Caedmon
(Kædmon, Cedmon, Ceadmon), wie
Beda (s. d.) erzählt, der älteste christl.
Dichter der
Angelsachsen.
Beda berichtet (IV, 24): Caedmon
war
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶
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Kuhhirte bei Whitby in Nordhumbrien, wenig gesanglich begabt. Als er einst im Stalle entschlummert war, erschien ihm ein Fremder
und forderte ihn auf, zu singen. Trotz anfänglicher Weigerung begann Caedmon
zuletzt von der Schöpfung der Welt
zu singen, wovon er früher nie gehört hatte. Erwacht, trug Caedmon
das im Schlafe Gedichtete
und noch Neues dazu vor. Er ging dann in das benachbarte Kloster zur Äbtissin Hilda, die das Gesungene aufzeichnen und ihm andere
Stücke der Bibel
[* 3] vortragen ließ, die er dann in derselben Weise umdichtete.
Später trat er auf Bitte Hildas ins Kloster und starb dort um 680. So sang, fährt Beda fort, Caedmon
die Geschichte
von Genesis und Exodus, von der Menschwerdung Christi, seiner Passion und Himmelfahrt, u. s. w., Dichtungen, die zur Zeit Bedas
noch vorhanden gewesen sein müssen. Angelsächs. Dichtungen von der Genesis und Exodus sind überliefert in einer Handschrift
des 10. Jahrh. (jetzt in der Bodleyana zu Oxford),
[* 4] die Bischof Usher dem gelehrten Altertumsforscher Franciskus
Junius zur Herausgabe einhändigte. 1655 erschien die Ausgabe in Amsterdam,
[* 5] enthaltend Genesis, Exodus, Daniel und das Stück,
das Grein «Christ und Satan» nennt.
Letzteres ist nicht vom selben Dichter wie die vorigen, auch die andern nicht von einem Verfasser. Sicher hat man darin nicht
Werke von Bedas Caedmon
zu erblicken, denn die Dichtungen dieses Caedmon
sind als Hymnen, nicht als Epen, zu denken. Einen solchen Hymnus,
der dem Anfange der erhaltenen Genesis ziemlich genau entspricht, bietet eine Handschrift der Kirchengeschichte Bedas in nordhumbrischem
Dialekt und somit wohl das einzige in ursprünglicher Form bewahrte Denkmal des echten (am besten bei
Zupitza, «Alt- und mittelengl. Übungsbuch», 4. Aufl., Wien
[* 6] 1889). Man wollte auch, da in der jüngern «Præfatio» zum «Heliand»
(s. d.) vom Dichter dieses Werkes dieselbe Geschichte erzählt wird, im «Heliand»
einen Teil der Dichtung C.s sehen.
Sievers («Heliand und die angelsächs. Genesis», Halle [* 7] 1875) aber wies nach, daß die Genesis von 235 bis 851 auf einer altsächs. Dichtung beruhe, die vom Dichter des «Heliand» sei (?). Die von Junius herausgegebenen Stücke wurden neu veröffentlicht von B. Thorpe (Lond. 1832, mit Übersetzung),
von Bouterwek (2 Tle., Elberf. 1849 - 50, mit umfassender Einleitung),
von Grein («Bibliothek der angelsächs. Poesie», Bd. 1, Gött. 1857),
von Hunt (Boston [* 8] 1883). Eine vollständige Übersetzung gab Grein («Dichtungen der Angelsachsen», Bd. 1, 2. Aufl., Gött. 1863), Bruchstücke Greverus (Oldenb. 1852 - 54). -
Vgl. Götzinger, Über die Dichtungen C.s (Gött. 1860);
Watson, Caedmon
the first English poet (Lond. 1875).