Cadiz
,
Cadiz

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Cadiz.[* 2] span. Provinz, grenzt im N. an die Provinzen Huelva und Sevilla, [* 3] im O. an Malaga, [* 4] im S. und W. an das Meer, umfaßt den südlichsten Teil des Königreichs Andalusien, zugleich Spaniens und des europäischen Festlandes, allerdings mit Ausschluß der Felsenspitze von Gibraltar, [* 5] dagegen mit Einschluß des an der gegenüberliegenden afrikanischen Küste liegenden kleinen Territoriums von Ceuta, [* 6] und hat ein Areal von 7323 qkm (133 QM., ohne Ceuta 7276 qkm oder 132 QM.). Die Provinz ist im N. und NO. gebirgig.
Hier erhebt sich unter andern der vom Meer weither sichtbare Cerro de San Cristobal (1715 m). Die Berge sind reich an verschiedenen Erzen, aber wenig ausgebeutet und enthalten auch viele Heilquellen; der frühere Waldreichtum ist schon zum großen Teil vernichtet. An Flüssen enthält die Provinz den Guadalquivir als Grenzfluß im N. bis zu seiner Mündung, den Guadalete mit Majaceite und den Barbate. Der letztere durchkreuzt die Laguna della Janda, einen großen Landsee, dessen Austrocknung schon lange projektiert ist.
Jundt - Jupiter

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Klima.Das Klima [* 7] ist sehr angenehm, im Sommer, wenn die Südwinde wehen, allerdings außerordentlich heiß. Die Bevölkerung [* 8] beträgt (1883) 428,362 Einw. oder 59 auf das Quadratkilometer und ist hauptsächlich in Städten und größern Orten zusammengedrängt. Der Boden ist wenig geteilt und könnte einen viel höhern Ertrag liefern. Hauptprodukte sind die berühmten Weine, insbesondere die von Jeres, dann die von Puerto de Santa Maria und San Lucar (Manzanillas genannt), sowie Öl, Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide, [* 9] Honig und Wachs.
In den vom
Meer überfluteten Gegenden, insbesondere auf der
Insel
Leon, wird
Salz
[* 10] gewonnen. Bedeutend sind auch die
Schaf- und
Rindviehzucht und die
Fischerei
[* 11]
(Thunfische und
Sardinen). Der
Handel beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Vertrieb obiger
Erzeugnisse. Übrigens spielt der
Schleichhandel mit
Gibraltar eine große
Rolle. Die
Industrie erzeugt Leinengewebe,
Tuch und ordinäre Wollwaren,
Hüte,
Leder,
Seilerwaren,
Leim,
Fässer,
Branntwein und
Liköre,
Seife, Kunsttischlerwaren,
Spielkarten,
Töpferartikel etc. Der wichtigste Landverkehrsweg ist die von
Sevilla nach Cadiz
führende
Eisenbahn mit Zweiglinien. Die
Volksbildung ist verhältnismäßig gegenüber dem
Stand im übrigen
Spanien
[* 12] eine sehr befriedigende. Die
Provinz
umfaßt 14
Gerichtsbezirke
(Algeciras,
Arcos de la Frontera,
Chiclana,
Grazalema,
Jeres de la Frontera,
Medina Sidonia,
Puerto de Santa Maria,
San Lucar,
San Roque u. a.).
Festung (Allgemeines;

