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Raum, oft ein besonderes Gebäude, für den Gottesdienst (chapel) sowie eine Bibliothek. Einige Collsgebibliotheken, besonders die von Trinity College, sind sehr reichhaltig und äußerst sehenswert; höchst interessant ist auch die Pepysan Library im Magdalene College. Ein Beispiel einer sehr alten Bibliothek, in welcher besonders wertvolle Bücher und Handschriften an die Pulte angekettet waren, ist die von Trinity Hall. [* 3] Für den Master gibt es meist ein besonderes Haus (the master's lodge), alleinstehend oder eingebaut.
Jedes College hat eine Anzahl von Hörsälen, ein Lesezimmer, ein Zimmer, in dem sich die Fellows vor und nach den Mahlzeiten versammeln (combination room), und endlich eine große Anzahl von Wohnungen für die Mitglieder des College (mindestens Stube und Schlafzimmer), doch finden längst nicht alle Studenten in den Colleges Raum, sondern etwa die Hälfte muß, obschon sie im College hall und chapel besuchen, doch in lodgings wohnen. Von den 3469 Studenten des Jahres 1890 wohnten 1827 im College, 1609 außerhalb des College und 133 gehörten keinem College überhaupt an (non collegiate students).
Von allen Colleges hat Trinity die bei weitem größte Studentenzahl: 671. Es folgen St. John's mit 328 und Caius mit 246. An der Spitze eines College steht der auf Lebenszeit gewählte Master. Ferner setzt sich die College-Gesellschaft zusammen aus den Fellows (senior und junior fellows), deren Anzahl durch die Collegestatuten festgesetzt ist, den Scholars (bessern Studenten, welche auf Grund von Prüfungen Stipendien von 40-80 Pfd. Sterl. genießen) und den Pensioners (die Mehrzahl der gewöhnlichen Studenten).
Einzelne Colleges haben daneben noch Fellow Commoners (meist ältere Studenten, welche das Vorrecht haben, mit an der erhöhten Tafel der Fellows zu speisen) und Sizars (tüchtige, arme, vom College besonders unterstützte Studenten). Der Master, die Fellows und die Scholars sind on the foundation of the College, d. h. sie beziehen regelmäßige Einkünfte vom College. Die Pensioners, Fellow Commoners und Sizars sind zahlende Mitglieder, deren Beiträge verschieden hoch bemessen sind. Zu diesen allen kommen noch in jedem College eine Reihe älterer Doktoren oder Graduates, welche, ohne Fellows zu sein, sich dem College angeschlossen haben oder früher dem College als Studenten angehörten.
Diese sind einfach members of the College, dem sie alljährlich einen kleinen Beitrag zahlen. Die Fellows sind der gesetzgebende, verwaltende und lehrende Körper des College. Sie erwählen aus ihrer Mitte den Master (eventuell auch den Vice-master), Bursar, Steward, Librarian, die Deans, Chaplains, Tutors und Lecturers. Die Fellows werden aus den besten Scholars, meist des eignen College, zunächst auf etwa 7 Jahre gewählt und beziehen jährlich meist zwischen 100 und 250 Pfd. Sterl. Gehalt.
Dieses ist gewöhnlich keine feste
Summe, sondern ein Prozentsatz des
College-Einkommens und daher starken Schwankungen unterworfen.
Falls die
Fellows sich wissenschaftlich besonders auszeichnen oder dem
College in diesen 7
Jahren in irgend einer
Stellung sich
sehr nützlich machen, können sie nach
Ablauf
[* 4] der 7 Jahre wieder gewählt und dauernd an das
College gefesselt
werden. Sie dürfen lange Zeit auf
Reisen von Cambridge
entfernt, neuerdings auch verheiratet sein.
Ihre Anzahl beträgt gegenwärtig
zwischen 350 und 400. Das
Leben im
College ist ein fröhliches, anregendes und ungezwungenes, obschon natürlich die
Studenten
sich einer bestimmten
Disziplin unterwerfen
müssen, die besonders von den
Tutors aufrecht erhalten wird;
außerhalb der Collegemauern stehen sie unter den
Gesetzen der
Universität und der
Disziplinargewalt der
Proctors.
