Camillus,
Marcus Furius, röm. Feldherr, aus einem röm. Patriciergeschlecht, erscheint 403 v. Chr. als Censor zum erstenmal in den röm. Magistratslisten. Im 10. Jahre des letzten Krieges gegen Veji (396) eroberte er als Diktator diese Stadt. 394 war er zum drittenmal Konsulartribun. Nach der Sage belagerte er als solcher Falerii; ein Schulmeister soll ihm die Kinder der vornehmsten Falerianer überliefert haben, Camillus aber ließ den Verräter mit gebundenen Händen unter Rutenstreichen von den Knaben zurückführen und bewog durch diese Handlung die Belagerten, sich ihm zu ergeben.
Als der Volkstribun Lucius Apulejus ihn anklagte, nach einigen, einen Teil der Beute von Veji unterschlagen, nach andern, sie ungerecht verteilt zu haben, und beim Triumph über die Stadt mit weißen Rossen gefahren zu sein, ging er freiwillig in die Verbannung. Nachdem Brennus 390 Rom bis auf das Kapitol erobert hatte, riefen ihn die nach Veji geflüchteten Römer zurück. Zum Diktator ernannt, soll er hierauf an der Spitze eines Heers von 20000 Römern zum Ersatz des Kapitols herbeigeeilt sein. Es kam zum Zusammenstoß mit den Galliern, die von Camillus besiegt wurden.
Triumphierend zog er nun wieder in Rom ein; aber die Stadt war in einen Schutthaufen verwandelt, und die Tribunen machten den Vorschlag, nach Veji auszuwandern. Camillus jedoch setzte es durch, daß Rom wieder aufgebaut wurde. Als infolge der durch die gallische Katastrophe herbeigeführten großen Schwächung Roms die Bundesgenossen der Stadt, die Latiner und Herniker, abfielen, und die Äquer, Volsker und Etrusker die Waffen gegen Rom ergriffen, besiegte sie alle und zog zum drittenmal in Rom im Triumph ein.
Zum viertenmal soll dem Camillus 384 aus Anlaß der Unruhen, die Manlius (s. d.) erregte, die Diktatur übertragen sein; er wurde von neuem Diktator, als die von den Volkstribunen Gajus Licinius Stolo und Gajus Sextius in Vorschlag gebrachten Gesetze 368 die heftigsten Unruhen erregten. Da C. nicht wagte, den nach gleichem Recht im Staate ringenden Plebejern zu widerstehen, dankte er ab. Aber schon im folgenden Jahre übertrug man ihm die Diktatur wieder, als die Gallier sich in der Nähe Roms zeigten. Camillus schlug diese bei Alba, dann vermittelte er die Annahme der Licinischen Gesetze und dadurch den Frieden zwischen Patriciern und Plebejern. Er starb 365 v.Chr. Daß die Erzählung von seinen Thaten vielfache Ausschmückungen erfahren habe, ist schon von Niebuhr nachgewiesen worden, später im einzelnen von Mommsen und Thouret. –
Vgl. Mommsen, Röm. Forschungen, Bd. 2 (Berl. 1879);
Thouret, über den gallischen Brand (Lpz. 1880).