Cagliari
(spr. kalja-), ital. Provinz, welche den südlichen Teil der Insel Sardinien mit einem Flächenraum von 13,683 qkm (248,5 QM.) und einer Bevölkerung von (1881) 420,635 Seelen umfaßt. Das Land ist zu drei Vierteln, namentlich im NO. und SW., gebirgig, während sich im Zentrum eine weite, vom Mannu bewässerte Ebene, il Campidano, ausdehnt. Hauptprodukte sind: Eisenerz, silberhaltige Blei, Marmor, Seesalz. Außerdem beschäftigen sich die Bewohner namentlich mit Ackerbau, Viehzucht, Fischerei und Jagd. Die Provinz umfaßt die Kreise Cagliari, Jalesias, Lanusei und Oristano.
Die gleichnamige Hauptstadt, eine der ältesten Städte Italiens, liegt auf der Südküste der Insel an der Mündung der Mulargia in den Meerbusen von E., welcher, durch mehrere Forts geschützt, den Hafen der Stadt bildet, und steigt zwischen zwei Strandseen amphitheatralisch bis zu dem die Reede beherrschenden alten Kastell auf. Die mit Wällen umgebene Stadt zerfällt in vier Teile: Castello, auf dem Berg liegend, mit dem königlichen Schloß (um 1217 erbaut), der Universität, dem Theater und den Regierungsgebäuden; La Marina, am Hafen, befestigt, hauptsächlich von Kaufleuten bewohnt; Stampace, zwischen Castello und Marina, gegen W., das Viertel der Reichen, und die mit schönen Promenaden gezierte Villa nuova gegen O. Die Vorstadt Sant' Avendrace ist eine Fortsetzung von Stampace. Die Straßen sind meist eng. Die schönsten Gebäude findet man in der Marina und im Castello; dazu gehören außer den schon genannten: das Stadthaus, der Palast des Grafen Boyl, die Kathedrale, die Kirche San Michele, das ehemalige Münzhaus etc. Cagliari hat 38 Kirchen, ein Arsenal und ein großes Quarantänelazarett am Hafen. Die wichtigsten Gelehrten- und Unterrichtsanstalten sind: die Universität mit drei Fakultäten (1596 gestiftet, 1764 erneuert, 1882 nur 128 Studierende), mit Bibliothek und Sammlungen; ein erzbischöfliches Seminar, Lyceum, 2 Gymnasien, ein Gewerbeinstitut und eine nautische Schule, eine technische Schule und ein Nationalkonvikt, eine öffentliche Bibliothek von 22,000 Bänden, ein Antiquitätenmuseum etc. Die Einwohner, (1881) 35,588 an der Zahl, fabrizieren Baumwollzeuge, Wollmützen, Seife u. a. und treiben lebhaften Handel mit Getreide; auch Flachs, Käse, Wein, Salz (in den ergiebigen Seesalinen von Cagliari gewonnen), Erze und Ziegenfelle werden ausgeführt. Im Hafen liefen 1883: 449 Handelsschiffe mit 168,374 Ton. ein und 523 von 212,565 T. aus. Die Stadt, welche mit Jalesias und über Oristano mit Sassari in Eisenbahnverbindung steht, ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, eines Appellhofs, eines Handelsgerichts, eines deutschen Konsuls und andrer Behörden.
Cagliari ist das Caralis der Karthager, die sich 540 v. Chr. hier festgesetzt haben sollen. Im J. 260 drang L. Cornelius Scipio nach seinem Sieg bei Olbia bis hierher vor, und Cäsar kam während des Bürgerkriegs aus Afrika nach Cagliari, das um jene Zeit Munizipalrechte erhielt. Von der altrömische Stadt hat sich noch das Amphitheater erhalten, das über 20,000 Menschen fassen konnte, sowie andre Altertümer, namentlich die merkwürdigen Zisternen, große unterirdische, auf Pfeilern ruhende Gewölbe. Von der Akropolis findet man keine Spur, wohl aber von den alten Straßen, welche von hier nach Tibula, Olbia und Torres führten. Tiberius schickte 19 n. Chr. 4000 Juden hierher, welche sich stark vermehrten, bis sie von der spanischen Intoleranz 1492 vertrieben wurden. Nachdem Cagliari 383 zu dem abendländischen Reiche geschlagen worden war, eroberte Geiserich 455 die Stadt, welche 534 mit dem oströmischen Reich verbunden ward, bis sich 720 die Sarazenen von Spanien aus derselben bemächtigten. Letztere wurden zu Anfang des 11. Jahrh. von den Genuesen und Pisanern mit Hilfe der Eingebornen vertrieben, und 1258 kam Cagliari unter die unmittelbare Herrschaft der Pisaner. Nachdem die Macht derselben durch die Schlacht von Molara 1284 gebrochen war, fingen blutige Bürgerkriege an, bis (1323) die Aragonier landeten, welche Cagliari 1326 nach tapferer Verteidigung durch die Pisaner nahmen. Seitdem verwaltete die Stadt ihre Angelegenheiten unabhängig und genoß derselben Privilegien wie Barcelona. In der Seeschlacht bei Cagliari (29. Aug. 1353) zwischen den Genuesen und den verbündeten Flotten der Venezianer und Aragonier erlitten die erstern eine vollständige Niederlage. Bei der Ankunft des Königs Peter IV. von Aragonien ward 1355 hier das erste Parlament abgehalten. 1587 wurden die Festungswerke der Stadt vollendet, dennoch versuchte 1640 die türkische Flotte eine Landung in der Nähe. Am 13. Aug. 1708 wurde Cagliari im spanischen Erbfolgekrieg durch eine englische Flotte unter Admiral Lake bombardiert. Nachdem im Frieden von Utrecht 1713 Sardinien an Österreich abgetreten worden, landeten 1717 die Spanier und nahmen Cagliari, welches zwar 1720 an Österreich zurückgegeben, aber bald an das Haus Savoyen abgetreten wurde.