Zur Universität stehen die Colleges etwa in demselben Verhältnis wie die Bundesstaaten zum Deutschen Reich. Sie werden pekuniär zur Unterstützung der Universität herangezogen (ihr Beitrag für 1891/92 ist auf 17,414 Pfd. Sterl. bemessen) und liefern fast ausschließlich die Lehrer und Verwaltungsbeamten für dieselbe. Für Lehrzwecke pflegen sich auch häufig mehrere Colleges zusammenzuthun und einen besonders tüchtigen Fellow als Lehrer seines Faches für die Studenten der Kartellcolleges aufzustellen. Solche Vorlesungen, durch welche viel Zeit und Energie gespart und dem Gegenstande die bestmögliche Vertretung gesichert wird, heißen Intercollegiate Lectures. Ihrer gibt es jetzt eine große Anzahl neben den eigentlichen Universitätsvorlesungen.
Früher mußte jeder Student irgend einem College angehören. Diese Bestimmung ist seit 1869 fortgefallen, doch waren von den 3469 Studenten des Jahres 1890 nur 133 non collegiate students (unter der Aufsicht eines Censor). Die Zahl der in den beiden großen Frauencolleges hier studierenden jungen Mädchen beläuft sich auf etwa 250. Die Anzahl der Studenten ist in den letzten 30 Jahren beständig gewachsen. Im J. 1862/63 betrug z. B. die Zahl der Undergraduates nur 1526. Die Zulassung der Frauen zu den höchsten Prüfungen datiert erst seit 1881.
Den Studenten wie den Graduates eigentümlich ist die mittelalterliche akademische Tracht, cap and gown, in denen sie bei allen Vorlesungen und ähnlichen offiziellen Anlässen zu erscheinen verpflichtet sind. Die Tracht ist eine Modernisierung des mittelalterlichen Baretts und Talars, die Form des cap ist einer Ulanen-Tschapka sehr ähnlich und wurde 1769 eingeführt anstatt des alten runden Baretts. Der über dem Rocke getragene schwarze, bez. blaue gown der Studenten ist kurz, der der Graduates lang herabwallend, nach Rang, Fakultät und College verschieden.
Die gowns der Doktoren sind scharlachrot. Über dem gown tragen die Graduates bei besondern Anlässen noch die schwarzseidene, mit weißer Seide [* 5] gefütterte hood (auch die Bachelors haben eine eigentümliche hood aus weißen Kaninchenfellen), und beim Gottesdienst trägt Graduate wie Undergraduate die langen, den Körper völlig bedeckenden weißleinenen surplices mit langen Ärmeln. Sonntags, und stets nach Einbruch der Dunkelheit, müssen Studenten den gown tragen.
Nachmittags zwischen 2 und 6 Uhr [* 6] erscheinen die Studenten alle in den verschiedensten bunten Spielanzügen in den Farben ihres College oder ihres Klubs. Die Anzüge bestehen meist aus buntem Flanell. Das Alter der Studenten ist durchschnittlich etwas niedriger als das ihrer deutschen Kommilitonen. Ihre Vorbildung ist sehr ungleichmäßig und fast durchweg weit geringer als die der deutschen Abiturienten, ihre Fähigkeit, wissenschaftlich zu denken und zu arbeiten, viel weniger entwickelt. Da es in England keine Maturitätsexamina gibt, müssen die Studenten sämtlich eine Universitäts-Aufnahmeprüfung bestehen (the previous examination genannt); daneben hat jedes College noch eine besondere Aufnahmeprüfung. Diese ausschließlich schriftlichen Examina sind jedoch alle sehr leicht.
