(spr. kang),Hauptstadt des franz.
DepartementsCalvados und der ehemaligen Niedernormandie, liegt 14 km vom
Meer
in einem reizenden
Thal
[* 2] am Zusammenfluß des
Odon und der
Orne, die einen für
Schiffe
[* 3] von 4-5 m Tiefgang
fahrbaren, vom Außenhafen Ouistreham bis in die Stadt führenden
Kanal
[* 4] speist, und an der
LinieParis-Cherbourg der Westbahn,
von welcher hier mehrere Zweiglinien
¶
mehr
auslaufen. Sie besitzt schöne Anlagen, auch einen Rennplatz, helle Straßen, freie Plätze (darunter die Place royale mit Bronzestatue
Ludwigs XIV.) und sehenswerte Gebäude, welche von ihrer großen Bedeutung im Mittelalter und in der Renaissancezeit zeugen.
Unter den vorhandenen 15 Kirchen zeichnen sich die romanischen ehemaligen Klosterkirchen des heil. Stephan mit
zwei spitzen Türmen und der heiligen Dreifaltigkeit mit drei viereckigen Türmen, beide 1066 gegründet, erstere von Wilhelm
dem Eroberer, letztere von dessen Gemahlin Mathilde, mit den Grabmälern der Stifter, dann die St. Peterskirche mit 80 m hohem
Turm
[* 6] aus.
Bemerkenswerte öffentliche Gebäude sind ferner: das Lyceum (das ehemalige Stephanskloster), die Börse
(das schöne ehemalige Hôtel de Valois aus dem 16. Jahrh.) und die Artilleriekaserne (SchloßWilhelms des Eroberers). Auch
besitzt die Stadt zahlreiche interessante Privathäuser aus dem Mittelalter. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 39,658,
welche Fabrikation sehr geschätzter Spitzen, Schiffbau und Küstenschiffahrt, Seefischerei und Austernfang sowie Handel, vorzugsweise
Einfuhrhandel von England, treiben.
1) Arrondissement im franz. Depart. Calvados, hat 1102,92 qkm, 188 Gemeinden, (1891) 119848 E. und zerfällt in die 9 Kantone:
Bourguébus (141,63 qkm, 7663 E.), Caen-Est (70,47 qkm, 27631 E.), Caen-Ouest (17,65 qkm, 23900 E.), Creully (130,90 qkm, 9325 E.),
Douvres (104,07 qkm, 12250 E.), Evrecy (160,16 qkm, 9674 E.), Tilly-sur-Seulles (139,50 qkm, 10205 E.),
Troarn (196,84 qkm, 10705 E.), Villers-Bocage (141,70 qkm, 8495 E.). - 2) Hauptstadt des ArrondissementsCaen und des Depart.
Calvados, liegt 15 km vom Meere, an den Linien Mantes-Cherbourg, Dozulé-Caen (24 km), Mayenne-Domfront-Caen, Caen-Aunay-Vire der
Franz. Westbahn und der anschließenden Lokalbahnlinie Caen-Courseulles-sur-Mer (31 Km),
am Einfluß
des Odon in die hier schiffbare Orne, welche nebst einem 5 m tiefen und 50 m breiten Kanal das geräumige Hafenbassin (für
Seeschiffe bis zu 300 t) mit dem Vorhafen bei dem Dünendorf Quistreham an der Rade de Caen in Verbindung setzt. Caen hat (1891)
37184, als Gemeinde 45201 E., in Garnison das 5. Infanterieregiment.
Anlage und Bauten. Die Stadt ist architektonisch interessant durch die aus der Zeit Wilhelms des Eroberers stammende
Kirche von St. Etienne, eine der schönsten der Normandie, mit zwei 90 m hohen Türmen (s. Tafel: Französische Kunst II,
[* 10]
Fig. 3 u.
4), und die Dreifaltigkeitskirche (im roman. Stil) der gleichnamigen Frauenabtei, mit drei Türmen, 1066 von
Wilhelms Gemahlin, Mathilde, gegründet, deren 1819 restauriertes Grab sie in der Krypta enthält. AndereKirchen sind: die got.
