Campanella
,
Thomas, ital.
Philosoph, geb. zu Stilo in
Calabrien, studierte zu Neapel
[* 3] und
Cosenza
Philosophie. An letzterm Orte, wo die
Lehren
[* 4] des
Stifters der dortigen
Akademie,
Bernh. Telesius, lebendig waren, wurde
er dem aristotelisierenden Scholasticismus entfremdet. Wegen einiger freimütiger polit. Äußerungen ließ ihn die span.
Regierung 1599 verhaften und foltern. Er wurde 27 Jahre hindurch gefangen gehalten, bis
Urban VIII. durch
das Erbieten, ihn als
Ketzer zu richten, 1626 seine
Auslieferung bewirkte, worauf er zum Schein in die Gefängnisse der
Inquisition
zu
Rom
[* 5] gebracht, 1629 aber mit einem ansehnlichen Jahrgehalte freigelassen und von
Urban VIII. eines vertrauten Umgangs gewürdigt
wurde.
Neue Nachstellungen der
Spanier nötigten ihn, sich 1634 nach
Frankreich zu flüchten, wo man ihn
zu
Paris
[* 6] ehrenvoll aufnahm. Campanella
starb daselbst in dem Dominikanerkloster der Vorstadt St. Honoré.
Seine 82 Schriften gehören den Gebieten der Philosophie, der Naturwissenschaften, der Astronomie, [* 7] Astrologie, [* 8] Medizin, Theologie, Dogmatik, Ethik und Staatswissenschaft an. Die meisten derselben hat er im Gefängnisse verfaßt, doch wurden dieselben zum großen Teil noch vor seiner Freilassung durch den Sachsen [* 9] Tobias Adami, der ihn während der Gefangenschaft kennen gelernt hatte, auch außerhalb Italien [* 10] bekannt und in Deutschland [* 11] gedruckt; ebenso ging es mit seinen im Gefängnisse verfaßten Kanzonen und Sonetten, welche Adami u. d. T. «Scelta d' alcune poesie filosofiche de Septimontano Squilla» herausgab (später neu hg. von Orelli, Lugano 1834). Eine Auswahl daraus hat Herder als «Seufzer eines gefesselten Prometheus aus seiner Kaukasushöhle» in der «Adrastea» (Bd. 3) ins Deutsche [* 12] übertragen.
Von seinen Werken sind hervorzuheben: «De sensu rerum et magia» (Frankf. 1620; 2. Aufl., Par. 1636),
«Atheismus triumphatus, nec non de gentilissimo non retinendo» (Par. 1636; 2. Aufl. 1638),
«Civitas solis», beigegeben der
«Philosophia epilogistica realis» (Frankf. 1623; einzeln, Utr. 1643).
C.s philos.
Ansichten
beruhen zum
Teil auf dem Sensualismus des
Bernh. Telesius. Gott hat sich doppelt geoffenbart: einmal in der Natur, das andere
Mal in der
Bibel.
[* 13] Auf ersterer beruht die
Philosophie, auf letzterer der
Glaube. Die
Philosophie des Campanella
zeigt
manche
Ähnlichkeit
[* 14] mit den
Ansichten von
Cartesius und Kant; auch ist er der
Ansicht, daß das
Subjekt der Erkenntnisgrund für
das ganze Weltall ist, daß wir im
Stoff der Erkenntnis auf unsere Empfindungen beschränkt sind und daß
in der Empfindung ein aktives und passives (subjektives und objektives)
Moment enthalten ist. Die Welt läßt Campanella
in neuplatonischer
Weise durch Emanation aus der Gottheit entstehen. Eine Lieblingslehre
C.s ist diejenige von der allgemeinen Beseeltheit aller
Dinge, auf welche er seine
Ansichten von den Instinkten, Wahrsagungen und magischen
Beziehungen stützt.
C.s Verteidigung des
Katholicismus und
Papismus in der «Monarchia Messiae»
(Aix 1633) und in den «Discorsi della libertà e della
felice suggettione allo stato ecclesiastico» (ebd. 1633) verschaffte ihm die Gunst des Papstes.
Als
Vertreter der papistischen Universalherrschaft polemisiert er bei der
Aufstellung seines Staatsideals («Civitas solis»)
in heftigster
Weise gegen die von Macchiavelli vertretene Idee des von der
Kirche unabhängigen ital. Nationalstaates
(vgl. Tröbst, Der Sonnenstaat des Campanella
, Weim. 1860;
Sigwart,
Kleine
Schriften, 1.
u. 2. Reihe, Freiburg
[* 15] 1881). Eine Gesamtausgabe von
C.s Werken besorgte Alessandro
Ancona:
[* 16]
«Opere di Tommaso
Campanella»
(2 Bde.,
Turin
[* 17] 1854). -
Vgl. Luigi Amabile,
Fra Tomaso Campanella
e la sua congiura, i suoi processi
e la sua pazzia (3 Bde., Neap.
1883);
Cyprian, Vita et philosophia
Th. Campanellae
(Amsterd. 1705; 2. Aufl. 1722);
Rixner und Siber,
Thomas Campanella
(Sulzb. 1826;
als 6. Heft von «Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker im 16. und 17. Jahrh.»);
Baldachini, Vita di
Thomas Campanella
(2 Bde., Neap. 1840 -
43).