Die Gesamtheit der Studenten zerfällt in zwei große, etwa gleich zahlreiche Klassen:
1) die sogen. Poll ¶
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men (von οἱ πολλοὶ, »die vielen«),
die nur wenig zu studieren und alljährlich eine sehr einfache Prüfung abzulegen
brauchen, um den gewöhnlichen B. A. (Bachelor of Arts) zu erringen, und hauptsächlich in Cambridge
einige vergnügte Jahre zu verleben
und sich mehr zum Gentleman als zum Scholar auszubilden wünschen.
2) Eine bessere Klasse von Studenten sind die Honours men, welche sich in 3-4jähriger Studienzeit hier auf die höchsten Universitätsprüfungen (triposes) vorbereiten. Es ist übrigens erwähnenswert, daß Theologen, Juristen und Mediziner in England nicht notwendigerweise Universitätsbildung zu besitzen brauchen, sondern sich auf Seminaren, bei praktischen Juristen und in großen Hospitälern theoretisch und vorzugsweise praktisch auf ihren Beruf vorbereiten können.
Die durchschnittlich erlaubte Studienzeit ist ein Triennium, das fast ausnahmslos auf derselben Universität zugebracht wird. Während desselben müssen bestimmt vorgeschriebene, alljährlich wechselnde und stets drei Jahre vor Abhaltung der Prüfung bekannt gemachte Bücher und Studiengebiete durchgearbeitet werden, und über dieselben wird im neunten term von den Kandidaten (questionists) eine in den meisten Fächern ausschließlich schriftliche Prüfung abgelegt.
Nur die besten Studenten dürfen in einem vierten Jahre noch einen weitern Wissenszweig studieren oder sich ausschließlich auf das Studium eines Lieblingsgegenstandes werfen; doch machen nur sehr wenige (zum Teil der Kosten wegen) von dieser Vergünstigung Gebrauch. Jedes akademische Jahr zerfällt in drei terms, die zusammen fast ½ Jahr ausmachen (obschon es offiziell mindestens 227 Tage sein sollen). Fleißige Studenten kommen jetzt häufig in den großen Ferien (im Juli und August) auf 6-8 Wochen zu stiller Arbeit auf die Universität zurück. Das Studium ist nicht so frei wie in Deutschland: [* 8] es ist zeitlich gebunden durch die absolute Verpflichtung, nach Ablauf von drei Jahren die Prüfung abzulegen, ferner eingeengt durch die bis ins einzelnste vorgeschriebenen Prüfungsgegenstände.
Der Studienplan wird nur selten von einem Studenten selbständig entworfen und durchgearbeitet. Der College Tutor und der College Lecturer geben die erste Anweisung, sodann in vielen Fällen bis zum Ende der Studienzeit ein Private Tutor sowie der University Professor und University Lecturer. Vorlesungen werden im ganzen prinzipiell nur sehr wenige gehört, und zwar fast ausschließlich in den Vormittagsstunden zwischen 9 und 1 Uhr. Nachmittags wird nicht gearbeitet, jeder tummelt sich in freier Luft.
Gegen Abend nehmen die Fleißigern die Arbeit wieder auf. Die Arbeitszeit der Poll men beträgt durchschnittlich täglich 2-3 Stunden, die der Honours men 6-8. Der Besuch mancher Vorlesungen wird genau kontrolliert; sie sind entweder öffentliche Universitätsvorlesungen oder College Lectures. Mehr als 10 Vorlesungsstunden in der Woche nimmt kein Student an, die meisten hören weniger. Neben den Vorlesungen und den praktischen Übungen in Seminaren und Laboratorien gehen die viel gesuchten und gegebenen Privatstunden (private tuition, private coaching) her, in denen die schwächern Studenten wöchentlich 3-6mal sämtliche vorgeschriebenen Gegenstände unter Anleitung durcharbeiten, und von denen selbst die bessern Studenten während eines Teiles ihrer Studienzeit gern Gebrauch machen.