St. Peterskirche mit dem 78 m hohen Turm; die Kirche St. Jean, ein spätgot.
Bau; St. Sauveur mit sehenswerter Apsis aus dem 16. Jahrh.; die Benediktinerkirche mit prachtvollem Glockenturm
und die Schloßkirche. Unter den öffentlichen Plätzen zeichnen sich aus die Place de la République mit dem Rathaus, der
Bronzestatue Ludwigs XIV. und dem DenkmalAubers; die Promenaden an der von vier Brücken
[* 11] überspannten Orne, die belebten Quais
am Hafen; unter den Gebäuden die Universität mit den Statuen von Malherbe und Laplace, die Präfektur, der
Justizpalast (13. Jahrh.) und die Börse (ehemals Hôtel de Valois, aus dem 16. Jahrh.). Die Befestigungen des alten Schlosses
(jetzt Artilleriekaserne) stammen von Wilhelm dem Eroberer, sind aber später erweitert und umgebaut worden. Von
den alten Stadtmauern ist fast nichts mehr zu sehen. Auf dem rechten Ufer der Orne befindet sich die Kirche von Vaucelles
(15. und 16. Jahrh.); 1 km östlich von Caen Ruinen der Maison des Gendarmes, einer Burg aus dem Beginn des 16. Jahrh.
Behörden und Anstalten. Caen ist Sitz der Departementsbehörden, eines Appellhofs mit Assisen für drei Departements,
eines Gerichtshofs erster Instanz, zweier Friedensgerichte, eines Handelsgerichts, Handelskammer, Gewerberats, Filiale der
Bank von Frankreich, Remontedepots und des 12. Infanterie-Brigadekommandos. Die Universität, welche an Stelle der 1431 von
den Engländern gegründeten, später eingegangenen getreten ist, hat eine jurist., mathem.-naturwissenschaftliche, philos.
Fakultät, eine mediz.-pharmaceutische Schule und eine Bibliothek (33510 Bände). Außerdem bestehen eine
öffentliche Bibliothek (80000 Bände und 250 Manuskripte), Gemäldegalerie, botan. Garten und ein Naturalienkabinett mit den
Sammlungen von Dumont d'Urville und Deslongchamps; ein Lyceum in der ehemaligen Abtei St. Stephan, hydrogr. Schule, Handels-
und Gewerbeschule, Lehrerseminar, eine Ackerbau-, Zeichen-, Bau- und Bildhauerschule, Taubstummenlehranstalt,
Korrektionshaus, Irrenanstalt und ein großes Krankenhaus,
[* 12] ferner eine Akademie der Wissenschaften und Künste, ein Konservatorium
für Musik, die Gesellschaft der normann. Altertumsforscher mit Museum und andere Vereine; endlich bestehen ein Theater
[* 13] und
drei Zeitungen. Caen ist Geburtsort von Tanaquil Faber (Lefèbre), Pierre Huet, Auber, Malherbe und Segrais.
Industrie und Handel. Die Gewerbthätigkeit erstreckt sich auf Obst- und Blumenzucht, Verfertigung berühmter
Blonden und Spitzen, Baumwoll-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
Geschichtliches. Caen ist von Wilhelm dem Eroberer angelegt, war Hauptstadt der Normandie und hat mehrfache Belagerungen erfahren,
besonders in den engl. Kriegen des 14. und 15. Jahrh. und zur Zeit der Hugenottenkriege, wo es bald die Katholiken,
bald die Reformierten besetzt hielten. Die Engländer besaßen die Stadt 1417 - 50. Nach dem Sturze der
Girondisten (1793) wurde von aus ein Aufstand gegen die Jakobiner versucht, der jedoch unglücklich endete. -
Vgl. Lavalley,
Caen, son histoire et ses monuments (Caen 1877);
A. de Bourmont, La fondation de l'université de Caen (ebd. 1883);
Carel, Histoire de la ville de Caen depuis Philippe-Auguste jusqu'à Charles IX (Par. 1886);
ders., Histoire de la ville de
Caen sous Charles IX, Henri III et Henri IV (Caen 1887).