Calas
(spr. -las), Jean, ein Opfer des Religionsfanatismus, geb. als Protestant zu Lacaparède bei Chartres, lebte in Toulouse [* 2] mit seiner Familie als unbescholtener Kaufmann. Am wurde sein ältester Sohn im Magazin erhängt gefunden. Derselbe war seit einiger Zeit schwermütig gewesen, da er aber angeblich katholisch geworden war oder es doch werden wollte, so wurde der Vater beschuldigt, ihn aus Religionshaß ermordet zu haben. Die ganze Familie wurde darauf gefänglich eingezogen.
Die
Mönche thaten alles, um das
Volk aufzureizen: sie bestatteten den
Leichnam aufs pomphafteste und priesen
den
Toten als
Märtyrer des katholischen
Glaubens. Vergeblich beteuerte Calas
seine Unschuld, das durch Volkstumulte eingeschüchtert
Parlament erklärte ihn, wiewohl mit schwacher Stimmenmehrheit, des
Mordes überführt und verurteilte ihn zum
Tode durchs
Rad
von unten auf nach vorhergegangene
Folter. Dieses
Urteil wurde vollzogen. Calas
starb mit seltener
Standhaftigkeit und beteuerte bis zum letzten Atemzug seine Unschuld.
Sein
Vermögen wurde eingezogen; die
Kinder brachte
man in ein
Kloster. Die
Witwe zog mit einem der
Söhne nach Genf,
[* 3] wo sie viele
Freunde
fand. Besonders nahm sich
Voltaire der
Sache an, brachte den
Prozeß durch seine
Schrift
»Sur la tolérance
à cause de la mort de
Jean Calas«
vor die
Öffentlichkeit und bewirkte so eine
Revision des ganzen
Prozesses. Nach Einsicht der
Akten annullierten 1765 König und
Rat einstimmig das
Urteil, erklärten Calas
und seine
Familie für unschuldig und gaben derselben
ihre eingezogenen
Güter zurück; doch wurden weder die
Gerichte von
Toulouse wegen dieses
Justizmordes noch
die fanatischen
Pfaffen ihres die
Menge aufreizenden
Treibens wegen zur Rechenschaft gezogen.
Vgl.
Coquerel, J. Calas
et sa famille
(2. Aufl., Par. 1870).