Titel
Cambrai
1)
Arrondissement im franz. Depart. Nord, hat 893,34 qkm,
(1891) 197535 E., 118 Gemeinden und zerfällt in die 7 Kantone: Cambrai-Est
(88,91 qkm, 23175 E.), Cambrai-Ouest (78,92 qkm, 26924 E.),
Carnières (101,78 qkm, 30980 E.),
Le Cateau
[* 2] (159,18 qkm, 31052 E.), Clary (137,31 qkm, 34749 E.), Marcoing
(199,59 qkm, 24932 E.),
Solesmes (127,65 qkm, 25723 E.). - 2) Cambrai
,
Cambray, deutsch
Camerik oder Kambryk, Hauptstadt des
Arrondissements
Cambrai
, Festung
[* 3] und Kriegsplatz zweiter
Klasse, 72 km südöstlich von Lille,
[* 4] in 53 m Höhe, an der Schelde, welche in drei
Armen
die Stadt durchzieht, am Anfange des
Kanals von St. Quentin und an den Linien Busigny-Somain, Cambrai
-Belg.
Grenze (56 km), St. Just-Epehy-Douai der
Franz. Nordbahn und der
Lokalbahn Cambrai
-Catillon (36 km), ist ein schöngebauter Ort
mit Giebelhäusern, hat (1891) 14360, als Gemeinde 24122 E., in Garnison das 1. Infanterie- und 4. Kürassierregiment,
ein schönes
Stadthaus, feste, von alten runden
Türmen flankierte
Mauern, eine Citadelle und eine jetzt restaurierte
Kathedrale
mit dem Grabmal Fénélons. Cambrai
ist Sitz eines 1841 wiederhergestellten Erzbistums, eines
Handels- und zweier Friedensgerichte,
einer Gewerbekammer, einer Filiale der
Bank von Frankreich und des Kommandos der 2. Infanteriebrigade, hat ein
Kommunal-Collège, 2 bischöfl.
Seminare, 7 Klöster, Museum, Bibliothek (35000 Bände, 1230 Manuskripte), eine Statue von Baptiste, dem Erfinder der Batistgewebe, ein Militärhospital, Theater, [* 5] mehrere gelehrte Gesellschaften und drei Zeitungen. Die Industrie ist seit alter Zeit sehr bedeutend, namentlich in Batistleinwand, den sog. Cambricstoffen oder Kammertuch, feinen Baumwollgeweben, baumwollenen Spitzen und Tülls (jährlich für 8½ Mill. Frs.), Lederwaren, Zucker [* 6] und Seife. Außerdem bestehen Leinen- und Baumwollspinnerei, Salz- und Ölraffinerie, Bierbrauerei, [* 7] Brennerei; Handel mit Getreide, [* 8] Ölsaat, Hanf, Hopfen, [* 9] Wolle, Rindvieh, Butter, Steinkohlen und den eigenen Fabrikaten.
Cambrai
, das alte
Cameracum, unter den
Römern eine der bedeutendsten
Städte
Galliens, besaß
Amphitheater,
Paläste und
Wasserleitungen. Es kam im 5. Jahrh. in den
Besitz der
Franken, deren König Ragnachar 481 - 509 hier herrschte. Später bildete
es mit seinem Gebiet
(Cambrésis) eine
Grafschaft, welche König
Heinrich I. nach dem Erlöschen des gräfl.
Geschlechts an den
Bischof von Cambrai
verlieh, und die bis zum 17. Jahrh. zum
Deutschen
Reiche gehörte, obwohl die Diöcese im Erzbistum Reims
[* 10] lag.
Unter
Ludwig XIV. erfolgte 1679 nach dem Frieden von Nimwegen
[* 11] die
Vereinigung
C.s mit
Frankreich.
In C. wurde zwischen
Papst Julius II.,
Kaiser Maximilian I.,
Ludwig XII. von
Frankreich und Ferdinand dem
Katholischen das
Bündnis (die
Ligue von Cambrai
) gegen
Venedig,
[* 12] und zwischen
Frankreich und
Spanien
[* 13] der sog. Damenfriede (durch Margareta, die verwitwete
Herzogin von Savoyen, Statthalterin der
Niederlande,
[* 14] und Luise, die verwitwete Herzogin von
Angoulême,
Mutter
Franz' I.) abgeschlossen,
in welchem
Frankreich gegen Verzicht auf
Italien
[* 15] sowie auf
Artois und Flandern das Herzogtum
Burgund wieder
erhielt.-
Vgl. Bouly, Histore-de Cambrai
et du
Cambrésis (2 Bde., Cambrai
1843);
Lécluselle, Histoire de Cambrai
depuis 1789 (2 Bde.,
ebd. 1875);
E. Hoeres, Das
Bistum Cambrai
und die
Entwicklung der
Kommune (Lpz. 1882).