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Festung. Die gleichnamige Hauptstadt, als
Festung
[* 13] und Seehafen eine der wichtigsten
Städte
Spaniens, liegt am Atlantischen
Ozean, auf
der äußersten
Spitze einer niedrigen Felsenzunge, welche durch einen sandigen
Isthmus mit der nur durch
einen schmalen
Kanal
[* 14] vom
Festland getrennten
Insel
Leon zusammenhängt, und an einer
Bai, welche aus zwei Abteilungen besteht,
der
Bai von Cadiz
und der von Puntales; in der
Bai selbst liegt die
Insel
San Luis mit der
Schleuse
Trocadero (s.
Plan).
Die
Verbindung mit dem
Festland wird durch eine befestigte
Zugbrücke (puente Suazo) und durch eine
Eisenbahnbrücke
hergestellt. Als
Festung gehört Cadiz
zu den
Plätzen ersten
Ranges und wird von einem mächtigen
Wall mit
Bastionen und durch mehrere
detachierte Werke (namentlich durch das auf der schmälsten
Stelle des
Isthmus liegende starke Werk Cortadura
San Fernando und das
Fort
San Sebastian im W.) sowie durch zahlreiche verborgene
Klippen,
[* 15] welche eine
Landung
¶
mehr
im N. erschweren, verteidigt. Die Einfahrt in die Bai von Puntales wird durch die Forts Santa Catalina, Matagorda und Puntales
geschützt. Die Stadt ist mit Ausnahme ihres ältesten Teils (sie wurde 1596 durch die Engländer zum größten Teil niedergebrannt)
ganz regelmäßig gebaut, hat mehr als 3 km im Umfang, 17 Quartiere, 2 Thore (das See- und Landthor, vor
dem letztern die Vorstadt San José) und zählt über 8000 Häuser. Die Häuser, 3-4 Stockwerke hoch, sind sehr elegant und modernen
Stils, massiv, mit platten Dächern, kleinen, meist achteckigen Umschautürmen (miradores genannt), Balkonen und Blumenparterres,
jedes auch mit einer Zisterne, denn Cadiz
ist äußerst arm an Quellwasser.
Das Trinkwasser muß von Puerto de Santa Maria herbeigeschafft werden und wird in porösen Thonkrügen aufbewahrt. Die Hauptplätze sind: die Plaza de Antonio, Plaza del General Mina und Plaza de la Libertad mit Alleen;
der öffentliche Spaziergang Alameyda besteht
aus fünf Ulmenreihen, zu beiden Seiten mit Marmorsitzen. Cadiz
besitzt 1 Dom- und 5 Pfarrkirchen, verschiedene
Kasernen, elegante Cafés und schöne Läden.
Die bemerkenswertesten Gebäude sind: die alte und die neue Kathedrale (jene 1597, diese 1769 erbaut), beide mit bemerkenswerten Gemälden;
die alte Kirche des ehemaligen Kapuzinerklosters mit Gemälden von Murillo;
das Hospital del Rey;
die Torre de Vigia (der Signalturm);
das Stadthaus mit sehenswerter Porträtgalerie;
der Douanepalast;
der im Fort San Sebastian stehende 32 m hohe Leuchtturm und die zweigetürmte Kirche San José auf dem Isthmus, an dessen flachem Strand im Sommer sehr besuchte Seebäder etabliert werden.
Deutsche Altertümer -

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Deutsche.Das Klima ist durchweg gesund, und bei einer Hitze, die 33-34° C. nicht übersteigt, schafft allabendlich die reine Seeluft erquickende Kühlung. Die Zahl der Einwohner (Gaditanos genannt) betrug 1878: 65,028, ist aber 1884 auf 57,812 gesunken. Unter den Bewohnern befinden sich etwa 1500 Engländer, Franzosen, Italiener, Holländer, Deutsche [* 17] etc. Die Gaditaner gelten für die gebildetsten Andalusier und die Frauen für die graziösesten und interessantesten aller Spanierinnen.
Die
Industrie ist in Cadiz
von ziemlicher Bedeutung. Die Kunsttischlerei, die Erzeugung von Juwelierwaren, Hüten, Handschuhen,
Geweben, Tabak,
[* 18] Spielkarten, Teigwaren, Wachsarbeiten und Parfümerien sowie der Schiffbau beschäftigen zahlreiche Werkstätten.
Auf der Landzunge bei der Stadt werden wichtige Salzwerke sowie ausgezeichneter Weinbau und in der Nähe
beträchtliche Thunfischerei betrieben. Der ehemals sehr bedeutende Handel der Stadt verdankt sein Entstehen und seine höchste
Blüte
[* 19] der Entdeckung von Amerika,
[* 20] infolge deren Cadiz
der Hauptstapelplatz des überseeischen Handels, der Hafen der Silberflotten
wurde.
Schiff II

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Schiffe.
Der Abfall der amerikanischen Kolonien hat ihm diese Bedeutung freilich genommen, trotzdem zählt Cadiz
auch
jetzt noch zu den wichtigsten Handelsstädten Spaniens. Der Hafen von Cadiz
ist leider in zunehmender Versandung begriffen, doch
sind seit 1881 Bauten zur Verbesserung des Hafens im Gange. Der Schiffsverkehr umfaßte 1883: 3722 eingelaufene Schiffe
[* 21] mit
1,224,365 Ton. (außerdem 106 Kriegsschiffe). Die kommerzielle Bedeutung von Cadiz
liegt besonders darin,
daß es der Hauptausfuhrhafen für den Jereswein (1883: 31,5 Mill. Lit.), das Salz (187,9 Mill. kg) und die Südfrüchte Niederandalusiens
ist, und daß hier die Mehrzahl der für Sevilla bestimmten Waren umgeladen wird.
Dazu ist Cadiz
der Ausgangspunkt für die spanische Korrespondenz mit den Kanarischen Inseln, mit den spanischen
Antillen und mit Südamerika
[* 22] sowie Ausgangspunkt der Linien nach den Philippinen und Ostindien.
[* 23] Fast alle die zahlreichen Dampferlinien
des Mittelländischen Meers haben hier Agenturen, und die Kriegsschiffe aller Nationen benutzen die geräumige Bai als Station
und Zufluchtsort. Von öffentlichen Anstalten bestehen ein Armen-, Irren- und Korrektionshaus, ein Findelhaus und 3 Spitäler.
An Unterrichtsanstalten gibt es in Cadiz
, außer zahlreichen Elementarschulen und Colegios, ein chirurgisch-medizinisches Institut,
eine nautische, mathematische, Zeichen- und Malerschule, Handelsschule, ein Priesterseminar; außerdem bestehen daselbst eine
Akademie der schönen Künste und ein
Cadmia - Cadorna