Seminararbeit im deutschen Sinne für die besten Studenten ist in Cambridge
fast unbekannt. In den Ferien thun sich häufig mehrere
Studenten mit
einem Tutor zu einer sogen. reading party zusammen und lassen sich an einem schönen Orte Englands oder des Auslandes
nieder und verbringen ihre Ferien zwischen Arbeit und Ausflügen. Manche verleben auch die ganzen Ferien
im Auslande. Die Durchschnittskosten für das akademische Jahr (5-6 Monate) sind 150-200 Pfd. Sterl.; in einigen Colleges ist
der Aufenthalt bedeutend teurer.
Dagegen können sich Non Coll. students viel billiger einrichten; auch gewähren Scholarships, Exhibitions (kleinere Stipendien),
Sizarships, Prices den weniger bemittelten tüchtigen Studenten wesentliche Hilfe, ungleich viel mehr als
in Deutschland durch Stipendien geschieht. Die in England zu einem nationalen Übel gewordenen Konkurrenzprüfungen sind natürlich
auch in Cambridge
äußerst zahlreich. Es gibt Universitätsprüfungen jeder Art, Collegeprüfungen, Prüfungen für Preise, für
Stipendien, für Fellowships, jährlich für jeden Studenten mindestens eine, wodurch die ruhige Arbeit
um der Erkenntnis willen oft ganz ungebührlich unterbrochen und zurückgedrängt wird.
Die Fragebogen für die einzelnen Prüfungen werden gedruckt und sind später, oft zugleich mit dem amtlichen Bericht der Examinatoren, käuflich zu haben. Sie sind dadurch von größtem Einfluß auf die Entwickelung des Studiums, werden aber häufig auch Gegenstand geistloser Einpaukerei. Zu eigner wissenschaftlicher Leistung gelangt unter dem jetzigen System der Vorbereitung auf einen tripos und die competitive examinations fast nie ein Student; nur einige wenige B. A. arbeiten nach abgelegter Prüfung und erlangtem Grade und Fellowship wirklich erfolgreich wissenschaftlich weiter.
Die Erholungen und Vergnügungen der Studenten sind sehr zahlreich, die Spielplätze prächtig gelegen, und eine Reihe schöner Boothäuser der Ruderklubs erheben sich am Unterlauf des Cam. Die beliebtesten Spiels sind: Lawntennis, Cricket, Football, Golf und Polo. Dazu kommen die Sports: Rudern, Schwimmen, Reiten, Fahren, Jagen. Manche Studenten bringen ihre eignen Reitpferde mit und nehmen auf ihnen an den großen Fuchsjagden teil. Reiten und Fahren ist auch ein beliebtes Vergnügen mancher Studentinnen, welche täglich sich regelmäßig körperliche Bewegung machen.
Auch im Wettlauf sowie auf dem Zwei- und Dreirad üben täglich viele Studenten, oft in leichtester Kleidung, ihre Kräfte.
Manche Studenten treten als Freiwillige in das University Rifle ein, wo sie an mehreren Nachmittagen der
Woche auf einige Stunden von Unteroffizieren der Armee gedrillt werden. Abends finden die Studenten sich wieder in Klubs jeder Art
zusammen, University sowie College Clubs, in der Debating Society der Union, den Musical Societies, Dramatic Clubs etc. Dazu
kommen viele Bälle, Konzerte und Theater
[* 9] (Cambridge
hat kein stehendes Theater), besonders von Ende Mai bis Mitte
Juni, dem Schluß des akademischen Jahres. Fast alle Abendvergnügungen der Studenten finden in ihren Colleges oder Privathäusern
statt, zu denen man auch die Klubhäuser rechnen kann. Besuch von Kneipen, Komment, Kommers, Exkursionen mit Dozenten sind
unbekannt. Mit dem deutschen Studentenleben hat das Leben der Studenten von Oxford
[* 10] und Cambridge
sehr wenig Ähnlichkeit.
[* 11] Es gibt keine
Korps, Burschenschaften, Mensuren und Duelle, dagegen weit mehr männliche Sports als in Deutschland.
