Campagna
di
Roma
[* 2] (spr. -pánja), Landstrich in Mittelitalien,
Provinz
Rom,
[* 3] begreift im engern
Sinn die
Umgebung von
Rom
oder den Unterlauf des
Tiber nebst dem des
Anio und wird in diesem
Sinn östlich vom
Albaner- und
Sabinergebirge, im N. von den
Bergzügen zwischen dem
Soracte und
Civitavecchia, im W. von der Meeresküste an der Tibermündung begrenzt.
Im weitern
Sinn rechnet man zur Campagna
noch die
Ebene, welche zwischen den
Albaner und
Volsker
Bergen
[* 4] und dem
Meer bis nach
Terracina
verläuft, und das
Thal
[* 5] des Saccoslusses, der dem
Garigliano zufließt. In dieser
Ausdehnung
[* 6] hat die
Landschaft eine
Länge von
ca. 185 km und eine größte
Breite
[* 7] von 70 km. Die
Campagna
ist wegen ihrer historischen Bedeutsamkeit das wichtigste
Flachland
Italiens.
[* 8]
Der Boden, unzweifelhaft ein ehemaliger Meeresgrund, ist aus horizontalen, zahlreiche Muscheln [* 9] umschließenden Schichten zusammengesetzt und dehnt sich in weit geschwungenen Hügelreihen hin. Die Meteorwasser haben tiefe Rinnen gegraben und steile Böschungen gebrochen; sie haben Berge stehen gelassen, Bänke und Schichten Sandes abgesetzt und aufgetürmt; die Quellen und Flüsse [* 10] haben ungeheure Travertindecken abgelagert. Hauptsächlich aber besteht die ganze Bedeckung der Ebene (bis nach Acquapendente im N. sowie aus einem schmalen Strich zwischen den Bergen und Pontinischen Sümpfen fast bis Terracina) aus Tuff, Lapilli, Puzzolanerde und zerriebenen Schlacken, welche die submarinen Vulkane [* 11] der Ebene, die hier thätig gewesen, darübergebreitet haben.
Der
Tiber schlängelt sich in einem breiten, eingenagten
Thal hindurch. In die Ränder der Tuffschicht zu beiden Seiten sind
Seitenthäler eingeschnitten, und einzelne kleine Tuffhügel (darunter die sieben
Hügel
Roms) sind im
Thal selbst isoliert stehen geblieben. Die Campagna
ist ein öder, bisher großenteils kulturloser und meist ungesunder
Landstrich, durchzogen von den erwähnten Hügelketten, die in den verschiedensten
Richtungen laufen und hier und da steil
eingeschnitten sind, mit unzähligen
Thälern und Schluchten, ohne alle
Bäume, mit
Ruinen bedeckt und von
»böser
Luft«
(Malaria) überlagert.
Schon in alter Zeit scheint zwar die nächste Umgebung von
Rom für ungesund gehalten worden zu sein; außerdem aber war die
Campagna
zur Zeit der
Römer
[* 12] erfüllt von den prachtvollsten
Villen und
Gärten, und noch in den ersten
Zeiten der
Republik standen
hier auch bedeutendere
Städte, wie
Gabii,
Fidenä,
Veji, unzählige kleine Ortschaften aber bis tief ins
Mittelalter hinein. Die unaufhörlichen Verwüstungen der E., im 5. bis 8. Jahrh. durch
Goten,
Vandalen und
Langobarden, später noch durch die
Normannen und
Sarazenen, sowie die
Bürgerkriege der
Barone brachten die
Landschaft allmählich ins tiefste
Elend, und die
Auswanderung der
Päpste nach
Avignon beschleunigte die
völlige Verödung.
Alle Anstrengungen der spätern
Päpste,
Kanalisation, Drainierung,
Kolonisation, vermochten die Campagna
nicht wieder zu heben, und
noch jetzt ist mehrere
Meilen um
Rom keine Stadt und kein Dorf zu erblicken. Das wellenförmige Land ist, mit
Ruinen, zahlreichen
Wasserleitungen, Grabmälern und andern Bauresten bedeckt, fast unbewohnt. Nur wenige
Schenken (Osterien),
Hirtenwohnungen (häufig notdürftig eingerichtete alte
Baureste), Winzerhäuser und Pachthöfe unterbrechen die unabsehbare
Einöde, auf der vereinzelt halbwilde Rinderherden, von
Hirten zu
Pferde
[* 13] bewacht, weiden.
Den
Boden bedeckt rötlichbraunes
Heidekraut, hier und da mannshoch aufgeschossener
Schierling oder
Gruppen von Farnkraut; in
den Thalsenkungen steht dichtes Wacholdergesträuch, auf den Höhenrücken wogender
Ginster.
In den kältern
Monaten gewinnt die Campagna
etwas mehr
Leben; nach den ersten Regengüssen im
Oktober schießt schnell das üppigste
Gras hervor und
bedeckt alle Höhenzüge. Dann kommen aus den sich mit
Schnee
[* 14] bedeckenden
Abruzzen und vom
Hochland
Umbriens und der Sabina
die
Hirten mit ihren
Herden in diese
Ebene herab.
Viermal im Jahr, vom
Frühling bis
Oktober, pflügen hier die Bewohner der Gebirgsstädtchen den schwarzen, fruchtbaren
Acker,
aber nur etwa ein Zehntel des gesamten
Bodens ist bis jetzt bepflanzt. Auch die
Ernte
[* 15] besorgen Leute aus den
Abruzzen, aus den
Marken und aus
Umbrien, so daß anfangs 20,000, vom Juli an 30,000
Menschen in der Campagna
arbeiten, welche die
Pachter anwerben lassen. Außer
Getreide
[* 16] wird etwas
Wein gebaut; dazu werden
Häute,
Wolle,
Käse ausgeführt. Dichte Pinienwälder
ziehen sich an der
Küste hin.
Der größte Teil der Ländereien ist
Eigentum der
Kirche, ein Drittel ist im
Besitz von 71 fürstlichen
Familien, der Rest wird als
Eigentum von etwa 1700 kleinen Besitzern bewirtschaftet. Einen Teil der südlichen Campagna
nehmen die
Pontinischen Sümpfe (s. d.) ein, die von der
Küste bei
Nettuno bis nach
Terracina reichen. Seitdem
Rom Hauptstadt des
Königreichs
Italien
[* 17] geworden ist, sind zahlreiche
Projekte entworfen worden, um die Campagna
und zunächst namentlich die
nähere Umgebung von
Rom, den sogen. Agro romano
, wieder urbar und bewohnbar zu machen.
Auch Garibaldi beschäftigte sich in seinen letzten Lebensjahren lebhaft mit dieser Frage. Doch konnte bisher der großen Schwierigkeiten wegen noch wenig geschehen. Erste Bedingung ist Regulierung der Wasserläufe, namentlich des Tiber, um Überschwemmungen und Stagnation des Wassers zu verhindern, was infolge der Waldverwüstung immer häufiger vorkommt. Eukalyptuspflanzungen, mit denen man an der Abtei Tre Fontane einen vielversprechenden Anfang gemacht hat, werden dazu beitragen, das Land von der Malaria zu befreien.
Vgl. Westphal, Die römische Kampagne topographisch und antiquarisch dargestellt (Berl. 1829);
Mantovani, Descrizione geologica della
Campagna Romana
(Turin
[* 18] 1875);
Gregorovius, Lateinische Sommer (4. Aufl., Leipz. 1878);
Gsell-Fels, Rom und Mittelitalien (2. Aufl., das. 1885);
F. Giordano, Cenni sulle condizioni fisico economiche di Roma e suo territorio (Rom 1874).