,
[* 43] starb in Düsseldorf.