Nach dreijährigem Studium und Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen erlangt der Student (im ersten Jahre »freshman«, im zweiten »junior soph«, ¶
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im dritten »senior soph«) den Grad eines Bachelor (of Arts, of Law etc.) mit oder ohne honours, je nachdem er ein tripos examen
oder nur die zwei Prüfungen für den ordinary degree (general examination, special examination) gemacht hat. Nach weitern
drei Jahren, während deren er jedoch nicht in Cambridge
zu wohnen braucht, wird er dann ohne weitere
Prüfung, nur nach Entrichtung einer gewissen Summe an die Universität, zum Master (of Arts etc.) befördert und kann als solcher
unter gewissen Bedingungen Mitglied des Senats und sogar der Electoral Roll werden.
Der Doktorgrad wird auf Antrag seitens des Doktoranden diesem von der Universität auf Grund hervorragender
wissenschaftlicher Werke und nach Einholung eines Gutachtens des betreffenden Special Board ohne weitere Prüfung, nur gegen
Entrichtung vorgeschriebener Gebühren, verliehen. Die deutschen Doktorprüfungen mit Dissertation, Rigorosum und Disputation
sind in Cambridge
unbekannt; die Doktoren haben in Cambridge
eine bevorzugte Stellung und sind ohne Ausnahme erheblich älter
als die meisten deutschen Gelehrten, wenn sie den Grad erringen. Ein in Cambridge
erworbener Universitätsgrad wird nach Erfüllung
einer kleinen Förmlichkeit auch von Oxford anerkannt und umgekehrt. Außerdem verleiht die Universität alljährlich eine
gewisse Anzahl von Graden »honoris causa«. Dissertationen werden nur an einigen wenigen Colleges von den Bewerbern um
Fellowships gefordert, aber fast nie durch den Druck bekannt gemacht.
In der verschiedensten Weise hat sich die Universität nicht nur um die Erziehung der ihr aus dem ganzen britischen Weltreiche
zuströmenden jungen Leute, sondern auch um die Nationalerziehung verdient gemacht. Es gibt in England keinen Unterrichtsminister
und für die höhern Schulen keinen einheitlichen Lehrplan. Seit 33 Jahren (1858) hat nun die Universität
eine Reihe verschieden schwerer, nach wohldurchdachtem Plan entworfener sogen. Local Examinations eingerichtet und in großartiger
Ausdehnung
[* 13] durchgeführt und damit einer bedeutenden Anzahl von Schulen durch die von der Universität gestellten wissenschaftlichen
Anforderungen die Lehrziele für die verschiedenen Altersstufen bezeichnet. Viele vorzügliche Schulbücher
sind von tüchtigen Cambridger
Gelehrten zur Vorbereitung auf diese Prüfungen verfaßt. Viele Tausende von Schülern und Schülerinnen
unterziehen sich alljährlich denselben, und z die Leistungen der Schulen haben sich infolge dieser Prüfungen wesentlich gebessert.
Daß mit diesem System anderseits mancherlei Nachteile unvermeidlich verbunden sind, läßt sich natürlich
nicht leugnen.
Man unterscheidet: Junior Local (für Kandidaten unter 16 Jahren), Senior Local (unter 18 Jahren), Higher Local Examinations (über 18 Jahre), auch ist neuerdings eine Prüfung zur Erlangung von Commercial Certificates eingerichtet worden, diese letztere freilich bisher ohne sonderlichen Erfolg. Im Dezember 1891 wurden allein in den Senior und Junior Examinations (den beiden größten) 9990 Kandidaten geprüft. Von diesen waren Seniors 2030, Juniors 7960; Knaben 5962, Mädchen 4028. Ferner werden auf Wunsch ganze Schulen von aus inspiziert und über die Anstalt dann ausführlich berichtet. Im J. 1890 wurden 105 Schulen auf diese Weise examiniert.
