Titel
Calais
[* 1] (spr. -läh), 1) Seestadt im franz.
Departement
Pas de Calais,
Arrondissement
Boulogne, liegt in einer
Entfernung
von 28 km
Dover
[* 2] gegenüber, nahe der schmälsten
Stelle des
Kanals
(Pas de Calais
), an dem hier mündenden
Kanal
[* 3] von
St.-Omer sowie
an der Nordbahn und ist durch neuerdings verstärkte und den Industrieort
St.-Pierre mit umschließende
Werke und detachierte
Forts nebst
Citadelle wie auch durch die sie rings umgebenden
Moräste
Festung
[* 4] ersten
Ranges.
Die Stadt besteht aus zwei völlig getrennten und verschiedenen Teilen, der früher allein von den Festungswerken umschlossenen
Altstadt und dem südlich davon entstandenen neuen, wesentlich der
Industrie dienenden größern
Vorort
St.-Pierre lès Calais.
Die
Altstadt zerfällt wiederum in die vornehmere Oberstadt und die Unterstadt, dem Sitz der Geschäftswelt;
beide tragen aber durchaus vlämischen
Charakter in ihrer Bauart, wie auch die Bewohner meist
Vlämen sind, während von der
Herrschaft der
Engländer, welche Calais
von 1346 bis 1558 besaßen und auch noch heute in großer Zahl bewohnen,
wenige
Spuren hinterblieben sind.
Die wichtigsten Bauwerke sind: die Hauptkirche
Notre Dame, aus den 12. Jahrh., später restauriert, mit schönem
Hochaltar,
das
Rathaus mit dem Belfried und dem danebenstehenden alten Wartturm (Guet). Die Einwohnerzahl von Calais
betrug 1881:
13,529, die von
St.-Pierre lès Calais
30,786. Dieselben betreiben lebhafte
Industrie, namentlich in
Baumwoll-
und Seidentüll (jährliche
Produktion von nahezu 100 Mill.
Frank), welche Fabrikation von Engländern hier begründet und
zum Teil noch in ihren
Händen ist;
ferner Flachsspinnerei, Seifen- und Zuckerfabrikation, Dampfsägerei, Maschinenbau etc.;
auch Schiffbau, Herings- und sonstige Fischerei [* 5] ist bedeutend.
Der
Hafen, welcher durch zwei
Dämme (der eine
reicht 1 km weit ins
Meer hinaus) geschützt ist, genügt dem jetzigen
Verkehr nicht mehr und wird erweitert. Calais
steht im lebhaftesten
Verkehr mit
Dover,
London,
[* 6]
Goole und
Newcastle;
[* 7] nach
Dover fahren täglich 3-4
Dampfer, und die Zahl der von
England
nach
Frankreich und umgekehrt Überfahrenden beträgt jährlich über 300,000, die der mit
Ladung ankommenden
Schiffe
[* 8] (1883) 2094 mit
576,296
Ton.
Holz,
[* 9]
Kohle, Roheisen,
Schaf- und
Baumwolle,
[* 10]
Häute sind die wichtigsten Einfuhr-,
Pferde,
[* 11] Champagner und andre
Weine,
Tüll,
Eier,
[* 12] Geflügel etc. die wichtigsten Ausfuhrgegenstände. Der
Wert der Einfuhr betrug 1883: 83,3
Mill., der der Ausfuhr 36,3 Mill.
Fr. Calais
ist auch wichtig als Warenentrepot, hat ein
Handelsgericht und eine
Handelskammer,
eine Schiffahrtsschule, eine
Handels- und
Industrieschule, ein stark besuchtes
Seebad und ist Sitz eines deutschen
Konsuls. -
Manche halten Calais
für den
Portus Itius, von wo aus
Cäsar nach
Britannien überfuhr; doch ist das der westlich
gelegene, jetzt versandete
Hafen von Wissant. Im
Mittelalter war der
Ort, der zur
Grafschaft
Boulogne gehörte und bis ins 13. Jahrh.
Scalus hieß, häufig der Schauplatz kriegerische
Unternehmungen. Nach der
Schlacht von
Crécy wandte sich
Eduard III. 1346 gegen
um durch die
Eroberung dieses wichtigen
Hafens einen festen
Punkt an der französischen
Küste zu erlangen.
Am 3. Sept. begann die Belagerung und endete nach elfmonatlicher tapferer
Verteidigung
¶
mehr
durch Eustach de Saint-Pierre mit der Einnahme der Stadt Ein Versuch des Herzogs Philipp von Burgund, die Stadt 1436 wiederzuerobern,
mißlang. Calais
blieb im Besitz Englands bis wo Franz von Guise die Stadt nahm. Seitdem erhielt das Gebiet der Stadt
(Calaisis
) oder die alte Grafschaft Oye nebst der angrenzenden Grafschaft Guines den Namen Pays reconquis
und bildete eine eigne Unterstatthalterschaft der Picardie. Auf der Höhe von Calais ward die spanische Armada geschlagen
und zerstreut. Unter Erzherzog Albert von Österreich
[* 14] eroberten zwar die Spanier 1595 das Gebiet von Calais, mußten es aber
im Frieden von Vervins 1598 zurückgeben. Bei Calais ward die spanische Silberflotte durch den holländischen Admiral
Tromp fast gänzlich vernichtet. -
2) Stadt im amerikan. Staat Maine, am St. Croix (Grenzfluß gegen Neubraunschweig), wird von der Flut erreicht und hat Sägemühlen, Schiffswerfte und (1880) 6173 Einw.