Camĕra
lucida
(lat.,
d. i. lichte Kammer) ist ein (1809) vom Engländer
Wollaston erfundenes optisches Hilfsmittel
zum Landschaftszeichnen, das aber aus keinem kammerähnlichen Raume besteht, wie man aus seinem
Namen schließen könnte,
sondern aus einem kleinen, vierseitigen Glasprisma, dessen Winkel
[* 2] nach der Reihe 90, 67½, 135 und 67½°
betragen (s. beistehende
Skizze). Man hält dasselbe so, daß die eine, e m, der beiden einen rechten Winkel einschließenden
Flächen zuoberst und horizontal liegt, die andere,
m n, aber vertikal und den abzubildenden Gegenständen zugekehrt steht;
sieht man nun lotrecht hinunter auf die
Ecke
e der obern
Fläche e m, indem man das
Auge
[* 3] a jener
Ecke sehr nahe bringt, so erblickt
man die
Bilder der Gegenstände auf einem unter dem Prisma
[* 4] befindlichen Papier.
Dies kommt von der auf den beiden geneigten Flächen e r und r n des Prismas durch totale Reflexion bei v und w erfolgten zweimaligen Spiegelung [* 5] nach aufwärts in die eine halbe Pupille des Auges a, während man zugleich neben der Ecke e vorbei mit der andern halben Pupille nach einem horizontalen Papier und der Spitze eines Zeichenstiftes direkt hinsieht. Da hierher auch das Spiegelbild b' des Objekts b projiciert wird, so läßt sich dieses Bild nachzeichnen. Kurzsichtige müssen sich dabei eines konkaven, vor die vertikale, den Gegenständen zugewendeten Fläche m n gestellten, Fernsichtige eines konvexen, unterhalb des Prismas, an der Fassung desselben angebrachten Glases bedienen. Um das Auge nicht zu ermüden, wendet man farbige Zwischengläser an. Mittels seiner Fassung ist das Prisma an einem horizontalen Arme festgemacht, der von einer kleinen vertikalen Säule ausgeht: eine Schraubenzwinge dient dazu, das Instrument an den Tisch anzuschrauben.
Auch bei Mikroskopen und
Fernrohren läßt sich die
[* 6] Camera lucida
anbringen, um die vergrößert gesehenen
Bilder nachzuzeichnen.
Man giebt dem Prisma in solchen Fällen die Form eines rechtwinklig-gleichschenkligen Prismas, das nur eine sehr geringe
Länge und
Breite
[* 7] hat; die Spiegelung geschieht dann an der innern Hypotenusenfläche infolge der dort eintretenden totalen
Reflexion.
[* 8]
Schon vor
Wollaston hatte
Sömmerring (1808) eine Camera lucida
mittels eines sehr kleinen, unter 45°
gegen den Horizont
[* 9] geneigten Stahlspiegelchens konstruiert, bei welchem der Strahlengang ähnlich war wie bei den total reflektierenden
Prismen.