Eine Anzahl andrer, meist größerer Schulen, welche eine beträchtliche Anzahl von Knaben für die Universität
vorbereiten, werden (seit 1873) von Cambridge
in Gemeinschaft mit Oxford geprüft (Oxford
and Cambridge School Examination Board). Diese
wichtigen Prüfungen wurden später (1876) auch auf die höchsten Mädchenschulen ausgedehnt. Seit 1879 werden auch zur Vorbildung
künftiger Lehrer regelmäßige (bisher schwach besuchte) pädagogische Kurse und im Anschluß an diese
Prüfungen abgehalten und Zeugnisse verliehen, welche von Wert sind, da es für das höhere Lehrfach keine Staatsprüfungen
(und -Stellen) gibt.
Die höhere und höchste Frauen- und Mädchenbildung wird seit vielen Jahren (1868) in Cambridge eifrig gefördert. Nicht nur werden Mädchen zu allen Local Examinations zugelassen, sondern die Studentinnen von Girton College und Newnham College dürfen auch die Universitätsvorlesungen besuchen und sich (ausschließlich) den höchsten Prüfungen unterziehen. Das Benehmen sowie die Erfolge der jungen Studentinnen sind äußerst lobenswert gewesen. Endlich war Cambridge die erste englische Universität, welche (seit 1867, und besonders seit 1873) höhere Bildung den Angehörigen der mittlern und untern Klassen, welche die Universität nicht besuchen können, gleichsam vors Haus trägt.
Seit 18 Jahren entsendet Cambridge eine Anzahl junger, redegewandter Graduates in größern und kleinern Städten über gewisse Gegenstände eine Reihe zusammenhängender wissenschaftlicher Abendvorträge zu halten, an die sich unmittelbar darauf eingehende Diskussionen und Beantwortung der seitens der Zuhörer gestellten Fragen knüpfen. Die bessern Schüler, oft gereifte Männer aus allen Klassen, Bürger und Arbeiter (es gibt auch besondere Arbeiterklassen), beantworten schriftlich eine Reihe von Fragen, welche vom Lehrer gestellt und deren Beantwortung mit Erläuterungen versehen zurückgegeben werden. In dieser Weise wird der Gegenstand gründlich durchgearbeitet und die gemachten Fortschritte und gewonnenen Kenntnisse schließlich durch ein Prüfung festgestellt, auf Grund deren von der Universität Zeugnisse verliehen werden.
Die Bewegung ist in kürzester Frist außerordentlich angewachsen und erfreut sich überall der größten Beliebtheit und Anerkennung. Im J. 1885/86 besuchten ca. 8000 Zuhörer die an 50 verschiedenen Centres gehaltenen Vorlesungen. Andre wichtige Hochschulen Englands sind dem Beispiel von Cambridge gefolgt (London [* 14] 1876, Oxford 1885) und das University Extension Movement ist ein gerechter Stolz der Cambridger Schule. Mitten im geistigen Leben der Nation stehend, es leitend und ihm neue Bahnen weisend, ist Cambridge mit einer Reihe wichtiger Reformen im Geiste der Neuzeit der Schwesteruniversität vorangegangen und eifrig damit beschäftigt, während es, die lebensfähigen sorglich schont, die veralteten Überbleibsel mittelalterlicher Einrichtungen zum Besten der frisch aufblühenden modernen Studien zu beseitigen.
Litteratur.
»Statutes of the University of and for the Colleges therein, made, published and approved (1878-82) under the Universitites of Oxford and Cambridge Act, 1877« (Cambr., Pitt Press, grundlegend für die Verfassung);
»Ordinances of the University of Cambridge«, (Pitt Press, Sonderbestimmungen durch Senatsbeschluß);
»Compendium of University Regulations for the use of persons in statu pupillari« (Cambr. 1889);
»Cambridge University Reporter« (das offizielle Universitätsblatt, erscheint im term mindestens einmal wöchentlich);
»Cambridge University Calendar« (erscheint seit fast 100 Jahren jährlich im Oktober in Cambridge; nicht offiziell, aber sehr zuverlässig und umfassend, ¶