Caen
(spr. kang), Hauptstadt des franz. Departements Calvados und der ehemaligen Niedernormandie, liegt 14 km vom Meer in einem reizenden Thal am Zusammenfluß des Odon und der Orne, die einen für Schiffe von 4-5 m Tiefgang fahrbaren, vom Außenhafen Ouistreham bis in die Stadt führenden Kanal speist, und an der Linie Paris-Cherbourg der Westbahn, von welcher hier mehrere Zweiglinien
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auslaufen. Sie besitzt schöne Anlagen, auch einen Rennplatz, helle Straßen, freie Plätze (darunter die Place royale mit Bronzestatue Ludwigs XIV.) und sehenswerte Gebäude, welche von ihrer großen Bedeutung im Mittelalter und in der Renaissancezeit zeugen. Unter den vorhandenen 15 Kirchen zeichnen sich die romanischen ehemaligen Klosterkirchen des heil. Stephan mit zwei spitzen Türmen und der heiligen Dreifaltigkeit mit drei viereckigen Türmen, beide 1066 gegründet, erstere von Wilhelm dem Eroberer, letztere von dessen Gemahlin Mathilde, mit den Grabmälern der Stifter, dann die St. Peterskirche mit 80 m hohem Turm aus.
Bemerkenswerte öffentliche Gebäude sind ferner: das Lyceum (das ehemalige Stephanskloster), die Börse (das schöne ehemalige Hôtel de Valois aus dem 16. Jahrh.) und die Artilleriekaserne (Schloß Wilhelms des Eroberers). Auch besitzt die Stadt zahlreiche interessante Privathäuser aus dem Mittelalter. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 39,658, welche Fabrikation sehr geschätzter Spitzen, Schiffbau und Küstenschiffahrt, Seefischerei und Austernfang sowie Handel, vorzugsweise Einfuhrhandel von England, treiben.
In C. sind 1883: 1413 Schiffe mit 217,000 Ton. ein- und ungefähr ebenso viele ausgelaufen. Die hierdurch vermittelte Warenbewegung betrug 337,000 metr. T. Mit Havre steht die Stadt durch regelmäßige (tägliche) Dampfschiffahrt in Verbindung. Unter den fünf Jahrmärkten ist der am zweiten Sonntag nach Ostern (15 Tage dauernde) der bedeutendste. Caen hat eine Universität (mit drei Fakultäten), eine Vorbereitungsschule für Ärzte, ein Luceum, ein Lehrerseminar, eine hydrographische, eine Zeichen- und eine Bauschule, ein Musikkonservatorium, ein reichhaltiges naturhistorisches und physikalisches Kabinett, einen botanischen Garten, eine Bibliothek von mehr als 60,000 Bänden, eine Bildergalerie mit Gemälden von Perugino, P. Veronese, Guercino, Poussin etc. und viele gelehrte Gesellschaften (darunter eine Akademie der Wissenschaften und Künste und die Société des Antiquaires mit reichem Museum). Caen ist Sitz des Präfekten, eines Appellhofs und eines Handelsgerichts. - Caen, lateinisch Cadomum, ist eine Gründung Wilhelms des Eroberers und war stets die Hauptstadt der niedern Normandie; auch hielten hier die alten Herzöge von der Normandie häufig Hof.
Als Zankapfel zwischen Franzosen und Engländern wurde Caen mehrmals belagert und erobert und war von 1417 bis 1450 in der Gewalt der Engländer. Während dieser Zeit wurde die Universität (1436) von König Heinrich VI. gegründet. Zur Zeit der französischen Revolution, nach dem Sturz der Girondisten (1793), wurde vom General Wimpffen von aus ein Aufstand gegen die Jakobiner versucht.
Vgl. Pont, Histoire de la ville de Caen (Caen 1865, 2 Bde.);
Lavalley, Caen, son histoire et ses monuments (das. 1877).