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Seite 3.719.
[* 2]
^[Abb.: Situationsplan von Cadiz.]
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mehr
Kunstmuseum, astronomisches Oberservatorium, eine hydrographische Anstalt, öffentliche Bibliothek, verschiedene gelehrte Gesellschaften, 3 Theater
[* 25] und ein Zirkus für Stiergefechte (mit Raum für 12,000 Personen). Cadiz
ist der Sitz des Gouverneurs, eines Bischofs sowie eines
der drei spanischen Seedepartements mit einem großen Teil der Kriegsflotte und mehrerer auswärtiger Konsulate (darunter eines
deutschen).
Geschichte. Die Stadt Cadiz
(phönik. Gadir, »Festung«, griech. Gadeira, lat. Gades) wurde von den Phönikern um 1100 v. Chr. gegründet
und kam nach dem ersten Punischen Krieg in den Besitz der Karthager, denen sie im zweiten Punischen Krieg 206 von den Römern entrissen
ward. In der Kaiserzeit hieß sie Augusta Julia Urbs Gaditana. Cadiz
war von jeher eine wichtige Handelsstadt,
reich und bevölkert; doch herrschten daselbst auch Üppigkeit und Sittenlosigkeit. Den Westgoten, welche in der Völkerwanderung
Cadiz
einnahmen, wurde die Stadt 711 durch die Araber entrissen und erst 1262 von den Spaniern wiedererobert. Cadiz
hob
sich seitdem und erhielt nach Amerikas Entdeckung als Hauptstapelplatz des überseeischen Handels und als
Hafen der spanischen Silberflotte große Wichtigkeit. 1596 aber wurde es von den Engländern unter Essex, Howard und Raleigh geplündert
und verbrannt.
Ein neuer Angriff 1601 unter Lord Wimbleton mißglückte sowie auch ein vom Herzog von Ormond und Sir Rook 1702 unternommener. Infolge der Verbindung Spaniens mit Frankreich wurde Cadiz 1800 von den Engländern bombardiert. Am mußte sich hier der französische Admiral Rosilly, von der empörten Stadt von der Landseite und von der englischen Flotte von der Seeseite blockiert, mit sechs Kriegsschiffen an die Engländer ergeben. Dann hatte hier die spanische Zentraljunta während des Unabhängigkeitskriegs bis zur Rückkehr Ferdinands VII. ihren Sitz, wie hier auch die neue Konstitution der allgemeinen und außerordentlichen Cortes 18. und beschworen und verkündigt wurde.
Berühmt ist die Belagerung von Cadiz durch die Franzosen unter Sébastiani und Victor vom bis Die Angriffe der Franzosen waren vornehmlich gegen die Insel Leon gerichtet, von deren Eroberung das Schicksal der Stadt abhing. Als aber Wellingtons siegreiches Vordringen die Franzosen nötigte, sich aus Andalusien zurückzuziehen, mußten sie die Belagerung aufgeben. Am empörten sich auf der Insel Leon die nach Amerika zur Unterdrückung der dortigen Revolution bestimmten Regimenter, was die spanische Revolution veranlaßte.
Madreporenplatte - Mad

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Madrid.Eine zweite denkwürdige Belagerung hielt Cadiz 1823 aus. Nachdem der Herzog von Angoulême als Befehlshaber der französischen Invasionsarmee 23. Mai Madrid [* 26] in seine Gewalt gebracht, beorderte er die Divisionen Bordesoulle und Bourmont nach dem Süden, um den König von Spanien aus den Händen der Cortes zu befreien. Auf diese Nachricht begaben sich die Cortes mit dem König und dessen Familie 14. Juni nach Cadiz. Am 24. Juni stand Bordesoulle vor der Stadt. Am 31. Aug. nahmen die Franzosen den Trocadero und das Fort San Luis mit Sturm, worauf ein wirksames Bombardement begann.
Nach der Eroberung des Forts Pedro (20. Sept.) waren die Belagerer zum allgemeinen Angriff auf die Stadt bereit, als die persönliche Ankunft des Königs Ferdinand zu Puerto de Santa Maria die Cortes bewog, sich aufzulösen, worauf die Stadt 3. Okt. den Franzosen die Thore öffnete. Auch während der spätern Bürgerkriege war Cadiz mehrmals Schauplatz erbitterter Kämpfe sowie der Ausgangspunkt der Revolution, welche der Bourbonenherrschaft in Spanien ein Ende machte. 1873, nach Proklamierung der Föderativrepublik von seiten der konstituierenden Cortes, bemächtigten sich die sozialistischen Intransigentes der Stadt, brandschatzten die Wohlhabenden, konnten aber die Truppen, mit Ausnahme der Artillerie, nicht zum Abfall bringen. General Pavia machte dem Aufstand bald ein Ende.